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Humboldt, Alexander von: Gutachten zu Johann Jacob Baeyers „Entwurf zu einer Anfertigung einer guten Karte von den östlichen Provinzen des Preussischen Staates […]“. In: Archiv für Landeskunde der Preußischen Monarchie. Bd. 2. Berlin, 1856, S. [37]-40.

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und wie sie Frankreich und, in noch höherem Grade der Vollkommenheit, die eng-
lische Regierung in Jrland jetzt ausführen lassen. Es ist deshalb mit vielem Rechte
gesagt worden: "der praktische Sinn der Engländer habe die Regierung schon längst
erkennen lassen, daß eine ungenügende Aufnahme der Kosten nicht werth ist, die daran
gesetzt werden, und daß die vollkommenste Karte zugleich auch die wohlfeilere ist." --
Der wachsende Zustand der Bodencultur, die Bedürfnisse der Jndustrie und des
Verkehrs machen die Nothwendigkeit immer fühlbarer, eine vollständige Karte zu
besitzen, in der die Coordinate der Höhe nicht (wie bei dem Kataster) vernach-
lässigt ist. Man muß sich überzeugen, daß die Zeiten längst vorüber sind, in denen
Länder-Aufnahmen nur zur Regulirung der Grundsteuern, nicht zur Erforschung
der Hülfsquellen des Landes angeordnet wurden.

Jn dem Aufsatze des General Baeyer ist trefflich entwickelt worden, wie
die Arbeit nicht als eine handwerksmäßige, mechanische, sondern als eine wissen-
schaftlich begründete betrachtet werden muß, wie die Landes-Vermessung gut, d. h.
nach allgemeinen Ansichten organisirt, den intellectuellen Vortheil gewährt, junge
theoretisch vorgebildete Männer für alle darauf bezüglichen Zweige des Staatsdienstes,
des Bau- und Schulwesens, der erhöhten Bodencultur und der Jndustrie praktisch
vollkommen auszubilden. Hier ist der wichtige Punkt, wo die Arbeit in ihren höhern
Theilen mit Recht von Militär-Personen allein ausgeführt, einen wohlthätigen Re-
flex auf das militärische Erziehungs-Wesen und die längst erwünschte Ver-
besserung der Divisions-Schulen ausüben sollte. Die Erlernung mathematischer
Wissenschaften in Einklang zu bringen mit ihrer Anwendung, allgemeinere Einübung
im Gebrauch vollkommner Winkelmessungs-Jnstrumente (über die alterthümlichen,
nur zur Construction horizontaler Figuren in Parcellen-Vermessungen einzelner Feld-
abtheilungen nützlichen Meßtische hinaus) war der edle Vorsatz des hingeschiedenen
geistreichen Chefs des gemeinsamen Militär-Bildungs-Wesens, des General-Lieutenants
von Radowitz. Organismus der Schulen in ihren verschiedenen Abstufungen und
Möglichkeit dauernder Beschäftigung einer kleinen Zahl derselben Offiziere bei
der Landes-Vermessung für 6-8 Jahre sind die pia desideria der Zeit!
Der umfangreiche Geschäftsbetrieb nach drei Abtheilungen (von denen die erste die
Messung von Grundlinien, die astronomischen Ortsbestimmungen zur genauen Orien-
tation der Karte, Messung der Haupt-Dreiecke und Haupt-Nivellements-Linien, wie
Messung der Dreiecke zweiter und dritter Ordnung; die zweite die Detail-Triangu-
lation der einzelnen Feldmarken und die Special-Nivellements der Wasserläufe; die
dritte die Parcellen-Vermessung durch die gewöhnlichen mit Kette und Boussole
bewaffneten Geometer umfaßt) und die Veranschlagung der Kosten, auf 21 oder
42 Jahre berechnet, zwei Perioden, in denen der Königliche Generalstab, der her-
kömmlich jetzt 12000 Thlr. jährlich auf Vermessungen verwendet, eines Zuschusses


