Humboldt, Wilhelm von: Ideen zu einem Versuch, die Gränzen der Wirksamkeit des Staats zu bestimmen. Breslau, 1851.der Mangel sicherer, bestimmter Hülfe sowohl zu Bereicherung der Mangel sicherer, bestimmter Hülfe sowohl zu Bereicherung <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0146" n="110"/> der Mangel sicherer, bestimmter Hülfe sowohl zu Bereicherung<lb/> der eigenen Erfahrung und Kenntniss mehr anspornt, als auch<lb/> die Bürger unter einander enger und mannigfaltiger verbindet,<lb/> indem sie mehr einer von dem Rathe des andern abhängig sind.<lb/> Bleibt er der ersteren Bestimmung nicht getreu; so entsprin-<lb/> gen, neben dem eben erwähnten, noch alle, im Anfange dieses<lb/> Aufsatzes weiter ausgeführte Nachtheile. Schlechterdings<lb/> müsste daher eine solche Veranstaltung wegfallen, um auch<lb/> hier wiederum ein merkwürdiges Beispiel zu wählen, bei Reli-<lb/> gionslehrern. Denn was sollte der Staat bei ihnen prüfen?<lb/> Bestimmte Sätze — davon hängt, wie oben genauer gezeigt ist,<lb/> die Religion nicht ab; das Maass der intellectuellen Kräfte<lb/> überhaupt — allein bei dem Religionslehrer, welcher bestimmt<lb/> ist, Dinge vorzutragen, die in so genauem Zusammenhange mit<lb/> der Individualität seiner Zuhörer stehen, kommt es beinah ein-<lb/> zig auf das Verhältniss seines Verstandes, zu dem Verstande<lb/> dieser an, und so wird schon dadurch die Beurtheilung unmög-<lb/> lich; die Rechtschaffenheit und den Charakter — allein dafür<lb/> giebt es keine andere Prüfung, als gerade eine solche, zu wel-<lb/> cher die Lage des Staats sehr unbequem ist, Erkundigung nach<lb/> den Umständen, dem bisherigen Betragen des Menschen u. s. f.<lb/> Endlich müsste überhaupt, auch in den oben von mir selbst<lb/> gebilligten Fällen, eine Veranstaltung dieser Art doch nur<lb/> immer da gemacht werden, wo der nicht zweifelhafte Wille der<lb/> Nation sie forderte. Denn an sich ist sie unter freien, durch<lb/> Freiheit selbst kultivirten Menschen, nicht einmal nothwendig,<lb/> und immer könnte sie doch manchem Missbrauch unterworfen<lb/> sein. Da es mir überhaupt hier nicht um Ausführung einzelner<lb/> Gegenstände, sondern nur um Bestimmung der Grundsätze zu<lb/> thun ist, so will ich noch einmal kurz den Gesichtspunkt ange-<lb/> ben, aus welchem allein ich einer solchen Einrichtung erwähnte.<lb/> Der Staat soll nämlich auf keine Weise für das positive Wohl<lb/> der Bürger sorgen, daher auch nicht für ihr Leben und ihre<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [110/0146]
der Mangel sicherer, bestimmter Hülfe sowohl zu Bereicherung
der eigenen Erfahrung und Kenntniss mehr anspornt, als auch
die Bürger unter einander enger und mannigfaltiger verbindet,
indem sie mehr einer von dem Rathe des andern abhängig sind.
Bleibt er der ersteren Bestimmung nicht getreu; so entsprin-
gen, neben dem eben erwähnten, noch alle, im Anfange dieses
Aufsatzes weiter ausgeführte Nachtheile. Schlechterdings
müsste daher eine solche Veranstaltung wegfallen, um auch
hier wiederum ein merkwürdiges Beispiel zu wählen, bei Reli-
gionslehrern. Denn was sollte der Staat bei ihnen prüfen?
Bestimmte Sätze — davon hängt, wie oben genauer gezeigt ist,
die Religion nicht ab; das Maass der intellectuellen Kräfte
überhaupt — allein bei dem Religionslehrer, welcher bestimmt
ist, Dinge vorzutragen, die in so genauem Zusammenhange mit
der Individualität seiner Zuhörer stehen, kommt es beinah ein-
zig auf das Verhältniss seines Verstandes, zu dem Verstande
dieser an, und so wird schon dadurch die Beurtheilung unmög-
lich; die Rechtschaffenheit und den Charakter — allein dafür
giebt es keine andere Prüfung, als gerade eine solche, zu wel-
cher die Lage des Staats sehr unbequem ist, Erkundigung nach
den Umständen, dem bisherigen Betragen des Menschen u. s. f.
Endlich müsste überhaupt, auch in den oben von mir selbst
gebilligten Fällen, eine Veranstaltung dieser Art doch nur
immer da gemacht werden, wo der nicht zweifelhafte Wille der
Nation sie forderte. Denn an sich ist sie unter freien, durch
Freiheit selbst kultivirten Menschen, nicht einmal nothwendig,
und immer könnte sie doch manchem Missbrauch unterworfen
sein. Da es mir überhaupt hier nicht um Ausführung einzelner
Gegenstände, sondern nur um Bestimmung der Grundsätze zu
thun ist, so will ich noch einmal kurz den Gesichtspunkt ange-
ben, aus welchem allein ich einer solchen Einrichtung erwähnte.
Der Staat soll nämlich auf keine Weise für das positive Wohl
der Bürger sorgen, daher auch nicht für ihr Leben und ihre
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeWilhelm von Humboldt schrieb seine 'Ideen zu eine… [mehr] Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |