Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845.

Bild:
<< vorherige Seite

Luft und Wasser bei den verschiedensten Temperaturen belebt sind, so ist es auch das Innre der verschiedensten Theile der Thierkörper. Es giebt Blutthiere in den Fröschen wie im Lachse; nach Nordmann sind oft alle Flüssigkeiten der Fischaugen mit einem Saugwurme (Diplostomum) gefüllt: ja in den Kiemen des Bleies lebt das wundersame Doppelthier (Diplozoon paradoxum), welches der eben genannte Naturforscher entdeckt hat, ein Thier kreuzförmig verwachsen, mit zwei Köpfen und zwei Schwanzenden versehen.

Wenn auch die Existenz von sogenannten Meteor-Infusorien mehr als zweifelhaft ist, so darf doch die Möglichkeit nicht geläugnet werden, daß, wie Fichtenblüthenstaub jährlich aus der Atmosphäre herabfällt, auch kleine Infusionsthiere, mit dem Wasserdampf passiv gehoben, eine Zeit lang in den Luftschichten schweben können.95 Dieser Umstand ist bei dem uralten Zwiste über eine mutterlose Zeugung96 (generatio spontanea) in ernste Betrachtung zu nehmen: um so mehr als Ehrenberg, wie schon oben bemerkt, entdeckt hat, daß der nebelartig die Luft trübende Staubregen, welchem Seefahrer häufig in der Nähe der capverdischen Inseln und bis in 380 Seemeilen Entfernung von der afrikanischen Küste ausgesetzt sind, Reste von 18 Arten kieselschaliger polygastrischer Thierchen enthält.

Die Fülle der Organismen, deren räumliche Vertheilung die Geographie der Pflanzen und Thiere verfolgt, wird entweder nach der Verschiedenheit und relativen Zahl der Bildungstypen, also nach der Gestaltung der vorhandenen Gattungen und Arten, oder nach der Zahl der Individuen betrachtet, welche auf einem gegebenen Flächenraume einer jeden Art zukommt. Bei den Pflanzen wie bei

Luft und Wasser bei den verschiedensten Temperaturen belebt sind, so ist es auch das Innre der verschiedensten Theile der Thierkörper. Es giebt Blutthiere in den Fröschen wie im Lachse; nach Nordmann sind oft alle Flüssigkeiten der Fischaugen mit einem Saugwurme (Diplostomum) gefüllt: ja in den Kiemen des Bleies lebt das wundersame Doppelthier (Diplozoon paradoxum), welches der eben genannte Naturforscher entdeckt hat, ein Thier kreuzförmig verwachsen, mit zwei Köpfen und zwei Schwanzenden versehen.

Wenn auch die Existenz von sogenannten Meteor-Infusorien mehr als zweifelhaft ist, so darf doch die Möglichkeit nicht geläugnet werden, daß, wie Fichtenblüthenstaub jährlich aus der Atmosphäre herabfällt, auch kleine Infusionsthiere, mit dem Wasserdampf passiv gehoben, eine Zeit lang in den Luftschichten schweben können.95 Dieser Umstand ist bei dem uralten Zwiste über eine mutterlose Zeugung96 (generatio spontanea) in ernste Betrachtung zu nehmen: um so mehr als Ehrenberg, wie schon oben bemerkt, entdeckt hat, daß der nebelartig die Luft trübende Staubregen, welchem Seefahrer häufig in der Nähe der capverdischen Inseln und bis in 380 Seemeilen Entfernung von der afrikanischen Küste ausgesetzt sind, Reste von 18 Arten kieselschaliger polygastrischer Thierchen enthält.

Die Fülle der Organismen, deren räumliche Vertheilung die Geographie der Pflanzen und Thiere verfolgt, wird entweder nach der Verschiedenheit und relativen Zahl der Bildungstypen, also nach der Gestaltung der vorhandenen Gattungen und Arten, oder nach der Zahl der Individuen betrachtet, welche auf einem gegebenen Flächenraume einer jeden Art zukommt. Bei den Pflanzen wie bei