und wie ſie Frankreich und, in noch höherem Grade der Vollkommenheit, die eng-
liſche Regierung in Jrland jetzt ausführen laſſen. Es iſt deshalb mit vielem Rechte
geſagt worden: „der praktiſche Sinn der Engländer habe die Regierung ſchon längſt
erkennen laſſen, daß eine ungenügende Aufnahme der Koſten nicht werth iſt, die daran
geſetzt werden, und daß die vollkommenſte Karte zugleich auch die wohlfeilere iſt.“ —
Der wachſende Zuſtand der Bodencultur, die Bedürfniſſe der Jnduſtrie und des
Verkehrs machen die Nothwendigkeit immer fühlbarer, eine vollſtändige Karte zu
beſitzen, in der die Coordinate der Höhe nicht (wie bei dem Kataſter) vernach-
läſſigt iſt. Man muß ſich überzeugen, daß die Zeiten längſt vorüber ſind, in denen
Länder-Aufnahmen nur zur Regulirung der Grundſteuern, nicht zur Erforſchung
der Hülfsquellen des Landes angeordnet wurden.

Jn dem Aufſatze des General Baeyer iſt trefflich entwickelt worden, wie
die Arbeit nicht als eine handwerksmäßige, mechaniſche, ſondern als eine wiſſen-
ſchaftlich begründete betrachtet werden muß, wie die Landes-Vermeſſung gut, d. h.
nach allgemeinen Anſichten organiſirt, den intellectuellen Vortheil gewährt, junge
theoretiſch vorgebildete Männer für alle darauf bezüglichen Zweige des Staatsdienſtes,
des Bau- und Schulweſens, der erhöhten Bodencultur und der Jnduſtrie praktiſch
vollkommen auszubilden. Hier iſt der wichtige Punkt, wo die Arbeit in ihren höhern
Theilen mit Recht von Militär-Perſonen allein ausgeführt, einen wohlthätigen Re-
flex auf das militäriſche Erziehungs-Weſen und die längſt erwünſchte Ver-
beſſerung der Diviſions-Schulen ausüben ſollte. Die Erlernung mathematiſcher
Wiſſenſchaften in Einklang zu bringen mit ihrer Anwendung, allgemeinere Einübung
im Gebrauch vollkommner Winkelmeſſungs-Jnſtrumente (über die alterthümlichen,
nur zur Conſtruction horizontaler Figuren in Parcellen-Vermeſſungen einzelner Feld-
abtheilungen nützlichen Meßtiſche hinaus) war der edle Vorſatz des hingeſchiedenen
geiſtreichen Chefs des gemeinſamen Militär-Bildungs-Weſens, des General-Lieutenants
von Radowitz. Organismus der Schulen in ihren verſchiedenen Abſtufungen und
Möglichkeit dauernder Beſchäftigung einer kleinen Zahl derſelben Offiziere bei
der Landes-Vermeſſung für 6–8 Jahre ſind die pia desideria der Zeit!
Der umfangreiche Geſchäftsbetrieb nach drei Abtheilungen (von denen die erſte die
Meſſung von Grundlinien, die aſtronomiſchen Ortsbeſtimmungen zur genauen Orien-
tation der Karte, Meſſung der Haupt-Dreiecke und Haupt-Nivellements-Linien, wie
Meſſung der Dreiecke zweiter und dritter Ordnung; die zweite die Detail-Triangu-
lation der einzelnen Feldmarken und die Special-Nivellements der Waſſerläufe; die
dritte die Parcellen-Vermeſſung durch die gewöhnlichen mit Kette und Bouſſole
bewaffneten Geometer umfaßt) und die Veranſchlagung der Koſten, auf 21 oder
