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Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845.

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denen nicht auffallend sein, welche mit der neueren Geschichte des Magnetismus und dem durch dieselbe angeregten Zweifel vertraut sind, auch aus eigener Erfahrung wissen, daß man einigen Werth auf das legt, womit man sich fünf Jahre lang ununterbrochen unter den Beschwerden des Tropenklima's und gewagter Gebirgsreisen beschäftigt hat.
30 (S. 194.) Das Maximum der Intensität der ganzen Erdoberfläche ist nach den bisher gesammelten Beobachtungen 2,052, das Minimum 0,706. Beide Erscheinungen gehören der südlichen Hemisphäre an: die erste der Br. 73° 47' S. und Länge 169° 30' O., nahe bei Mount Crozier, in WNW des südlichen Magnetpols, an einem Punkte, wo Capitän James Roß die Inclination der Nadel 87° 11' fand (Sabine, Contributions to terrestrial Magnetism 1843 No. 5. p. 231); die zweite, von Erman beobachtete, unter Br. 19° 59' S. und Länge 37° 24' W., an 80 Meilen östlich von der brasilianischen Küste der Provinz Espiritu Santo (Erman, Phys. Beob. 1841 S. 570), an einem Punkte, wo die Inclination nur 7° 55' ist. Das genaue Verhältniß der Intensitäten ist also wie 1 zu 2,906. Man hatte lange geglaubt, die stärkste Intensität der magnetischen Erdkraft sei nur zwei und ein halbmal so groß, als die schwächste, welche die Oberfläche unsers Planeten zeigt (Sabine, Report on magn. Intensity p. 82).
31 (S. 194.) Vom Bernstein (succinum, glessum) sagt Plinius XXXVII, 3: "Genera ejus plura. Attritu digitorum accepta caloris anima trahunt in se paleas ac folia arida quae levia sunt, ac ut magnes lapis ferri ramenta quoque." (Plato in Timaeo p. 80; Martin, Etudes sur le Timee T. II. p. 343-346; Strabo XV. p. 703, Casaub.; Clemens Alex. Strom. II. p. 370, wo sonderbar genug to soukhion und to elektron unterschieden werden.) Wenn Thales in Aristot. de anima I, 2 und Hippias in Diog. Laertio I, 24 dem Magnet und dem Bernstein eine Seele zuschreiben, so deutet diese Beseelung nur auf ein bewegendes Princip.
32 (S. 194.) "Der Magnet zieht das Eisen, wie der Bernstein die kleinsten Senfkörner, an. Es ist wie ein Windeshauch, der beide geheimnißvoll durchwehet und pfeilschnell sich mittheilt." Diese Worte gehören dem Kuopho, einem chinesischen Lobredner des Magnets, Schriftsteller aus dem Anfang des 4ten Jahrhunderts (Klaproth, Lettre a M. A. de Humboldt, sur l'invention de la boussole, 1834 p. 125).
denen nicht auffallend sein, welche mit der neueren Geschichte des Magnetismus und dem durch dieselbe angeregten Zweifel vertraut sind, auch aus eigener Erfahrung wissen, daß man einigen Werth auf das legt, womit man sich fünf Jahre lang ununterbrochen unter den Beschwerden des Tropenklima's und gewagter Gebirgsreisen beschäftigt hat.
30 (S. 194.) Das Maximum der Intensität der ganzen Erdoberfläche ist nach den bisher gesammelten Beobachtungen 2,052, das Minimum 0,706. Beide Erscheinungen gehören der südlichen Hemisphäre an: die erste der Br. 73° 47′ S. und Länge 169° 30′ O., nahe bei Mount Crozier, in WNW des südlichen Magnetpols, an einem Punkte, wo Capitän James Roß die Inclination der Nadel 87° 11′ fand (Sabine, Contributions to terrestrial Magnetism 1843 No. 5. p. 231); die zweite, von Erman beobachtete, unter Br. 19° 59′ S. und Länge 37° 24′ W., an 80 Meilen östlich von der brasilianischen Küste der Provinz Espiritu Santo (Erman, Phys. Beob. 1841 S. 570), an einem Punkte, wo die Inclination nur 7° 55′ ist. Das genaue Verhältniß der Intensitäten ist also wie 1 zu 2,906. Man hatte lange geglaubt, die stärkste Intensität der magnetischen Erdkraft sei nur zwei und ein halbmal so groß, als die schwächste, welche die Oberfläche unsers Planeten zeigt (Sabine, Report on magn. Intensity p. 82).
