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Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845.

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nicht leisten, eine mittlere, dem ganzen Planeten zukommende ist. Mit der Rotations-Geschwindigkeit verglichen, beweist sie dazu die Zunahme der Dichtigkeit der Erdschichten von der Oberfläche gegen den Mittelpunkt hin, eine Zunahme, welche die Vergleichung der Achsen-Verhältnisse des Jupiter und Saturn mit ihrer Umdrehungszeit auch in diesen beiden großen Planeten offenbart. So berechtigt die Kenntniß äußerer Gestaltung zu Schlüssen über die innere Beschaffenheit der Weltkörper.

Die nördliche und südliche Erdhälfte scheinen unter gleichen Breitengraden ungefähr dieselbe Erdkrümmung5 darzubieten; aber Pendelversuche und Gradmessungen geben, wie schon oben bemerkt, für einzelne Theile der Oberfläche so verschiedene Resultate, daß man keine regelmäßige Figur angeben kann, welche allen auf diesen Wegen bisher erhaltenen Resultaten genügen würde. Die wirkliche Figur der Erde verhält sich zu einer regelmäßigen, "wie die unebene Oberfläche eines bewegten Wassers sich zu der ebenen Oberfläche eines ruhigen verhält".

Nachdem die Erde gemessen worden ist, mußte sie gewogen werden. Pendelschwingungen und Bleiloth haben ebenfalls dazu gedient, die mittlere Dichtigkeit der Erde zu bestimmen: sei es, daß man in Vereinigung astronomischer und geodätischer Operationen die Ablenkung des Bleiloths von der Verticale in der Nähe eines Berges suchte, oder durch Vergleichung der Pendellänge in der Ebene und auf dem Gipfel einer Anhöhe, oder endlich durch Anwendung einer Drehwage, die man als ein horizontal schwingendes Pendel betrachten kann, die relative Dichtigkeit der nahen Erdschichten maß. Von diesen drei Methoden6 ist die

nicht leisten, eine mittlere, dem ganzen Planeten zukommende ist. Mit der Rotations-Geschwindigkeit verglichen, beweist sie dazu die Zunahme der Dichtigkeit der Erdschichten von der Oberfläche gegen den Mittelpunkt hin, eine Zunahme, welche die Vergleichung der Achsen-Verhältnisse des Jupiter und Saturn mit ihrer Umdrehungszeit auch in diesen beiden großen Planeten offenbart. So berechtigt die Kenntniß äußerer Gestaltung zu Schlüssen über die innere Beschaffenheit der Weltkörper.

Die nördliche und südliche Erdhälfte scheinen unter gleichen Breitengraden ungefähr dieselbe Erdkrümmung5 darzubieten; aber Pendelversuche und Gradmessungen geben, wie schon oben bemerkt, für einzelne Theile der Oberfläche so verschiedene Resultate, daß man keine regelmäßige Figur angeben kann, welche allen auf diesen Wegen bisher erhaltenen Resultaten genügen würde. Die wirkliche Figur der Erde verhält sich zu einer regelmäßigen, „wie die unebene Oberfläche eines bewegten Wassers sich zu der ebenen Oberfläche eines ruhigen verhält“.

Nachdem die Erde gemessen worden ist, mußte sie gewogen werden. Pendelschwingungen und Bleiloth haben ebenfalls dazu gedient, die mittlere Dichtigkeit der Erde zu bestimmen: sei es, daß man in Vereinigung astronomischer und geodätischer Operationen die Ablenkung des Bleiloths von der Verticale in der Nähe eines Berges suchte, oder durch Vergleichung der Pendellänge in der Ebene und auf dem Gipfel einer Anhöhe, oder endlich durch Anwendung einer Drehwage, die man als ein horizontal schwingendes Pendel betrachten kann, die relative Dichtigkeit der nahen Erdschichten maß. Von diesen drei Methoden6 ist die

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos01_1845/195>, abgerufen am 16.05.2024.