Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847.der Hain von Kolonos wird in dem berühmten Chore des Sophokles gefeiert. Wie nun das Naturgefühl sich in der Auswahl und sorgfältigen Pflege geheiligter Gegenstände des Pflanzenreichs aussprach, so offenbarte es sich noch lebendiger und mannigfaltiger in den Gartenanlagen früh cultivirter ostasiatischer Völker. In dem fernsten Theile des alten Continents scheinen die chinesischen Gärten sich am meisten dem genähert zu haben, was wir jetzt englische Parks zu nennen pflegen. Unter der siegreichen Dynastie der Han hatten freie Gartenanlagen so viele Meilen im Umfange, daß der Ackerbau durch sie gefährdet34 und das Volk zum Aufruhr angeregt wurde. "Was sucht man", sagt ein alter chinesischer Schriftsteller, Lieu-tscheu, "in der Freude an einem Lustgarten? In allen Jahrhunderten ist man darin übereingekommen, daß die Pflanzung den Menschen für alles Anmuthige entschädigen soll, was ihm die Entfernung von dem Leben in der freien Natur, seinem eigentlichen und liebsten Aufenthalte, entzieht. Die Kunst den Garten anzulegen besteht also in dem Bestreben Heiterkeit (der Aussicht), Ueppigkeit des Wachsthums, Schatten, Einsamkeit und Ruhe so zu vereinigen, daß durch den ländlichen Anblick die Sinne getäuscht werden. Die Mannigfaltigkeit, welche der Hauptvorzug der freien Landschaft ist, muß also gesucht werden in der Auswahl des Bodens, in dem Wechsel von Hügelketten und Thalschluchten, von Bächen und Seen, die mit Wasserpflanzen bedeckt sind. Alle Symmetrie ist ermüdend; Ueberdruß und Langeweile werden in Gärten erzeugt, in welchen jede Anlage Zwang und Kunst verräth."35 Eine Beschreibung, welche uns Sir George der Hain von Kolonos wird in dem berühmten Chore des Sophokles gefeiert. Wie nun das Naturgefühl sich in der Auswahl und sorgfältigen Pflege geheiligter Gegenstände des Pflanzenreichs aussprach, so offenbarte es sich noch lebendiger und mannigfaltiger in den Gartenanlagen früh cultivirter ostasiatischer Völker. In dem fernsten Theile des alten Continents scheinen die chinesischen Gärten sich am meisten dem genähert zu haben, was wir jetzt englische Parks zu nennen pflegen. Unter der siegreichen Dynastie der Han hatten freie Gartenanlagen so viele Meilen im Umfange, daß der Ackerbau durch sie gefährdet34 und das Volk zum Aufruhr angeregt wurde. „Was sucht man", sagt ein alter chinesischer Schriftsteller, Lieu-tscheu, „in der Freude an einem Lustgarten? In allen Jahrhunderten ist man darin übereingekommen, daß die Pflanzung den Menschen für alles Anmuthige entschädigen soll, was ihm die Entfernung von dem Leben in der freien Natur, seinem eigentlichen und liebsten Aufenthalte, entzieht. Die Kunst den Garten anzulegen besteht also in dem Bestreben Heiterkeit (der Aussicht), Ueppigkeit des Wachsthums, Schatten, Einsamkeit und Ruhe so zu vereinigen, daß durch den ländlichen Anblick die Sinne getäuscht werden. Die Mannigfaltigkeit, welche der Hauptvorzug der freien Landschaft ist, muß also gesucht werden in der Auswahl des Bodens, in dem Wechsel von Hügelketten und Thalschluchten, von Bächen und Seen, die mit Wasserpflanzen bedeckt sind. 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der Hain von Kolonos wird in dem berühmten Chore des Sophokles gefeiert.
Wie nun das Naturgefühl sich in der Auswahl und sorgfältigen Pflege geheiligter Gegenstände des Pflanzenreichs aussprach, so offenbarte es sich noch lebendiger und mannigfaltiger in den Gartenanlagen früh cultivirter ostasiatischer Völker. In dem fernsten Theile des alten Continents scheinen die chinesischen Gärten sich am meisten dem genähert zu haben, was wir jetzt englische Parks zu nennen pflegen. Unter der siegreichen Dynastie der Han hatten freie Gartenanlagen so viele Meilen im Umfange, daß der Ackerbau durch sie gefährdet
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und das Volk zum Aufruhr angeregt wurde. „Was sucht man", sagt ein alter chinesischer Schriftsteller, Lieu-tscheu, „in der Freude an einem Lustgarten? In allen Jahrhunderten ist man darin übereingekommen, daß die Pflanzung den Menschen für alles Anmuthige entschädigen soll, was ihm die Entfernung von dem Leben in der freien Natur, seinem eigentlichen und liebsten Aufenthalte, entzieht. Die Kunst den Garten anzulegen besteht also in dem Bestreben Heiterkeit (der Aussicht), Ueppigkeit des Wachsthums, Schatten, Einsamkeit und Ruhe so zu vereinigen, daß durch den ländlichen Anblick die Sinne getäuscht werden. Die Mannigfaltigkeit, welche der Hauptvorzug der freien Landschaft ist, muß also gesucht werden in der Auswahl des Bodens, in dem Wechsel von Hügelketten und Thalschluchten, von Bächen und Seen, die mit Wasserpflanzen bedeckt sind. Alle Symmetrie ist ermüdend; Ueberdruß und Langeweile werden in Gärten erzeugt, in welchen jede Anlage Zwang und Kunst verräth."
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