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Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845.

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bruch-Krater, von einem auf unsere Wohnung gerichteten Lavastrom kann man sich entfernen; bei dem Erdbeben glaubt man sich überall, wohin auch die Flucht gerichtet sei, über dem Heerd des Verderbens. Ein solcher Zustand des Gemüths, aus unserer innersten Natur hervorgerufen, ist aber nicht von langer Dauer. Folgt in einem Lande eine Reihe von schwachen Erdstößen auf einander, so verschwindet bei den Bewohnern fast jegliche Spur der Furcht. An den regenlosen Küsten von Peru kennt man weder Hagel, noch den rollenden Donner und die leuchtenden Explosionen im Luftkreise. Den Wolken-Donner ersetzt dort das unterirdische Getöse, welches die Erdstöße begleitet. Vieljährige Gewohnheit und die sehr verbreitete Meinung, als seien gefahrbringende Erschütterungen nur zwei- oder dreimal in einem Jahrhundert zu befürchten, machen, daß in Lima schwache Oscillationen des Bodens kaum mehr Aufmerksamkeit erregen, als ein Hagelwetter in der gemäßigten Zone.

Nachdem wir so die Thätigkeit, gleichsam das innere Leben der Erde in ihrem Wärmegehalt, in ihrer electromagnetischen Spannung, in ihrer Lichtausströmung an den Polen, in ihren unregelmäßig wiederkehrenden Erscheinungen der Bewegung übersichtlich betrachtet haben; gelangen wir zu den stoffartigen Productionen (chemischen Veränderungen in der Erdrinde und in der Zusammensetzung des Dunstkreises), welche ebenfalls die Folge planetarischer Lebensthätigkeit sind. Wir sehen aus dem Boden ausströmen: Wasserdämpfe und gasförmige Kohlensäure, meist frei64 von aller Beimengung von Stickstoff; gekohltes Wasserstoffgas (in der chinesischen Provinz Sse-tschuan65 seit Jahrtausenden, in dem nordamerikanischen Staate von Neu-York

bruch-Krater, von einem auf unsere Wohnung gerichteten Lavastrom kann man sich entfernen; bei dem Erdbeben glaubt man sich überall, wohin auch die Flucht gerichtet sei, über dem Heerd des Verderbens. Ein solcher Zustand des Gemüths, aus unserer innersten Natur hervorgerufen, ist aber nicht von langer Dauer. Folgt in einem Lande eine Reihe von schwachen Erdstößen auf einander, so verschwindet bei den Bewohnern fast jegliche Spur der Furcht. An den regenlosen Küsten von Peru kennt man weder Hagel, noch den rollenden Donner und die leuchtenden Explosionen im Luftkreise. Den Wolken-Donner ersetzt dort das unterirdische Getöse, welches die Erdstöße begleitet. Vieljährige Gewohnheit und die sehr verbreitete Meinung, als seien gefahrbringende Erschütterungen nur zwei- oder dreimal in einem Jahrhundert zu befürchten, machen, daß in Lima schwache Oscillationen des Bodens kaum mehr Aufmerksamkeit erregen, als ein Hagelwetter in der gemäßigten Zone.

Nachdem wir so die Thätigkeit, gleichsam das innere Leben der Erde in ihrem Wärmegehalt, in ihrer electromagnetischen Spannung, in ihrer Lichtausströmung an den Polen, in ihren unregelmäßig wiederkehrenden Erscheinungen der Bewegung übersichtlich betrachtet haben; gelangen wir zu den stoffartigen Productionen (chemischen Veränderungen in der Erdrinde und in der Zusammensetzung des Dunstkreises), welche ebenfalls die Folge planetarischer Lebensthätigkeit sind. Wir sehen aus dem Boden ausströmen: Wasserdämpfe und gasförmige Kohlensäure, meist frei64 von aller Beimengung von Stickstoff; gekohltes Wasserstoffgas (in der chinesischen Provinz Sse-tschuan65 seit Jahrtausenden, in dem nordamerikanischen Staate von Neu-York

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bruch-Krater, von einem auf unsere Wohnung gerichteten Lavastrom kann man sich entfernen; bei dem Erdbeben glaubt man sich überall, wohin auch die Flucht gerichtet sei, über dem Heerd des Verderbens. Ein solcher Zustand des Gemüths, aus unserer innersten Natur hervorgerufen, ist aber nicht von langer Dauer. Folgt in einem Lande eine Reihe von schwachen Erdstößen auf einander, so verschwindet bei den Bewohnern fast jegliche Spur der Furcht. An den regenlosen Küsten von Peru kennt man weder Hagel, noch den rollenden Donner und die leuchtenden Explosionen im Luftkreise. Den Wolken-Donner ersetzt dort das unterirdische Getöse, welches die Erdstöße begleitet. Vieljährige Gewohnheit und die sehr verbreitete Meinung, als seien gefahrbringende Erschütterungen nur zwei- oder dreimal in einem Jahrhundert zu befürchten, machen, daß in Lima schwache Oscillationen des Bodens kaum mehr Aufmerksamkeit erregen, als ein Hagelwetter in der gemäßigten Zone.</p>
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[225/0244] bruch-Krater, von einem auf unsere Wohnung gerichteten Lavastrom kann man sich entfernen; bei dem Erdbeben glaubt man sich überall, wohin auch die Flucht gerichtet sei, über dem Heerd des Verderbens. Ein solcher Zustand des Gemüths, aus unserer innersten Natur hervorgerufen, ist aber nicht von langer Dauer. Folgt in einem Lande eine Reihe von schwachen Erdstößen auf einander, so verschwindet bei den Bewohnern fast jegliche Spur der Furcht. An den regenlosen Küsten von Peru kennt man weder Hagel, noch den rollenden Donner und die leuchtenden Explosionen im Luftkreise. Den Wolken-Donner ersetzt dort das unterirdische Getöse, welches die Erdstöße begleitet. Vieljährige Gewohnheit und die sehr verbreitete Meinung, als seien gefahrbringende Erschütterungen nur zwei- oder dreimal in einem Jahrhundert zu befürchten, machen, daß in Lima schwache Oscillationen des Bodens kaum mehr Aufmerksamkeit erregen, als ein Hagelwetter in der gemäßigten Zone. Nachdem wir so die Thätigkeit, gleichsam das innere Leben der Erde in ihrem Wärmegehalt, in ihrer electromagnetischen Spannung, in ihrer Lichtausströmung an den Polen, in ihren unregelmäßig wiederkehrenden Erscheinungen der Bewegung übersichtlich betrachtet haben; gelangen wir zu den stoffartigen Productionen (chemischen Veränderungen in der Erdrinde und in der Zusammensetzung des Dunstkreises), welche ebenfalls die Folge planetarischer Lebensthätigkeit sind. Wir sehen aus dem Boden ausströmen: Wasserdämpfe und gasförmige Kohlensäure, meist frei ⁶⁴ von aller Beimengung von Stickstoff; gekohltes Wasserstoffgas (in der chinesischen Provinz Sse-tschuan ⁶⁵ seit Jahrtausenden, in dem nordamerikanischen Staate von Neu-York

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos01_1845/244>, abgerufen am 21.11.2024.