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0392" n="373"/>
Luft und Wasser bei den verschiedensten Temperaturen belebt sind, so ist es auch das Innre der verschiedensten Theile der Thierkörper. Es giebt Blutthiere in den Fröschen wie im Lachse; nach Nordmann sind oft alle Flüssigkeiten der Fischaugen mit einem Saugwurme (Diplostomum) gefüllt: ja in den Kiemen des Bleies lebt das wundersame Doppelthier (Diplozoon paradoxum), welches der eben genannte Naturforscher entdeckt hat, ein Thier kreuzförmig verwachsen, mit zwei Köpfen und zwei Schwanzenden versehen.</p>
          <p>Wenn auch die Existenz von sogenannten <hi rendition="#g">Meteor-Infusorien</hi> mehr als zweifelhaft ist, so darf doch die Möglichkeit nicht geläugnet werden, daß, wie Fichtenblüthenstaub jährlich aus der Atmosphäre herabfällt, auch kleine Infusionsthiere, mit dem Wasserdampf passiv gehoben, eine Zeit lang in den Luftschichten schweben können.<note place="end" n="95" xml:id="ftn425" next="#ftn425-text"/> Dieser Umstand ist bei dem uralten Zwiste über eine mutterlose Zeugung<note place="end" n="96" xml:id="ftn426" next="#ftn426-text"/> (generatio spontanea) in ernste Betrachtung zu nehmen: um so mehr als Ehrenberg, wie schon oben bemerkt, entdeckt hat, daß der nebelartig die Luft trübende Staubregen, welchem Seefahrer häufig in der Nähe der capverdischen Inseln und bis in 380 Seemeilen Entfernung von der afrikanischen Küste ausgesetzt sind, Reste von 18 Arten kieselschaliger polygastrischer Thierchen enthält.</p>
          <p>Die Fülle der Organismen, deren räumliche Vertheilung die <hi rendition="#g">Geographie der Pflanzen</hi> und <hi rendition="#g">Thiere</hi> verfolgt, wird entweder nach der Verschiedenheit und relativen Zahl der Bildungstypen, also nach der Gestaltung der vorhandenen Gattungen und Arten, oder nach der Zahl der Individuen betrachtet, welche auf einem gegebenen Flächenraume einer jeden Art zukommt. Bei den Pflanzen wie bei
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[373/0392] Luft und Wasser bei den verschiedensten Temperaturen belebt sind, so ist es auch das Innre der verschiedensten Theile der Thierkörper. Es giebt Blutthiere in den Fröschen wie im Lachse; nach Nordmann sind oft alle Flüssigkeiten der Fischaugen mit einem Saugwurme (Diplostomum) gefüllt: ja in den Kiemen des Bleies lebt das wundersame Doppelthier (Diplozoon paradoxum), welches der eben genannte Naturforscher entdeckt hat, ein Thier kreuzförmig verwachsen, mit zwei Köpfen und zwei Schwanzenden versehen. Wenn auch die Existenz von sogenannten Meteor-Infusorien mehr als zweifelhaft ist, so darf doch die Möglichkeit nicht geläugnet werden, daß, wie Fichtenblüthenstaub jährlich aus der Atmosphäre herabfällt, auch kleine Infusionsthiere, mit dem Wasserdampf passiv gehoben, eine Zeit lang in den Luftschichten schweben können. ⁹⁵ Dieser Umstand ist bei dem uralten Zwiste über eine mutterlose Zeugung ⁹⁶ (generatio spontanea) in ernste Betrachtung zu nehmen: um so mehr als Ehrenberg, wie schon oben bemerkt, entdeckt hat, daß der nebelartig die Luft trübende Staubregen, welchem Seefahrer häufig in der Nähe der capverdischen Inseln und bis in 380 Seemeilen Entfernung von der afrikanischen Küste ausgesetzt sind, Reste von 18 Arten kieselschaliger polygastrischer Thierchen enthält. Die Fülle der Organismen, deren räumliche Vertheilung die Geographie der Pflanzen und Thiere verfolgt, wird entweder nach der Verschiedenheit und relativen Zahl der Bildungstypen, also nach der Gestaltung der vorhandenen Gattungen und Arten, oder nach der Zahl der Individuen betrachtet, welche auf einem gegebenen Flächenraume einer jeden Art zukommt. Bei den Pflanzen wie bei

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Posner Collection: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-09T11:04:31Z)
Moritz Bodner: Erstellung bzw. Korrektur der griechischen Textpassagen (2013-04-18T11:04:31Z)



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos01_1845
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos01_1845/392
Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845, S. 373. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos01_1845/392>, abgerufen am 31.10.2024.