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[38/0004] und wie ſie Frankreich und, in noch höherem Grade der Vollkommenheit, die eng- liſche Regierung in Jrland jetzt ausführen laſſen. Es iſt deshalb mit vielem Rechte geſagt worden: „der praktiſche Sinn der Engländer habe die Regierung ſchon längſt erkennen laſſen, daß eine ungenügende Aufnahme der Koſten nicht werth iſt, die daran geſetzt werden, und daß die vollkommenſte Karte zugleich auch die wohlfeilere iſt.“ — Der wachſende Zuſtand der Bodencultur, die Bedürfniſſe der Jnduſtrie und des Verkehrs machen die Nothwendigkeit immer fühlbarer, eine vollſtändige Karte zu beſitzen, in der die Coordinate der Höhe nicht (wie bei dem Kataſter) vernach- läſſigt iſt. Man muß ſich überzeugen, daß die Zeiten längſt vorüber ſind, in denen Länder-Aufnahmen nur zur Regulirung der Grundſteuern, nicht zur Erforſchung der Hülfsquellen des Landes angeordnet wurden. Jn dem Aufſatze des General Baeyer iſt trefflich entwickelt worden, wie die Arbeit nicht als eine handwerksmäßige, mechaniſche, ſondern als eine wiſſen- ſchaftlich begründete betrachtet werden muß, wie die Landes-Vermeſſung gut, d. h. nach allgemeinen Anſichten organiſirt, den intellectuellen Vortheil gewährt, junge theoretiſch vorgebildete Männer für alle darauf bezüglichen Zweige des Staatsdienſtes, des Bau- und Schulweſens, der erhöhten Bodencultur und der Jnduſtrie praktiſch vollkommen auszubilden. Hier iſt der wichtige Punkt, wo die Arbeit in ihren höhern Theilen mit Recht von Militär-Perſonen allein ausgeführt, einen wohlthätigen Re- flex auf das militäriſche Erziehungs-Weſen und die längſt erwünſchte Ver- beſſerung der Diviſions-Schulen ausüben ſollte. Die Erlernung mathematiſcher Wiſſenſchaften in Einklang zu bringen mit ihrer Anwendung, allgemeinere Einübung im Gebrauch vollkommner Winkelmeſſungs-Jnſtrumente (über die alterthümlichen, nur zur Conſtruction horizontaler Figuren in Parcellen-Vermeſſungen einzelner Feld- abtheilungen nützlichen Meßtiſche hinaus) war der edle Vorſatz des hingeſchiedenen geiſtreichen Chefs des gemeinſamen Militär-Bildungs-Weſens, des General-Lieutenants von Radowitz. Organismus der Schulen in ihren verſchiedenen Abſtufungen und Möglichkeit dauernder Beſchäftigung einer kleinen Zahl derſelben Offiziere bei der Landes-Vermeſſung für 6–8 Jahre ſind die pia desideria der Zeit! Der umfangreiche Geſchäftsbetrieb nach drei Abtheilungen (von denen die erſte die Meſſung von Grundlinien, die aſtronomiſchen Ortsbeſtimmungen zur genauen Orien- tation der Karte, Meſſung der Haupt-Dreiecke und Haupt-Nivellements-Linien, wie Meſſung der Dreiecke zweiter und dritter Ordnung; die zweite die Detail-Triangu- lation der einzelnen Feldmarken und die Special-Nivellements der Waſſerläufe; die dritte die Parcellen-Vermeſſung durch die gewöhnlichen mit Kette und Bouſſole bewaffneten Geometer umfaßt) und die Veranſchlagung der Koſten, auf 21 oder 42 Jahre berechnet, zwei Perioden, in denen der Königliche Generalſtab, der her- kömmlich jetzt 12000 Thlr. jährlich auf Vermeſſungen verwendet, eines Zuſchuſſes

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Gutachten zu Johann Jacob Baeyers „Entwurf zu einer Anfertigung einer guten Karte von den östlichen Provinzen des Preussischen Staates […]“. In: Archiv für Landeskunde der Preußischen Monarchie. Bd. 2. Berlin, 1856, S. [37]-40, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_karte_1856/4>, abgerufen am 09.11.2024.