Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845.mathematischer Hinsicht zu empfehlenden Methode unsrer astronomischen Lehrbücher, welche von den scheinbaren Bewegungen der Himmelskörper zu den wirklichen übergeht. In einem Werke aber, welches das bereits Erkannte, selbst das, was in dem dermaligen Zustande unseres Wissens für gewiß, oder nach verschiedenen Abstufungen für wahrscheinlich gehalten wird, aufzählen, nicht die Beweise liefern soll, welche die erzielten Resultate begründen, ist ein anderer Ideengang vorzuziehen. Hier wird nicht mehr von dem subjectiven Standpunkte, von dem menschlichen Interesse ausgegangen. Das Irdische darf nur als ein Theil des Ganzen, als diesem untergeordnet erscheinen. Die Naturansicht soll allgemein, sie soll groß und frei, nicht durch Motive der Nähe, des gemüthlicheren Antheils, der relativen Nützlichkeit beengt sein. Eine physische Weltbeschreibung, ein Weltgemälde beginnt daher nicht mit dem Tellurischen, sie beginnt mit dem, was die Himmelsräume erfüllt. Aber indem sich die Sphären der Anschauung räumlich verengen, vermehrt sich der individuelle Reichthum des Unterscheidbaren, die Fülle physischer Erscheinungen, die Kenntniß der qualitativen Heterogeneität der Stoffe. Aus den Regionen, in denen wir nur die Herrschaft der Gravitationsgesetze erkennen, steigen wir dann zu unserem Planeten, zu dem verwickelten Spiel der Kräfte im Erdeleben herab. Die hier geschilderte naturbeschreibende Methode ist der, welche Resultate begründet, entgegengesetzt. Die eine zählt auf, was auf dem anderen Wege erwiesen worden ist. Durch Organe nimmt der Mensch die Außenwelt in sich auf. Lichterscheinungen verkünden uns das Dasein der Materie in den fernsten Himmelsräumen. Das Auge ist mathematischer Hinsicht zu empfehlenden Methode unsrer astronomischen Lehrbücher, welche von den scheinbaren Bewegungen der Himmelskörper zu den wirklichen übergeht. In einem Werke aber, welches das bereits Erkannte, selbst das, was in dem dermaligen Zustande unseres Wissens für gewiß, oder nach verschiedenen Abstufungen für wahrscheinlich gehalten wird, aufzählen, nicht die Beweise liefern soll, welche die erzielten Resultate begründen, ist ein anderer Ideengang vorzuziehen. Hier wird nicht mehr von dem subjectiven Standpunkte, von dem menschlichen Interesse ausgegangen. Das Irdische darf nur als ein Theil des Ganzen, als diesem untergeordnet erscheinen. Die Naturansicht soll allgemein, sie soll groß und frei, nicht durch Motive der Nähe, des gemüthlicheren Antheils, der relativen Nützlichkeit beengt sein. Eine physische Weltbeschreibung, ein Weltgemälde beginnt daher nicht mit dem Tellurischen, sie beginnt mit dem, was die Himmelsräume erfüllt. Aber indem sich die Sphären der Anschauung räumlich verengen, vermehrt sich der individuelle Reichthum des Unterscheidbaren, die Fülle physischer Erscheinungen, die Kenntniß der qualitativen Heterogeneität der Stoffe. Aus den Regionen, in denen wir nur die Herrschaft der Gravitationsgesetze erkennen, steigen wir dann zu unserem Planeten, zu dem verwickelten Spiel der Kräfte im Erdeleben herab. Die hier geschilderte naturbeschreibende Methode ist der, welche Resultate begründet, entgegengesetzt. Die eine zählt auf, was auf dem anderen Wege erwiesen worden ist. Durch Organe nimmt der Mensch die Außenwelt in sich auf. Lichterscheinungen verkünden uns das Dasein der Materie in den fernsten Himmelsräumen. 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mathematischer Hinsicht zu empfehlenden Methode unsrer astronomischen Lehrbücher, welche von den scheinbaren Bewegungen der Himmelskörper zu den wirklichen übergeht.
In einem Werke aber, welches das bereits Erkannte, selbst das, was in dem dermaligen Zustande unseres Wissens für gewiß, oder nach verschiedenen Abstufungen für wahrscheinlich gehalten wird, aufzählen, nicht die Beweise liefern soll, welche die erzielten Resultate begründen, ist ein anderer Ideengang vorzuziehen. Hier wird nicht mehr von dem subjectiven Standpunkte, von dem menschlichen Interesse ausgegangen. Das Irdische darf nur als ein Theil des Ganzen, als diesem untergeordnet erscheinen. Die Naturansicht soll allgemein, sie soll groß und frei, nicht durch Motive der Nähe, des gemüthlicheren Antheils, der relativen Nützlichkeit beengt sein. Eine physische Weltbeschreibung, ein Weltgemälde beginnt daher nicht mit dem Tellurischen, sie beginnt mit dem, was die Himmelsräume erfüllt. Aber indem sich die Sphären der Anschauung räumlich verengen, vermehrt sich der individuelle Reichthum des Unterscheidbaren, die Fülle physischer Erscheinungen, die Kenntniß der qualitativen Heterogeneität der Stoffe. Aus den Regionen, in denen wir nur die Herrschaft der Gravitationsgesetze erkennen, steigen wir dann zu unserem Planeten, zu dem verwickelten Spiel der Kräfte im Erdeleben herab. Die hier geschilderte naturbeschreibende Methode ist der, welche Resultate begründet, entgegengesetzt. Die eine zählt auf, was auf dem anderen Wege erwiesen worden ist.
Durch Organe nimmt der Mensch die Außenwelt in sich auf. Lichterscheinungen verkünden uns das Dasein der Materie in den fernsten Himmelsräumen. Das Auge ist
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