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Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845.

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Es folgt aus diesen Betrachtungen, daß, während unser Sternhaufe in seinen auslaufenden Aesten Spuren großer, im Laufe der Zeit vorgefallener Umbildungen an sich trägt und, durch secundäre Anziehungspunkte, sich aufzulösen und zu zersetzen strebt, derselbe von zwei Ringen, einem sehr fernen, der Nebel, und einem näheren, der Sterne, umgeben wird. Dieser letztere Ring (unsere Milchstraße) ist ein Gemisch von nebellosen Sternen, im Durchschnitte von zehnter bis eilfter Größe84, einzeln aber betrachtet sehr verschiedenartiger Größe, während isolirte Sternhaufen (Sternschwärme) fast immer den Charakter der Gleichartigkeit haben.

Ueberall wo mit mächtigen, raumdurchdringenden Fernröhren das Himmelsgewölbe durchforscht ist, werden Sterne, sei es auch nur telescopische 20ster bis 24ster Ordnung, oder leuchtende Nebel gesehen. Ein Theil dieser Nebel würde wahrscheinlich für noch kräftigere optische Werkzeuge sich in Sterne auflösen. Unsere Netzhaut erhält den Eindruck einzelner oder sehr zusammengedrängter Lichtpunkte, woraus, wie Arago neuerlichst gezeigt hat, ganz verschiedene photometrische Verhältnisse der Lichtempfindung85 entstehen. Der kosmische Nebel, gestaltet oder formlos, allgemein verbreitet, durch Verdichtung Wärme erzeugend, modificirt wahrscheinlich die Durchsichtigkeit des Weltraums, und vermindert die gleichartige Intensität der Helligkeit, welche nach Halley und Olbers entstehen müßte, wenn jeder Punkt des Himmelsgewölbes, der Tiefe nach, von einer endlosen Reihe von Sternen bedeckt wäre86. Die Annahme einer solchen Bedeckung widerspricht der Beobachtung. Diese zeigt große ganz sternleere Regionen,

Es folgt aus diesen Betrachtungen, daß, während unser Sternhaufe in seinen auslaufenden Aesten Spuren großer, im Laufe der Zeit vorgefallener Umbildungen an sich trägt und, durch secundäre Anziehungspunkte, sich aufzulösen und zu zersetzen strebt, derselbe von zwei Ringen, einem sehr fernen, der Nebel, und einem näheren, der Sterne, umgeben wird. Dieser letztere Ring (unsere Milchstraße) ist ein Gemisch von nebellosen Sternen, im Durchschnitte von zehnter bis eilfter Größe84, einzeln aber betrachtet sehr verschiedenartiger Größe, während isolirte Sternhaufen (Sternschwärme) fast immer den Charakter der Gleichartigkeit haben.

Ueberall wo mit mächtigen, raumdurchdringenden Fernröhren das Himmelsgewölbe durchforscht ist, werden Sterne, sei es auch nur telescopische 20ster bis 24ster Ordnung, oder leuchtende Nebel gesehen. Ein Theil dieser Nebel würde wahrscheinlich für noch kräftigere optische Werkzeuge sich in Sterne auflösen. Unsere Netzhaut erhält den Eindruck einzelner oder sehr zusammengedrängter Lichtpunkte, woraus, wie Arago neuerlichst gezeigt hat, ganz verschiedene photometrische Verhältnisse der Lichtempfindung85 entstehen. Der kosmische Nebel, gestaltet oder formlos, allgemein verbreitet, durch Verdichtung Wärme erzeugend, modificirt wahrscheinlich die Durchsichtigkeit des Weltraums, und vermindert die gleichartige Intensität der Helligkeit, welche nach Halley und Olbers entstehen müßte, wenn jeder Punkt des Himmelsgewölbes, der Tiefe nach, von einer endlosen Reihe von Sternen bedeckt wäre86. Die Annahme einer solchen Bedeckung widerspricht der Beobachtung. Diese zeigt große ganz sternleere Regionen,

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[158/0177] Es folgt aus diesen Betrachtungen, daß, während unser Sternhaufe in seinen auslaufenden Aesten Spuren großer, im Laufe der Zeit vorgefallener Umbildungen an sich trägt und, durch secundäre Anziehungspunkte, sich aufzulösen und zu zersetzen strebt, derselbe von zwei Ringen, einem sehr fernen, der Nebel, und einem näheren, der Sterne, umgeben wird. Dieser letztere Ring (unsere Milchstraße) ist ein Gemisch von nebellosen Sternen, im Durchschnitte von zehnter bis eilfter Größe ⁸⁴ , einzeln aber betrachtet sehr verschiedenartiger Größe, während isolirte Sternhaufen (Sternschwärme) fast immer den Charakter der Gleichartigkeit haben. Ueberall wo mit mächtigen, raumdurchdringenden Fernröhren das Himmelsgewölbe durchforscht ist, werden Sterne, sei es auch nur telescopische 20ster bis 24ster Ordnung, oder leuchtende Nebel gesehen. Ein Theil dieser Nebel würde wahrscheinlich für noch kräftigere optische Werkzeuge sich in Sterne auflösen. Unsere Netzhaut erhält den Eindruck einzelner oder sehr zusammengedrängter Lichtpunkte, woraus, wie Arago neuerlichst gezeigt hat, ganz verschiedene photometrische Verhältnisse der Lichtempfindung ⁸⁵ entstehen. Der kosmische Nebel, gestaltet oder formlos, allgemein verbreitet, durch Verdichtung Wärme erzeugend, modificirt wahrscheinlich die Durchsichtigkeit des Weltraums, und vermindert die gleichartige Intensität der Helligkeit, welche nach Halley und Olbers entstehen müßte, wenn jeder Punkt des Himmelsgewölbes, der Tiefe nach, von einer endlosen Reihe von Sternen bedeckt wäre ⁸⁶ . Die Annahme einer solchen Bedeckung widerspricht der Beobachtung. Diese zeigt große ganz sternleere Regionen,

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos01_1845/177>, abgerufen am 16.05.2024.