Humboldt, Alexander von: Alexanders von Humboldt Gutachten über die Herantreibung des Meissner Stollns in die Freiberger Erzrefier. In: Herder, S. A. W. Frh von: Der tiefe Meissner Erbstolln. Leipzig, 1838, S. CXIII-CXXIV.Beilage No.XII bisherigen Betriebsverhältnissen jener Refiere, eine eigene Anschauung grossartiger, bisher imBergbaue ausgeführter Anlagen erfordert wird, um denselben nicht als chimärisch, ohne Prüfung zu verwerfen. Der Freiberger Bergbau, seit länger als sechs und einem halben Jahrhundert grosse Silber- Ueber die Nothwendigkeit und über den Nutzen, Bergbau so lange zu erhalten, als er in Die Mittel, welche den Bestand der Freiberger Refier auf die längste Dauer erhalten kön- Die Gänge der Freiberger Refier, welche in 307 Jahren, von 1524 bis 1830, für 95423149 *) Der Grund der Abweichung dieser und der folgenden numerischen Angabe des künftig zu erwartenden Silber-
ausbringens von den im Haupttexte enthaltenen ist bereits in der Anmerkung zu Beilage No. X. 3. erläutert. Anmerkung des Herausgebers. Beilage No.XII bisherigen Betriebsverhältnissen jener Refiere, eine eigene Anschauung grossartiger, bisher imBergbaue ausgeführter Anlagen erfordert wird, um denselben nicht als chimärisch, ohne Prüfung zu verwerfen. Der Freiberger Bergbau, seit länger als sechs und einem halben Jahrhundert grosse Silber- Ueber die Nothwendigkeit und über den Nutzen, Bergbau so lange zu erhalten, als er in Die Mittel, welche den Bestand der Freiberger Refier auf die längste Dauer erhalten kön- Die Gänge der Freiberger Refier, welche in 307 Jahren, von 1524 bis 1830, für 95423149 *) Der Grund der Abweichung dieser und der folgenden numerischen Angabe des künftig zu erwartenden Silber-
ausbringens von den im Haupttexte enthaltenen ist bereits in der Anmerkung zu Beilage No. X. 3. erläutert. Anmerkung des Herausgebers. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0004" n="CXX"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#i">Beilage No.XII</hi></fw><lb/> bisherigen Betriebsverhältnissen jener Refiere, eine eigene Anschauung grossartiger, bisher im<lb/> Bergbaue ausgeführter Anlagen erfordert wird, um denselben nicht als chimärisch, ohne Prüfung<lb/> zu verwerfen.</p><lb/> <p>Der Freiberger Bergbau, seit länger als sechs und einem halben Jahrhundert grosse Silber-<lb/> massen liefernd, ist die Quelle des Erwerbes für einen beträchtlichen Theil der Bewohner des<lb/> Erzgebirges. Die gewöhnlichen Hülfsmittel des Bergmannes, um die Gruben von den Wassern<lb/> zu befreien, und so eine der grössten Schwierigkeiten des Betriebes hinwegzuräumen, sind be-<lb/> sonders seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts vervollkommnet, und nach grossen Plänen und<lb/> mit seltener Ausdauer in der Freiberger Refier angewendet worden; sie sind nunmehr erschöpft.<lb/> Voraussichtlich reichen sie nicht mehr hin, diesen Bergbau bis an das Ende unseres Jahrhun-<lb/> derts zu erhalten. Neue Anlagen sind erforderlich, nicht allein um mehr als 5000 Berg- und<lb/> Hüttenleute der Freiberger Refier zu erhalten, sondern auch die vielen Tausende von Einwoh-<lb/> nern zu retten, deren Nahrungsstand von jenen abhängt, denen kein anderer Ersatz geboten<lb/> werden kann. Die Frage, ob der Bergbau hier noch länger bestehen soll, muss bald entschie-<lb/> den werden. Bei der Langsamkeit, mit der, der Natur der Sache nach, alle Veranstaltungen<lb/> des Bergbaues ausgeführt werden können, ist es jetzt hohe Zeit, die Mittel zu seinem ferneren<lb/> Bestehen in Erwägung zu ziehen, und glücklicherweise ist dieser Moment jetzt noch zu benutzen.