Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845.

Bild:
<< vorherige Seite

Arten die lebenden erkennen, wie nach falschen Analogien man im 16ten Jahrhunderte die Thiere des alten und neuen Continents mit einander verwechselte. Peter Camper, Sömmering und Blumenbach hatten das Verdienst, durch die wissenschaftliche Anwendung einer feineren vergleichenden Anatomie den osteologischen Theil der Paläontologie (Alterthumskunde des organischen Lebens), so weit derselbe die großen fossilen Wirbelthiere betrifft, zuerst aufzuklären; aber die eigentliche geognostische Ansicht der Versteinerungslehre, die glückliche Verbindung der zoologischen Charaktere mit der Alters- und Auflagerungsfolge der Schichten, verdankt man der großen Arbeit von Georg Cuvier und Alexander Brongniart.

Die ältesten Sedimentformationen, die des Transitionsgebirges, bieten in den organischen Resten, welche sie einschließen, ein Gemisch von Bildungen, die auf der Stufenleiter der sich allmälig vervollkommnenden Entwicklung einen sehr verschiedenen Platz einnehmen. Von Pflanzen enthalten sie freilich nur einigen Seetang, Lycopodiaceen, die vielleicht baumartig waren, Equisetaceen und tropische Farn; aber von den thierischen Organismen finden wir sonderbar zusammen Crustaceen (Trilobiten mit Netzaugen und Calymenen), Brachiopoden (Spirifer, Orthis), die zierlichen Sphäroniten, welche den Crinoiden nahe stehen69, Orthoceratiten aus den Cephalopoden, Stein-Corallen, und mit diesen niedern Organismen schon Fische von wunderbarer Gestalt in oberen silurischen Schichten. Die schwergepanzerte Familie der Cephalaspiden, aus welcher Fragmente der Gattung Pterichthys lange für Trilobiten gehalten wurden, gehören dem devonischen Gebilde (Old Red)

Arten die lebenden erkennen, wie nach falschen Analogien man im 16ten Jahrhunderte die Thiere des alten und neuen Continents mit einander verwechselte. Peter Camper, Sömmering und Blumenbach hatten das Verdienst, durch die wissenschaftliche Anwendung einer feineren vergleichenden Anatomie den osteologischen Theil der Paläontologie (Alterthumskunde des organischen Lebens), so weit derselbe die großen fossilen Wirbelthiere betrifft, zuerst aufzuklären; aber die eigentliche geognostische Ansicht der Versteinerungslehre, die glückliche Verbindung der zoologischen Charaktere mit der Alters- und Auflagerungsfolge der Schichten, verdankt man der großen Arbeit von Georg Cuvier und Alexander Brongniart.

Die ältesten Sedimentformationen, die des Transitionsgebirges, bieten in den organischen Resten, welche sie einschließen, ein Gemisch von Bildungen, die auf der Stufenleiter der sich allmälig vervollkommnenden Entwicklung einen sehr verschiedenen Platz einnehmen. Von Pflanzen enthalten sie freilich nur einigen Seetang, Lycopodiaceen, die vielleicht baumartig waren, Equisetaceen und tropische Farn; aber von den thierischen Organismen finden wir sonderbar zusammen Crustaceen (Trilobiten mit Netzaugen und Calymenen), Brachiopoden (Spirifer, Orthis), die zierlichen Sphäroniten, welche den Crinoiden nahe stehen69, Orthoceratiten aus den Cephalopoden, Stein-Corallen, und mit diesen niedern Organismen schon Fische von wunderbarer Gestalt in oberen silurischen Schichten. Die schwergepanzerte Familie der Cephalaspiden, aus welcher Fragmente der Gattung Pterichthys lange für Trilobiten gehalten wurden, gehören dem devonischen Gebilde (Old Red)

