Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845.das große Erdbeben von Riobamba erlitt. Nachdem lange in ganz Syrien, in den Cykladen und in Euböa der Boden erbebt hatte, hörten die Erschütterungen plötzlich auf, als sich in der lelantischen Ebene bei Chalcis ein Strom "glühenden Schlammes" (Lava aus einer Spalte) ergoß63. Der geistreiche Geograph von Amasea, der uns diese Nachricht aufbewahrt, setzt hinzu: "seitdem die Mündungen des Aetna geöffnet sind, durch welche das Feuer emporbläst, und seitdem Glühmassen und Wasser hervorstürzen können, wird das Land am Meeresstrande nicht mehr so oft erschüttert, als zu der Zeit, wo, vor der Trennung Siciliens von Unteritalien, alle Ausgänge in der Oberfläche verstopft waren." In dem Erdbeben offenbart sich demnach eine vulkanisch-vermittelnde Macht; aber eine solche Macht, allverbreitet wie die innere Wärme des Planeten, und überall sich selbst verkündend, wird selten und dann nur an einzelnen Punkten bis zu wirklichen Ausbruchs-Phänomenen gesteigert. Die Gangbildung, d. h. die Ausfüllung der Spalten mit krystallinischen aus dem Inneren hervorquellenden Massen (Basalt, Melaphyr und Grünstein), stört allmälig die freie Communication der Dämpfe. Durch Spannung wirken diese dann auf dreierlei Weise: erschütternd; oder plötzlich, d. i. ruckweise, hebend; oder, wie zuerst in einem großen Theil von Schweden beobachtet worden ist, ununterbrochen, und nur in langen Perioden bemerkbar, das Niveau-Verhältniß von Meer und Land umändernd. Ehe wir diese große Erscheinung verlassen, die hier nicht sowohl in ihren Einzelheiten, als in ihren allgemeinen physikalischen und geognostischen Verhältnissen betrachtet das große Erdbeben von Riobamba erlitt. Nachdem lange in ganz Syrien, in den Cykladen und in Euböa der Boden erbebt hatte, hörten die Erschütterungen plötzlich auf, als sich in der lelantischen Ebene bei Chalcis ein Strom „glühenden Schlammes“ (Lava aus einer Spalte) ergoß63. Der geistreiche Geograph von Amasea, der uns diese Nachricht aufbewahrt, setzt hinzu: „seitdem die Mündungen des Aetna geöffnet sind, durch welche das Feuer emporbläst, und seitdem Glühmassen und Wasser hervorstürzen können, wird das Land am Meeresstrande nicht mehr so oft erschüttert, als zu der Zeit, wo, vor der Trennung Siciliens von Unteritalien, alle Ausgänge in der Oberfläche verstopft waren.“ In dem Erdbeben offenbart sich demnach eine vulkanisch-vermittelnde Macht; aber eine solche Macht, allverbreitet wie die innere Wärme des Planeten, und überall sich selbst verkündend, wird selten und dann nur an einzelnen Punkten bis zu wirklichen Ausbruchs-Phänomenen gesteigert. Die Gangbildung, d. h. die Ausfüllung der Spalten mit krystallinischen aus dem Inneren hervorquellenden Massen (Basalt, Melaphyr und Grünstein), stört allmälig die freie Communication der Dämpfe. Durch Spannung wirken diese dann auf dreierlei Weise: erschütternd; oder plötzlich, d. i. ruckweise, hebend; oder, wie zuerst in einem großen Theil von Schweden beobachtet worden ist, ununterbrochen, und nur in langen Perioden bemerkbar, das Niveau-Verhältniß von Meer und Land umändernd. Ehe wir diese große Erscheinung verlassen, die hier nicht sowohl in ihren Einzelheiten, als in ihren allgemeinen physikalischen und geognostischen Verhältnissen betrachtet <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0242" n="223"/> das große Erdbeben von Riobamba erlitt. 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das große Erdbeben von Riobamba erlitt. Nachdem lange in ganz Syrien, in den Cykladen und in Euböa der Boden erbebt hatte, hörten die Erschütterungen plötzlich auf, als sich in der lelantischen Ebene bei Chalcis ein Strom „glühenden Schlammes“ (Lava aus einer Spalte) ergoß
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. Der geistreiche Geograph von Amasea, der uns diese Nachricht aufbewahrt, setzt hinzu: „seitdem die Mündungen des Aetna geöffnet sind, durch welche das Feuer emporbläst, und seitdem Glühmassen und Wasser hervorstürzen können, wird das Land am Meeresstrande nicht mehr so oft erschüttert, als zu der Zeit, wo, vor der Trennung Siciliens von Unteritalien, alle Ausgänge in der Oberfläche verstopft waren.“
In dem Erdbeben offenbart sich demnach eine vulkanisch-vermittelnde Macht; aber eine solche Macht, allverbreitet wie die innere Wärme des Planeten, und überall sich selbst verkündend, wird selten und dann nur an einzelnen Punkten bis zu wirklichen Ausbruchs-Phänomenen gesteigert. Die Gangbildung, d. h. die Ausfüllung der Spalten mit krystallinischen aus dem Inneren hervorquellenden Massen (Basalt, Melaphyr und Grünstein), stört allmälig die freie Communication der Dämpfe. Durch Spannung wirken diese dann auf dreierlei Weise: erschütternd; oder plötzlich, d. i. ruckweise, hebend; oder, wie zuerst in einem großen Theil von Schweden beobachtet worden ist, ununterbrochen, und nur in langen Perioden bemerkbar, das Niveau-Verhältniß von Meer und Land umändernd.
Ehe wir diese große Erscheinung verlassen, die hier nicht sowohl in ihren Einzelheiten, als in ihren allgemeinen physikalischen und geognostischen Verhältnissen betrachtet
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