</p><lb/> <p>Ueber die Nothwendigkeit und über den Nutzen, Bergbau so lange zu erhalten, als er in<lb/> seiner Gesammtheit ohne baare Zuschüsse bestehen kann, ist kein Zweifel. Aber auch Vor-<lb/> schüsse, um ihn in einer fernen Zukunft sicher zu stellen, zur rechten Zeit gegeben, selbst<lb/> ohne Zinsen, die indirekt vielfältig eingebracht werden, sind das wohlfeilste Mittel, der Bevöl-<lb/> kerung eines grossen Theils des Erzgebirges die Existenz zu sichern. In allen Staaten werden<lb/> jetzt mit grossem Kapitalaufwande Chausséen gebaut, ohne die Zinsen, ohne Amortisation des<lb/> Anlagekapitals zu berücksichtigen, und welche Chausée wirkt so kräftig, als die Erhaltung<lb/> des Freiberger Bergbaues auf eine bestimmte Gegend zurück. Wie elend sind Gegenden, wo<lb/> ein einst blühender Bergbau aufgehört hat!</p><lb/> <p>Die Mittel, welche den Bestand der Freiberger Refier auf die längste Dauer erhalten kön-<lb/> nen, sind sorgfältig gegen einander abgewogen; das Resultat aller Untersuchungen ist: ein von<lb/> Meissen nach Freiberg zu treibender Stolln sei das beste, ja sogar das einzigste, welches voll-<lb/> kommen zum Zwecke führt. Dasjenige Mittel, welches zunächst bei der innern grössern Ver-<lb/> vollkommnung praktischer Mechanik und allein sich zur Vergleichung darbietet, ist die Anwen-<lb/> dung der Dampfmaschinen. Es ist zu ermitteln nicht erforderlich, wie gross die Kraft derselben<lb/> sein müsste, um das für die Freiberger Refier zu leisten, was ein Stolln ohne Unterbrechung,<lb/> beinahe ohne Kosten nach seiner Vollendung thut, der den Anner Stolln bei der Halsbrücke um<lb/> 96 Lachter, die Moritzsohle des tiefen Fürstenstolln bei Beschertglück um 126 Lachter, den<lb/> Thelersberger Stolln auf Himmelsfürst um 164 Lachter seiger unterteuft, Wir haben bereits<lb/> oben zu zeigen gesucht, dass Dampfmaschinen nicht nur die Vergleichung nicht aushalten, son-<lb/> dern gänzlich unanwendbar sind.</p><lb/> <p>Die Gänge der Freiberger Refier, welche in 307 Jahren, von 1524 bis 1830, für 95423149<lb/> Thaler Erze geliefert haben, sind grossentheils durch den neuesten Betrieb so bekannt, dass mit<lb/> Sicherheit berechnet werden kann: die Lagerstätte der jetzt in Erzlieferung stehenden Gruben<lb/> enthalten bis zu den (mit Hülfe des Meissner Stollns und der schon vorhandenen Wasserkräfte)<lb/> abzubauenden Tiefen nicht unter 41800000 Thaler Erze<note place="foot" n="*)">Der Grund der Abweichung dieser und der folgenden numerischen Angabe des künftig zu erwartenden Silber-<lb/> ausbringens von den im Haupttexte enthaltenen ist bereits in der Anmerkung zu Beilage No. X. 3. erläutert.<lb/><hi rendition="#right">Anmerkung des Herausgebers.</hi></note>); dass mit grosser Wahrscheinlichkeit<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [CXX/0004]
Beilage No.XII
bisherigen Betriebsverhältnissen jener Refiere, eine eigene Anschauung grossartiger, bisher im
Bergbaue ausgeführter Anlagen erfordert wird, um denselben nicht als chimärisch, ohne Prüfung
zu verwerfen.
Der Freiberger Bergbau, seit länger als sechs und einem halben Jahrhundert grosse Silber-
massen liefernd, ist die Quelle des Erwerbes für einen beträchtlichen Theil der Bewohner des
Erzgebirges. Die gewöhnlichen Hülfsmittel des Bergmannes, um die Gruben von den Wassern
zu befreien, und so eine der grössten Schwierigkeiten des Betriebes hinwegzuräumen, sind be-
sonders seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts vervollkommnet, und nach grossen Plänen und
mit seltener Ausdauer in der Freiberger Refier angewendet worden; sie sind nunmehr erschöpft.
