Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845.

Bild:
<< vorherige Seite

Australländern eine große Aehnlichkeit zwischen den dort lebenden und den untergegangenen Thieren. In Neu-Holland hat man fossile Reste von Känguruh, in Neu-Seeland halbfossile Knochen eines ungeheuren straußartigen Vogels, Owen's Dinornis, entdeckt, welcher nahe mit der jetzigen Apteryx, wenig aber mit dem erst spät untergegangenen Dronte (Dodo) von der Insel Rodriguez verwandt ist.

Die derzeitige Gestaltung der Continente verdankt vielleicht großentheils ihre Hebung über dem umgebenden Wasserspiegel der Eruption der Quarzporphyre: einer Eruption, welche die erste große Landflor, das Material des Steinkohlengebirges, so gewaltsam erschüttert hat. Was wir Flachland der Continente nennen, sind aber nur die breiten Rücken von Hügeln und Gebirgen, deren Fuß in dem Meeresboden liegt. Jedes Flachland ist nach seinen submarinischen Verhältnissen eine Hochebene, deren Unebenheiten durch neue Sedimentformationen in horizontaler Lage abgesetzt, wie durch angeschwemmtes Schuttland verdeckt werden.

Unter den allgemeinen Betrachtungen, die in ein Naturgemälde gehören, nimmt den ersten Rang ein die Quantität der über dem Meeresspiegel hervorragenden und gehobenen Feste; dieser Bestimmung des räumlichen Maaßes folgt dann die Betrachtung der individuellen Gestaltung in horizontaler Ausdehnung (Gliederungs-Verhältnisse) oder in senkrechter Erhebung (hypsometrische Verhältnisse der Gebirgsketten). Unser Planet hat zwei Umhüllungen: eine allgemeine, den Luftkreis, als elastische Flüssigkeit; und eine particuläre, nur local verbreitete, die Feste umgrenzende und dadurch

Australländern eine große Aehnlichkeit zwischen den dort lebenden und den untergegangenen Thieren. In Neu-Holland hat man fossile Reste von Känguruh, in Neu-Seeland halbfossile Knochen eines ungeheuren straußartigen Vogels, Owen's Dinornis, entdeckt, welcher nahe mit der jetzigen Apteryx, wenig aber mit dem erst spät untergegangenen Dronte (Dodo) von der Insel Rodriguez verwandt ist.

Die derzeitige Gestaltung der Continente verdankt vielleicht großentheils ihre Hebung über dem umgebenden Wasserspiegel der Eruption der Quarzporphyre: einer Eruption, welche die erste große Landflor, das Material des Steinkohlengebirges, so gewaltsam erschüttert hat. Was wir Flachland der Continente nennen, sind aber nur die breiten Rücken von Hügeln und Gebirgen, deren Fuß in dem Meeresboden liegt. Jedes Flachland ist nach seinen submarinischen Verhältnissen eine Hochebene, deren Unebenheiten durch neue Sedimentformationen in horizontaler Lage abgesetzt, wie durch angeschwemmtes Schuttland verdeckt werden.

Unter den allgemeinen Betrachtungen, die in ein Naturgemälde gehören, nimmt den ersten Rang ein die Quantität der über dem Meeresspiegel hervorragenden und gehobenen Feste; dieser Bestimmung des räumlichen Maaßes folgt dann die Betrachtung der individuellen Gestaltung in horizontaler Ausdehnung (Gliederungs-Verhältnisse) oder in senkrechter Erhebung (hypsometrische Verhältnisse der Gebirgsketten). Unser Planet hat zwei Umhüllungen: eine allgemeine, den Luftkreis, als elastische Flüssigkeit; und eine particuläre, nur local verbreitete, die Feste umgrenzende und dadurch

