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Humboldt, Alexander von: Beobachtungen über das Gesetz der Wärmeabnahme in den höhern Regionen der Athmosphäre, und über die untern Gränzen des ewigen Schnees. In: Annalen der Physik, Bd. 24, St. 9 (1806), S. 1-49.

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schichten in unserm europäischen Klima, (der Win-
de und anderer zufälligen Ursachen wegen,) sehr
unregelmässig scheinenden Veränderungen ausge-
setzt ist. Je höher man sich aber hinauf schwingt,
desto mehr hören die Ursachen dieser Anomalieen
auf.

Wenn man übrigens aus meinen eignen Be-
obachtungen, die ich zwischen den Wendekreisen
angestellt habe, auf eine analoge Beschleunigung
der Wärmeabnahme in grosser Entfernung von der
Meeresfläche schliessen wollte, so würde man sich
durch Nichtbeobachtung der Localverhältnisse zu
einem Fehlschlusse verleiten lassen. Allerdings
finde ich bei der Besteigung des Chimboraco 119
Toisen für 1° R., wenn ich die ganze Luftsäule von
18072 Fuss als ein Ganzes betrachte. Theile ich
sie hingegen in zwei Theile, so finde ich für die
ersten 9780 Fuss von der Meeresfläche bis zum in-
dianischen Dorfe Calpi, 166 Toisen, und von Cal-
pi
bis zu unserm höchsten Standpunkte am Bergrü-
cken, (also in den letzten 8292 Fuss,) 103 Toisen
für 1° R. Wärmeabnahme. Aehnliche Verschie-
denheiten gaben die Beobachtungen auf der Silla
de Caraccas
, in den Kapellen bei Santa Fe, und
auf dem Vulkan von Toluca, je nachdem man sie
über der Meeresfläche, oder über den Thälern von
Caraccas
, von S. Fe de Bogota und von Toluca
berechnet. In allen diesen Fällen entsteht der
Schein einer Beschleunigung der Wärmeabnahme
offenbar nur aus dem Umstande, dass die Thäler, in

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ſchichten in unſerm europäiſchen Klima, (der Win-
de und anderer zufälligen Urſachen wegen,) ſehr
unregelmäſsig ſcheinenden Veränderungen ausge-
ſetzt iſt. Je höher man ſich aber hinauf ſchwingt,
deſto mehr hören die Urſachen dieſer Anomalieen
auf.

Wenn man übrigens aus meinen eignen Be-
obachtungen, die ich zwiſchen den Wendekreiſen
angeſtellt habe, auf eine analoge Beſchleunigung
der Wärmeabnahme in groſser Entfernung von der
Meeresfläche ſchlieſsen wollte, ſo würde man ſich
durch Nichtbeobachtung der Localverhältniſſe zu
einem Fehlſchluſſe verleiten laſſen. Allerdings
finde ich bei der Beſteigung des Chimboraço 119
Toiſen für 1° R., wenn ich die ganze Luftſäule von
18072 Fuſs als ein Ganzes betrachte. Theile ich
ſie hingegen in zwei Theile, ſo finde ich für die
erſten 9780 Fuſs von der Meeresfläche bis zum in-
dianiſchen Dorfe Calpi, 166 Toiſen, und von Cal-
pi
bis zu unſerm höchſten Standpunkte am Bergrü-
cken, (alſo in den letzten 8292 Fuſs,) 103 Toiſen
für 1° R. Wärmeabnahme. Aehnliche Verſchie-
denheiten gaben die Beobachtungen auf der Silla
de Caraccas
, in den Kapellen bei Santa Fé, und
auf dem Vulkan von Toluca, je nachdem man ſie
über der Meeresfläche, oder über den Thälern von
Caraccas
, von S. Fé de Bogota und von Toluca
berechnet. In allen dieſen Fällen entſteht der
Schein einer Beſchleunigung der Wärmeabnahme
offenbar nur aus dem Umſtande, daſs die Thäler, in

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[35/0035] ſchichten in unſerm europäiſchen Klima, (der Win- de und anderer zufälligen Urſachen wegen,) ſehr unregelmäſsig ſcheinenden Veränderungen ausge- ſetzt iſt. Je höher man ſich aber hinauf ſchwingt, deſto mehr hören die Urſachen dieſer Anomalieen auf. Wenn man übrigens aus meinen eignen Be- obachtungen, die ich zwiſchen den Wendekreiſen angeſtellt habe, auf eine analoge Beſchleunigung der Wärmeabnahme in groſser Entfernung von der Meeresfläche ſchlieſsen wollte, ſo würde man ſich durch Nichtbeobachtung der Localverhältniſſe zu einem Fehlſchluſſe verleiten laſſen. Allerdings finde ich bei der Beſteigung des Chimboraço 119 Toiſen für 1° R., wenn ich die ganze Luftſäule von 18072 Fuſs als ein Ganzes betrachte. Theile ich ſie hingegen in zwei Theile, ſo finde ich für die erſten 9780 Fuſs von der Meeresfläche bis zum in- dianiſchen Dorfe Calpi, 166 Toiſen, und von Cal- pi bis zu unſerm höchſten Standpunkte am Bergrü- cken, (alſo in den letzten 8292 Fuſs,) 103 Toiſen für 1° R. Wärmeabnahme. Aehnliche Verſchie- denheiten gaben die Beobachtungen auf der Silla de Caraccas, in den Kapellen bei Santa Fé, und auf dem Vulkan von Toluca, je nachdem man ſie über der Meeresfläche, oder über den Thälern von Caraccas, von S. Fé de Bogota und von Toluca berechnet. In allen dieſen Fällen entſteht der Schein einer Beſchleunigung der Wärmeabnahme offenbar nur aus dem Umſtande, daſs die Thäler, in C 2

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Beobachtungen über das Gesetz der Wärmeabnahme in den höhern Regionen der Athmosphäre, und über die untern Gränzen des ewigen Schnees. In: Annalen der Physik, Bd. 24, St. 9 (1806), S. 1-49, hier S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_gesetz_1806/35>, abgerufen am 21.11.2024.