31 (S. 194.) Vom Bernstein (succinum, glessum) sagt Plinius XXXVII, 3: „Genera ejus plura. Attritu digitorum accepta caloris anima trahunt in se paleas ac folia arida quae levia sunt, ac ut magnes lapis ferri ramenta quoque.“ (Plato in Timaeo p. 80; Martin, Études sur le Timée T. II. p. 343–346; Strabo XV. p. 703, Casaub.; Clemens Alex. Strom. II. p. 370, wo sonderbar genug τὸ σούχιον und τὸ ἤλεκτρον unterschieden werden.) Wenn Thales in Aristot. de anima I, 2 und Hippias in Diog. Laertio I, 24 dem Magnet und dem Bernstein eine Seele zuschreiben, so deutet diese Beseelung nur auf ein bewegendes Princip.
32 (S. 194.) „Der Magnet zieht das Eisen, wie der Bernstein die kleinsten Senfkörner, an. Es ist wie ein Windeshauch, der beide geheimnißvoll durchwehet und pfeilschnell sich mittheilt.“ Diese Worte gehören dem Kuopho, einem chinesischen Lobredner des Magnets, Schriftsteller aus dem Anfang des 4ten Jahrhunderts (Klaproth, Lettre à M. A. de Humboldt, sur l'invention de la boussole, 1834 p. 125).
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denen nicht auffallend sein, welche mit der neueren Geschichte des Magnetismus und dem durch dieselbe angeregten Zweifel vertraut sind, auch aus eigener Erfahrung wissen, daß man einigen Werth auf das legt, womit man sich fünf Jahre lang ununterbrochen unter den Beschwerden des Tropenklima's und gewagter Gebirgsreisen beschäftigt hat.</note>
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[435/0454] ²⁹ denen nicht auffallend sein, welche mit der neueren Geschichte des Magnetismus und dem durch dieselbe angeregten Zweifel vertraut sind, auch aus eigener Erfahrung wissen, daß man einigen Werth auf das legt, womit man sich fünf Jahre lang ununterbrochen unter den Beschwerden des Tropenklima's und gewagter Gebirgsreisen beschäftigt hat. ³⁰ (S. 194.) Das Maximum der Intensität der ganzen Erdoberfläche ist nach den bisher gesammelten Beobachtungen 2,052, das Minimum 0,706. Beide Erscheinungen gehören der südlichen Hemisphäre an: die erste der Br. 73° 47′ S. und Länge 169° 30′ O., nahe bei Mount Crozier, in WNW des südlichen Magnetpols, an einem Punkte, wo Capitän James Roß die Inclination der Nadel 87° 11′ fand (Sabine, Contributions to terrestrial Magnetism 1843 No. 5. p. 231); die zweite, von Erman beobachtete, unter Br. 19° 59′ S. und Länge 37° 24′ W., an 80 Meilen östlich von der brasilianischen Küste der Provinz Espiritu Santo (Erman, Phys. Beob. 1841 S. 570), an einem Punkte, wo die Inclination nur 7° 55′ ist. Das genaue Verhältniß der Intensitäten ist also wie 1 zu 2,906. Man hatte lange geglaubt, die stärkste Intensität der magnetischen Erdkraft sei nur zwei und ein halbmal so groß, als die schwächste, welche die Oberfläche unsers Planeten zeigt (Sabine, Report on magn. Intensity p. 82). ³¹ (S. 194.) Vom Bernstein (succinum, glessum) sagt Plinius XXXVII, 3: „Genera ejus plura. Attritu digitorum accepta caloris anima trahunt in se paleas ac folia arida quae levia sunt, ac ut magnes lapis ferri ramenta quoque.“ (Plato in Timaeo p. 80; Martin, Études sur le Timée T. II. p. 343–346; Strabo XV. p. 703, Casaub.; Clemens Alex. Strom. II. p. 370, wo sonderbar genug τὸ σούχιον und τὸ ἤλεκτρον unterschieden werden.) Wenn Thales in Aristot. de anima I, 2 und Hippias in Diog. Laertio I, 24 dem Magnet und dem Bernstein eine Seele zuschreiben, so deutet diese Beseelung nur auf ein bewegendes Princip. ³² (S. 194.) „Der Magnet zieht das Eisen, wie der Bernstein die kleinsten Senfkörner, an. Es ist wie ein Windeshauch, der beide geheimnißvoll durchwehet und pfeilschnell sich mittheilt.“ Diese Worte gehören dem Kuopho, einem chinesischen Lobredner des Magnets, Schriftsteller aus dem Anfang des 4ten Jahrhunderts (Klaproth, Lettre à M. A. de Humboldt, sur l'invention de la boussole, 1834 p. 125).

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Moritz Bodner: Erstellung bzw. Korrektur der griechischen Textpassagen (2013-04-18T11:04:31Z)



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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845, S. 435. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos01_1845/454>, abgerufen am 28.09.2024.