Voraussichtlich reichen sie nicht mehr hin, diesen Bergbau bis an das Ende unseres Jahrhun-
derts zu erhalten. Neue Anlagen sind erforderlich, nicht allein um mehr als 5000 Berg- und
Hüttenleute der Freiberger Refier zu erhalten, sondern auch die vielen Tausende von Einwoh-
nern zu retten, deren Nahrungsstand von jenen abhängt, denen kein anderer Ersatz geboten
werden kann. Die Frage, ob der Bergbau hier noch länger bestehen soll, muss bald entschie-
den werden. Bei der Langsamkeit, mit der, der Natur der Sache nach, alle Veranstaltungen
des Bergbaues ausgeführt werden können, ist es jetzt hohe Zeit, die Mittel zu seinem ferneren
Bestehen in Erwägung zu ziehen, und glücklicherweise ist dieser Moment jetzt noch zu benutzen.
Ueber die Nothwendigkeit und über den Nutzen, Bergbau so lange zu erhalten, als er in
seiner Gesammtheit ohne baare Zuschüsse bestehen kann, ist kein Zweifel. Aber auch Vor-
schüsse, um ihn in einer fernen Zukunft sicher zu stellen, zur rechten Zeit gegeben, selbst
ohne Zinsen, die indirekt vielfältig eingebracht werden, sind das wohlfeilste Mittel, der Bevöl-
kerung eines grossen Theils des Erzgebirges die Existenz zu sichern. In allen Staaten werden
jetzt mit grossem Kapitalaufwande Chausséen gebaut, ohne die Zinsen, ohne Amortisation des
Anlagekapitals zu berücksichtigen, und welche Chausée wirkt so kräftig, als die Erhaltung
des Freiberger Bergbaues auf eine bestimmte Gegend zurück. Wie elend sind Gegenden, wo
ein einst blühender Bergbau aufgehört hat!
Die Mittel, welche den Bestand der Freiberger Refier auf die längste Dauer erhalten kön-
nen, sind sorgfältig gegen einander abgewogen; das Resultat aller Untersuchungen ist: ein von
Meissen nach Freiberg zu treibender Stolln sei das beste, ja sogar das einzigste, welches voll-
kommen zum Zwecke führt. Dasjenige Mittel, welches zunächst bei der innern grössern Ver-
vollkommnung praktischer Mechanik und allein sich zur Vergleichung darbietet, ist die Anwen-
dung der Dampfmaschinen. Es ist zu ermitteln nicht erforderlich, wie gross die Kraft derselben
sein müsste, um das für die Freiberger Refier zu leisten, was ein Stolln ohne Unterbrechung,
beinahe ohne Kosten nach seiner Vollendung thut, der den Anner Stolln bei der Halsbrücke um
96 Lachter, die Moritzsohle des tiefen Fürstenstolln bei Beschertglück um 126 Lachter, den
Thelersberger Stolln auf Himmelsfürst um 164 Lachter seiger unterteuft, Wir haben bereits
oben zu zeigen gesucht, dass Dampfmaschinen nicht nur die Vergleichung nicht aushalten, son-
dern gänzlich unanwendbar sind.
Die Gänge der Freiberger Refier, welche in 307 Jahren, von 1524 bis 1830, für 95423149
Thaler Erze geliefert haben, sind grossentheils durch den neuesten Betrieb so bekannt, dass mit
Sicherheit berechnet werden kann: die Lagerstätte der jetzt in Erzlieferung stehenden Gruben
enthalten bis zu den (mit Hülfe des Meissner Stollns und der schon vorhandenen Wasserkräfte)
abzubauenden Tiefen nicht unter 41800000 Thaler Erze *)); dass mit grosser Wahrscheinlichkeit
*) Der Grund der Abweichung dieser und der folgenden numerischen Angabe des künftig zu erwartenden Silber-
ausbringens von den im Haupttexte enthaltenen ist bereits in der Anmerkung zu Beilage No. X. 3. erläutert.
Anmerkung des Herausgebers.
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