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0305" n="286"/>
Arten die lebenden erkennen, wie nach falschen Analogien man im 16ten Jahrhunderte die Thiere des alten und neuen Continents mit einander verwechselte. Peter Camper, Sömmering und Blumenbach hatten das Verdienst, durch die wissenschaftliche Anwendung einer feineren vergleichenden Anatomie den osteologischen Theil der Paläontologie (Alterthumskunde des organischen Lebens), so weit derselbe die großen fossilen Wirbelthiere betrifft, zuerst aufzuklären; aber die eigentliche <hi rendition="#g">geognostische Ansicht</hi> der Versteinerungslehre, die glückliche Verbindung der zoologischen Charaktere mit der Alters- und Auflagerungsfolge der Schichten, verdankt man der großen Arbeit von Georg Cuvier und Alexander Brongniart.</p>
          <p>Die ältesten Sedimentformationen, die des Transitionsgebirges, bieten in den organischen Resten, welche sie einschließen, ein Gemisch von Bildungen, die auf der Stufenleiter der sich allmälig vervollkommnenden Entwicklung einen sehr verschiedenen Platz einnehmen. Von Pflanzen enthalten sie freilich nur einigen Seetang, Lycopodiaceen, die vielleicht baumartig waren, Equisetaceen und tropische Farn; aber von den thierischen Organismen finden wir sonderbar zusammen Crustaceen (Trilobiten mit Netzaugen und Calymenen), Brachiopoden (Spirifer, Orthis), die zierlichen Sphäroniten, welche den Crinoiden nahe stehen<note place="end" n="69" xml:id="ftn299" next="#ftn299-text"/>, Orthoceratiten aus den Cephalopoden, Stein-Corallen, und mit diesen niedern Organismen schon Fische von wunderbarer Gestalt in oberen silurischen Schichten. Die schwergepanzerte Familie der Cephalaspiden, aus welcher Fragmente der Gattung Pterichthys lange für Trilobiten gehalten wurden, gehören dem devonischen Gebilde (Old Red)
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[286/0305] Arten die lebenden erkennen, wie nach falschen Analogien man im 16ten Jahrhunderte die Thiere des alten und neuen Continents mit einander verwechselte. Peter Camper, Sömmering und Blumenbach hatten das Verdienst, durch die wissenschaftliche Anwendung einer feineren vergleichenden Anatomie den osteologischen Theil der Paläontologie (Alterthumskunde des organischen Lebens), so weit derselbe die großen fossilen Wirbelthiere betrifft, zuerst aufzuklären; aber die eigentliche geognostische Ansicht der Versteinerungslehre, die glückliche Verbindung der zoologischen Charaktere mit der Alters- und Auflagerungsfolge der Schichten, verdankt man der großen Arbeit von Georg Cuvier und Alexander Brongniart. Die ältesten Sedimentformationen, die des Transitionsgebirges, bieten in den organischen Resten, welche sie einschließen, ein Gemisch von Bildungen, die auf der Stufenleiter der sich allmälig vervollkommnenden Entwicklung einen sehr verschiedenen Platz einnehmen. Von Pflanzen enthalten sie freilich nur einigen Seetang, Lycopodiaceen, die vielleicht baumartig waren, Equisetaceen und tropische Farn; aber von den thierischen Organismen finden wir sonderbar zusammen Crustaceen (Trilobiten mit Netzaugen und Calymenen), Brachiopoden (Spirifer, Orthis), die zierlichen Sphäroniten, welche den Crinoiden nahe stehen ⁶⁹ , Orthoceratiten aus den Cephalopoden, Stein-Corallen, und mit diesen niedern Organismen schon Fische von wunderbarer Gestalt in oberen silurischen Schichten. Die schwergepanzerte Familie der Cephalaspiden, aus welcher Fragmente der Gattung Pterichthys lange für Trilobiten gehalten wurden, gehören dem devonischen Gebilde (Old Red)

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Posner Collection: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-09T11:04:31Z)
Moritz Bodner: Erstellung bzw. Korrektur der griechischen Textpassagen (2013-04-18T11:04:31Z)



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos01_1845
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos01_1845/305
Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos01_1845/305>, abgerufen am 31.10.2024.