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Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845.

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einer zu kleinen Abplattung der Erde und durch die unsichere Schätzung der Gesteins-Dichtigkeit der Oberfläche hatte man früher die mittlere Dichtigkeit der Erde ebenfalls, wie in den Versuchen auf und an den Bergen, um 1/6 zu klein gefunden: 4,761 (Laplace, Mecan. cel. T. V. p. 46) oder 4,785 (Eduard Schmidt, Lehrb. der math. Geogr. Bd. I. § 387 und 418). -- Ueber die weiter unten (S. 178) angeführte Halley'sche Hypothese von der Erde als Hohlkugel (dem Keime Franklin'scher Ideen über das Erdbeben) s. Phil. Transact. for the year 1693 Vol. XVII. p. 563 (On the structure of the internal parts of the Earth and the concave habitated arch of the shell). Halley hält es für des Schöpfers würdiger, "daß der Erdball wie ein Haus von mehreren Stockwerken, von innen und außen bewohnt sei. Für Licht in der Hohlkugel würde auch wohl (p. 576) auf irgend eine Weise gesorgt werden können."
7 (S. 179.) Dahin gehören die vortrefflichen analytischen Arbeiten von Fourier, Biot, Laplace, Poisson, Duhamel und Lame. In seinem Werke Theorie mathematique de la Chaleur 1835 p. 3, 428-430, 436 und 521-524 (s. auch den Auszug von La Rive in der Bibliotheque universelle de Geneve T. LX. p. 415) hat Poisson eine von Fourier's Ansicht (Theorie analytique de la Chaleur) ganz abweichende Hypothese entwickelt. Er läugnet den gegenwärtigen flüssigen Zustand des Kerns der Erde; er glaubt, "daß bei dem Erkalten durch Strahlung gegen das die Erde umgebende Mittel die an der Oberfläche zuerst erstarrten Theile herabgesunken sind, und daß durch einen doppelten ab- und aufwärts gehenden Strom die große Ungleichheit vermindert worden ist, welche bei einem festen, von der Oberfläche her erkaltenden Körper statt finden würde." Es scheint dem großen Geometer wahrscheinlicher, daß die Erstarrung in den dem Mittelpunkt näher liegenden Schichten angefangen habe; "das Phänomen der mit der Tiefe zunehmenden Wärme erstrecke sich nicht auf die ganze Erdmasse, und sei bloß eine Folge der Bewegung unsres Planetensystems im Weltraume, dessen einzelne Theile durch Sternenwärme (chaleur stellaire) eine sehr verschiedene Temperatur haben." Die Wärme der Wasser unserer artesischen Brunnen wäre also, nach Poisson, bloß eine von außen in den Erdkörper eingedrungene Wärme; und man könnte letzteren "als einen Felsblock betrachten, der vom Aequator nach dem Pole geschafft wurde, aber
einer zu kleinen Abplattung der Erde und durch die unsichere Schätzung der Gesteins-Dichtigkeit der Oberfläche hatte man früher die mittlere Dichtigkeit der Erde ebenfalls, wie in den Versuchen auf und an den Bergen, um 1/6 zu klein gefunden: 4,761 (Laplace, Mécan. cél. T. V. p. 46) oder 4,785 (Eduard Schmidt, Lehrb. der math. Geogr. Bd. I. § 387 und 418). — Ueber die weiter unten (S. 178) angeführte Halley'sche Hypothese von der Erde als Hohlkugel (dem Keime Franklin'scher Ideen über das Erdbeben) s. Phil. Transact. for the year 1693 Vol. XVII. p. 563 (On the structure of the internal parts of the Earth and the concave habitated arch of the shell). Halley hält es für des Schöpfers würdiger, „daß der Erdball wie ein Haus von mehreren Stockwerken, von innen und außen bewohnt sei. Für Licht in der Hohlkugel würde auch wohl (p. 576) auf irgend eine Weise gesorgt werden können.“
