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Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845.

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die bewundernswürdige Genauigkeit der jetzigen astronomischen Meßinstrumente und durch die Fortschritte der beobachtenden Astronomie unser Fortrücken an fernen Sternen, wie an Gegenständen eines scheinbar bewegten Ufers, merklich würde. Die eigene Bewegung des 61sten Sterns im Sternbild des Schwans z. B. ist so beträchtlich, daß sie in 700 Jahren schon bis zu einem ganzen Grade wird angewachsen sein.

Das Maaß oder die Quantität solcher Veränderungen am Fixsternhimmel (Veränderungen in der relativen Lage selbstleuchtender Gestirne gegen einander) ist mit mehr Sicherheit zu bestimmen, als die Erscheinung selbst genetisch zu deuten. Wenn auch schon abgezogen worden, was dem Vorrücken der Nachtgleichen und der Nutation der Erdachse, als Folge der Einwirkung der Sonne und des Mondes auf die sphäroidische Gestalt der Erde, was der Fortpflanzung, d. i. Abirrung des Lichtes, und der durch die diametral entgegengesetzte Stellung der Erde in ihrem Umlauf um die Sonne erzeugten Parallaxe zugehört; so ist in der übrig bleibenden jährlichen Bewegung der Fixsterne doch immer noch zugleich enthalten, was die Folge der Translation des ganzen Sonnensystems im Weltraume und die Folge der eigenen wirklichen Bewegung der Sterne ist. Die schwierige numerische Sondrung dieser beiden Elemente der eigenen und der scheinbaren Bewegung hat man durch die sorgfältige Angabe der Richtungen in der Bewegung der einzelnen Sterne und durch die Betrachtung möglich gemacht, daß, wenn alle Sterne in absoluter Ruhe wären, sie sich perspectivisch von dem Punkte entfernen würden, gegen den die Sonne ihren Lauf richtet. Das Endresultat der Untersuchung, welches die Wahrscheinlichkeits-Rechnung bestätigt,

die bewundernswürdige Genauigkeit der jetzigen astronomischen Meßinstrumente und durch die Fortschritte der beobachtenden Astronomie unser Fortrücken an fernen Sternen, wie an Gegenständen eines scheinbar bewegten Ufers, merklich würde. Die eigene Bewegung des 61sten Sterns im Sternbild des Schwans z. B. ist so beträchtlich, daß sie in 700 Jahren schon bis zu einem ganzen Grade wird angewachsen sein.

Das Maaß oder die Quantität solcher Veränderungen am Fixsternhimmel (Veränderungen in der relativen Lage selbstleuchtender Gestirne gegen einander) ist mit mehr Sicherheit zu bestimmen, als die Erscheinung selbst genetisch zu deuten. Wenn auch schon abgezogen worden, was dem Vorrücken der Nachtgleichen und der Nutation der Erdachse, als Folge der Einwirkung der Sonne und des Mondes auf die sphäroidische Gestalt der Erde, was der Fortpflanzung, d. i. Abirrung des Lichtes, und der durch die diametral entgegengesetzte Stellung der Erde in ihrem Umlauf um die Sonne erzeugten Parallaxe zugehört; so ist in der übrig bleibenden jährlichen Bewegung der Fixsterne doch immer noch zugleich enthalten, was die Folge der Translation des ganzen Sonnensystems im Weltraume und die Folge der eigenen wirklichen Bewegung der Sterne ist. Die schwierige numerische Sondrung dieser beiden Elemente der eigenen und der scheinbaren Bewegung hat man durch die sorgfältige Angabe der Richtungen in der Bewegung der einzelnen Sterne und durch die Betrachtung möglich gemacht, daß, wenn alle Sterne in absoluter Ruhe wären, sie sich perspectivisch von dem Punkte entfernen würden, gegen den die Sonne ihren Lauf richtet. Das Endresultat der Untersuchung, welches die Wahrscheinlichkeits-Rechnung bestätigt,

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[150/0169] die bewundernswürdige Genauigkeit der jetzigen astronomischen Meßinstrumente und durch die Fortschritte der beobachtenden Astronomie unser Fortrücken an fernen Sternen, wie an Gegenständen eines scheinbar bewegten Ufers, merklich würde. Die eigene Bewegung des 61sten Sterns im Sternbild des Schwans z. B. ist so beträchtlich, daß sie in 700 Jahren schon bis zu einem ganzen Grade wird angewachsen sein. Das Maaß oder die Quantität solcher Veränderungen am Fixsternhimmel (Veränderungen in der relativen Lage selbstleuchtender Gestirne gegen einander) ist mit mehr Sicherheit zu bestimmen, als die Erscheinung selbst genetisch zu deuten. Wenn auch schon abgezogen worden, was dem Vorrücken der Nachtgleichen und der Nutation der Erdachse, als Folge der Einwirkung der Sonne und des Mondes auf die sphäroidische Gestalt der Erde, was der Fortpflanzung, d. i. Abirrung des Lichtes, und der durch die diametral entgegengesetzte Stellung der Erde in ihrem Umlauf um die Sonne erzeugten Parallaxe zugehört; so ist in der übrig bleibenden jährlichen Bewegung der Fixsterne doch immer noch zugleich enthalten, was die Folge der Translation des ganzen Sonnensystems im Weltraume und die Folge der eigenen wirklichen Bewegung der Sterne ist. Die schwierige numerische Sondrung dieser beiden Elemente der eigenen und der scheinbaren Bewegung hat man durch die sorgfältige Angabe der Richtungen in der Bewegung der einzelnen Sterne und durch die Betrachtung möglich gemacht, daß, wenn alle Sterne in absoluter Ruhe wären, sie sich perspectivisch von dem Punkte entfernen würden, gegen den die Sonne ihren Lauf richtet. Das Endresultat der Untersuchung, welches die Wahrscheinlichkeits-Rechnung bestätigt,

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos01_1845/169>, abgerufen am 16.05.2024.