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Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845.

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Breite von Rhodos, in der Richtung von den Säulen des Hercules bis Thinä. Das ist die Linie, welche man den Parallel des Diaphragma des Dicäarchus nannte und über deren astronomische Richtigkeit der Lage, die ich an einem andern Orte untersucht, man mit Recht erstaunen muß7. Strabo, wahrscheinlich durch Eratosthenes geleitet, scheint so überzeugt gewesen zu sein, daß dieser Parallel von 36°, als Maximum der Ausdehnung in der ihm bekannten Welt, einen inneren Grund der Erdgestaltung habe, daß er das Festland, welches er prophetisch in der nördlichen Halbkugel zwischen Iberien und der Küste von Thinä vermuthete, ebenfalls unter diesem Breitengrade verkündigte.8

Wenn, wie wir schon oben bemerkt, auf der einen Halbkugel der Erde (man mag dieselbe durch den Aequator oder durch den Meridian von Teneriffa halbiren) beträchtlich mehr Land sich über den Meeresspiegel erhoben hat als auf der entgegengesetzten; so haben die beiden großen Ländermassen, wahre vom Ocean auf allen Seiten umgebene Inseln, welche wir die östliche und westliche Feste, den alten und neuen Continent nennen, neben dem auffallendsten Contraste der Totalgestaltung oder vielmehr der Orientirung ihrer größten Axen doch im einzelnen manche Aehnlichkeit der Configuration, besonders der räumlichen Beziehungen zwischen den einander gegenüberstehenden Küsten. In der östlichen Feste ist die vorherrschende Richtung, die Lage der langen Axe, von Osten gegen Westen (bestimmter von Südwest gen Nordost), in der westlichen Feste aber von Süden nach Norden, meridianartig (bestimmter von SSO nach NNW). Beide Ländermassen sind im Norden

Breite von Rhodos, in der Richtung von den Säulen des Hercules bis Thinä. Das ist die Linie, welche man den Parallel des Diaphragma des Dicäarchus nannte und über deren astronomische Richtigkeit der Lage, die ich an einem andern Orte untersucht, man mit Recht erstaunen muß7. Strabo, wahrscheinlich durch Eratosthenes geleitet, scheint so überzeugt gewesen zu sein, daß dieser Parallel von 36°, als Maximum der Ausdehnung in der ihm bekannten Welt, einen inneren Grund der Erdgestaltung habe, daß er das Festland, welches er prophetisch in der nördlichen Halbkugel zwischen Iberien und der Küste von Thinä vermuthete, ebenfalls unter diesem Breitengrade verkündigte.8

Wenn, wie wir schon oben bemerkt, auf der einen Halbkugel der Erde (man mag dieselbe durch den Aequator oder durch den Meridian von Teneriffa halbiren) beträchtlich mehr Land sich über den Meeresspiegel erhoben hat als auf der entgegengesetzten; so haben die beiden großen Ländermassen, wahre vom Ocean auf allen Seiten umgebene Inseln, welche wir die östliche und westliche Feste, den alten und neuen Continent nennen, neben dem auffallendsten Contraste der Totalgestaltung oder vielmehr der Orientirung ihrer größten Axen doch im einzelnen manche Aehnlichkeit der Configuration, besonders der räumlichen Beziehungen zwischen den einander gegenüberstehenden Küsten. In der östlichen Feste ist die vorherrschende Richtung, die Lage der langen Axe, von Osten gegen Westen (bestimmter von Südwest gen Nordost), in der westlichen Feste aber von Süden nach Norden, meridianartig (bestimmter von SSO nach NNW). Beide Ländermassen sind im Norden

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[306/0325] Breite von Rhodos, in der Richtung von den Säulen des Hercules bis Thinä. Das ist die Linie, welche man den Parallel des Diaphragma des Dicäarchus nannte und über deren astronomische Richtigkeit der Lage, die ich an einem andern Orte untersucht, man mit Recht erstaunen muß ⁷ . Strabo, wahrscheinlich durch Eratosthenes geleitet, scheint so überzeugt gewesen zu sein, daß dieser Parallel von 36°, als Maximum der Ausdehnung in der ihm bekannten Welt, einen inneren Grund der Erdgestaltung habe, daß er das Festland, welches er prophetisch in der nördlichen Halbkugel zwischen Iberien und der Küste von Thinä vermuthete, ebenfalls unter diesem Breitengrade verkündigte. ⁸ Wenn, wie wir schon oben bemerkt, auf der einen Halbkugel der Erde (man mag dieselbe durch den Aequator oder durch den Meridian von Teneriffa halbiren) beträchtlich mehr Land sich über den Meeresspiegel erhoben hat als auf der entgegengesetzten; so haben die beiden großen Ländermassen, wahre vom Ocean auf allen Seiten umgebene Inseln, welche wir die östliche und westliche Feste, den alten und neuen Continent nennen, neben dem auffallendsten Contraste der Totalgestaltung oder vielmehr der Orientirung ihrer größten Axen doch im einzelnen manche Aehnlichkeit der Configuration, besonders der räumlichen Beziehungen zwischen den einander gegenüberstehenden Küsten. In der östlichen Feste ist die vorherrschende Richtung, die Lage der langen Axe, von Osten gegen Westen (bestimmter von Südwest gen Nordost), in der westlichen Feste aber von Süden nach Norden, meridianartig (bestimmter von SSO nach NNW). Beide Ländermassen sind im Norden

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos01_1845/325>, abgerufen am 22.11.2024.