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0322" n="303"/>
Australländern eine große Aehnlichkeit zwischen den dort lebenden und den untergegangenen Thieren. In Neu-Holland hat man fossile Reste von Känguruh, in Neu-Seeland halbfossile Knochen eines ungeheuren straußartigen Vogels, Owen's Dinornis, entdeckt, welcher nahe mit der jetzigen Apteryx, wenig aber mit dem erst spät untergegangenen Dronte (Dodo) von der Insel Rodriguez verwandt ist.</p>
          <p>Die derzeitige Gestaltung der Continente verdankt vielleicht großentheils ihre Hebung über dem umgebenden Wasserspiegel der Eruption der Quarzporphyre: einer Eruption, welche die erste große Landflor, das Material des Steinkohlengebirges, so gewaltsam erschüttert hat. Was wir Flachland der Continente nennen, sind aber nur die breiten Rücken von Hügeln und Gebirgen, deren Fuß in dem Meeresboden liegt. Jedes <hi rendition="#g">Flachland</hi> ist nach seinen submarinischen Verhältnissen eine <hi rendition="#g">Hochebene,</hi> deren Unebenheiten durch neue Sedimentformationen in horizontaler Lage abgesetzt, wie durch angeschwemmtes Schuttland verdeckt werden.</p>
          <p>Unter den allgemeinen Betrachtungen, die in ein Naturgemälde gehören, nimmt den ersten Rang ein die <hi rendition="#g">Quantität</hi> der über dem Meeresspiegel hervorragenden und gehobenen Feste; dieser Bestimmung des räumlichen Maaßes folgt dann die Betrachtung der individuellen <hi rendition="#g">Gestaltung in horizontaler Ausdehnung</hi> (Gliederungs-Verhältnisse) oder in <hi rendition="#g">senkrechter Erhebung</hi> (hypsometrische Verhältnisse der Gebirgsketten). Unser Planet hat zwei <hi rendition="#g">Umhüllungen:</hi> eine <hi rendition="#g">allgemeine,</hi> den <hi rendition="#g">Luftkreis,</hi> als elastische Flüssigkeit; und eine <hi rendition="#g">particuläre,</hi> nur local verbreitete, die Feste umgrenzende und dadurch
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[303/0322] Australländern eine große Aehnlichkeit zwischen den dort lebenden und den untergegangenen Thieren. In Neu-Holland hat man fossile Reste von Känguruh, in Neu-Seeland halbfossile Knochen eines ungeheuren straußartigen Vogels, Owen's Dinornis, entdeckt, welcher nahe mit der jetzigen Apteryx, wenig aber mit dem erst spät untergegangenen Dronte (Dodo) von der Insel Rodriguez verwandt ist. Die derzeitige Gestaltung der Continente verdankt vielleicht großentheils ihre Hebung über dem umgebenden Wasserspiegel der Eruption der Quarzporphyre: einer Eruption, welche die erste große Landflor, das Material des Steinkohlengebirges, so gewaltsam erschüttert hat. Was wir Flachland der Continente nennen, sind aber nur die breiten Rücken von Hügeln und Gebirgen, deren Fuß in dem Meeresboden liegt. Jedes Flachland ist nach seinen submarinischen Verhältnissen eine Hochebene, deren Unebenheiten durch neue Sedimentformationen in horizontaler Lage abgesetzt, wie durch angeschwemmtes Schuttland verdeckt werden. Unter den allgemeinen Betrachtungen, die in ein Naturgemälde gehören, nimmt den ersten Rang ein die Quantität der über dem Meeresspiegel hervorragenden und gehobenen Feste; dieser Bestimmung des räumlichen Maaßes folgt dann die Betrachtung der individuellen Gestaltung in horizontaler Ausdehnung (Gliederungs-Verhältnisse) oder in senkrechter Erhebung (hypsometrische Verhältnisse der Gebirgsketten). Unser Planet hat zwei Umhüllungen: eine allgemeine, den Luftkreis, als elastische Flüssigkeit; und eine particuläre, nur local verbreitete, die Feste umgrenzende und dadurch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Posner Collection: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-09T11:04:31Z)
Moritz Bodner: Erstellung bzw. Korrektur der griechischen Textpassagen (2013-04-18T11:04:31Z)



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos01_1845
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos01_1845/322
Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos01_1845/322>, abgerufen am 31.10.2024.