7 (S. 179.) Dahin gehören die vortrefflichen analytischen Arbeiten von Fourier, Biot, Laplace, Poisson, Duhamel und Lamé. In seinem Werke Théorie mathématique de la Chaleur 1835 p. 3, 428–430, 436 und 521–524 (s. auch den Auszug von La Rive in der Bibliothèque universelle de Genève T. LX. p. 415) hat Poisson eine von Fourier's Ansicht (Théorie analytique de la Chaleur) ganz abweichende Hypothese entwickelt. Er läugnet den gegenwärtigen flüssigen Zustand des Kerns der Erde; er glaubt, „daß bei dem Erkalten durch Strahlung gegen das die Erde umgebende Mittel die an der Oberfläche zuerst erstarrten Theile herabgesunken sind, und daß durch einen doppelten ab- und aufwärts gehenden Strom die große Ungleichheit vermindert worden ist, welche bei einem festen, von der Oberfläche her erkaltenden Körper statt finden würde.“ Es scheint dem großen Geometer wahrscheinlicher, daß die Erstarrung in den dem Mittelpunkt näher liegenden Schichten angefangen habe; „das Phänomen der mit der Tiefe zunehmenden Wärme erstrecke sich nicht auf die ganze Erdmasse, und sei bloß eine Folge der Bewegung unsres Planetensystems im Weltraume, dessen einzelne Theile durch Sternenwärme (chaleur stellaire) eine sehr verschiedene Temperatur haben.“ Die Wärme der Wasser unserer artesischen Brunnen wäre also, nach Poisson, bloß eine von außen in den Erdkörper eingedrungene Wärme; und man könnte letzteren „als einen Felsblock betrachten, der vom Aequator nach dem Pole geschafft wurde, aber
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[425/0444] ⁶ einer zu kleinen Abplattung der Erde und durch die unsichere Schätzung der Gesteins-Dichtigkeit der Oberfläche hatte man früher die mittlere Dichtigkeit der Erde ebenfalls, wie in den Versuchen auf und an den Bergen, um 1/6 zu klein gefunden: 4,761 (Laplace, Mécan. cél. T. V. p. 46) oder 4,785 (Eduard Schmidt, Lehrb. der math. Geogr. Bd. I. § 387 und 418). — Ueber die weiter unten (S. 178) angeführte Halley'sche Hypothese von der Erde als Hohlkugel (dem Keime Franklin'scher Ideen über das Erdbeben) s. Phil. Transact. for the year 1693 Vol. XVII. p. 563 (On the structure of the internal parts of the Earth and the concave habitated arch of the shell). Halley hält es für des Schöpfers würdiger, „daß der Erdball wie ein Haus von mehreren Stockwerken, von innen und außen bewohnt sei. Für Licht in der Hohlkugel würde auch wohl (p. 576) auf irgend eine Weise gesorgt werden können.“ ⁷ (S. 179.) Dahin gehören die vortrefflichen analytischen Arbeiten von Fourier, Biot, Laplace, Poisson, Duhamel und Lamé. In seinem Werke Théorie mathématique de la Chaleur 1835 p. 3, 428–430, 436 und 521–524 (s. auch den Auszug von La Rive in der Bibliothèque universelle de Genève T. LX. p. 415) hat Poisson eine von Fourier's Ansicht (Théorie analytique de la Chaleur) ganz abweichende Hypothese entwickelt. Er läugnet den gegenwärtigen flüssigen Zustand des Kerns der Erde; er glaubt, „daß bei dem Erkalten durch Strahlung gegen das die Erde umgebende Mittel die an der Oberfläche zuerst erstarrten Theile herabgesunken sind, und daß durch einen doppelten ab- und aufwärts gehenden Strom die große Ungleichheit vermindert worden ist, welche bei einem festen, von der Oberfläche her erkaltenden Körper statt finden würde.“ Es scheint dem großen Geometer wahrscheinlicher, daß die Erstarrung in den dem Mittelpunkt näher liegenden Schichten angefangen habe; „das Phänomen der mit der Tiefe zunehmenden Wärme erstrecke sich nicht auf die ganze Erdmasse, und sei bloß eine Folge der Bewegung unsres Planetensystems im Weltraume, dessen einzelne Theile durch Sternenwärme (chaleur stellaire) eine sehr verschiedene Temperatur haben.“ Die Wärme der Wasser unserer artesischen Brunnen wäre also, nach Poisson, bloß eine von außen in den Erdkörper eingedrungene Wärme; und man könnte letzteren „als einen Felsblock betrachten, der vom Aequator nach dem Pole geschafft wurde, aber

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845, S. 425. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos01_1845/444>, abgerufen am 23.11.2024.