Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847.Sinn hatten. Auch die Gestaltung der einzelnen Bäume, die Art ihrer Verzweigung, die Richtung der Aeste, die Form ihres Laubes werden mit besonderer Vorliebe behandelt.38 Wenn ich der, leider! zu langsam unter uns verschwindenden Abneigung gegen die chinesische Litteratur nicht nachgebe und bei den Naturansichten eines Zeitgenossen Friedrichs des Großen nur zu lange verweilt bin, so ist es hier um so mehr meine Pflicht sieben und ein halbes Jahrhundert weiter hinaufzusteigen und an das Gartengedicht des Seema-kuang, eines berühmten Staatsmannes, zu erinnern. Die Anlagen, welche das Gedicht beschreibt, sind freilich theilweise voller Baulichkeiten, nach Art der alten italischen Villen; aber der Minister besingt auch eine Einsiedelei, die zwischen Felsen liegt und von hohen Tannen umgeben ist. Er lobt die freie Aussicht auf den breiten, vielbeschifften Strom Kiang; er fürchtet selbst die Freunde nicht, wenn sie kommen, ihm ihre Gedichte vorzulesen, weil sie auch die seinigen anhören.39 See-ma-kuang schrieb um das Jahr 1086, als in Deutschland die Poesie in den Händen einer rohen Geistlichkeit, nicht einmal in der vaterländischen Sprache auftrat. Damals, und vielleicht ein halbes Jahrtausend früher, waren die Bewohner von China, Hinterindien und Japan schon mit einer großen Mannigfaltigkeit von Pflanzenformen bekannt. Der innige Zusammenhang, welcher sich zwischen den buddhistischen Mönchsanstalten erhielt, übte auch in diesem Punkte seinen Einfluß aus. Tempel, Klöster und Begräbnißplätze wurden von Gartenanlagen umgeben, welche mit ausländischen Bäumen und einem Teppich vielfarbiger, vielgestalteter Blumen geschmückt waren. Indische Pflanzen wurden früh schon nach China, Korea und Nipon Sinn hatten. Auch die Gestaltung der einzelnen Bäume, die Art ihrer Verzweigung, die Richtung der Aeste, die Form ihres Laubes werden mit besonderer Vorliebe behandelt.38 Wenn ich der, leider! zu langsam unter uns verschwindenden Abneigung gegen die chinesische Litteratur nicht nachgebe und bei den Naturansichten eines Zeitgenossen Friedrichs des Großen nur zu lange verweilt bin, so ist es hier um so mehr meine Pflicht sieben und ein halbes Jahrhundert weiter hinaufzusteigen und an das Gartengedicht des Seema-kuang, eines berühmten Staatsmannes, zu erinnern. Die Anlagen, welche das Gedicht beschreibt, sind freilich theilweise voller Baulichkeiten, nach Art der alten italischen Villen; aber der Minister besingt auch eine Einsiedelei, die zwischen Felsen liegt und von hohen Tannen umgeben ist. Er lobt die freie Aussicht auf den breiten, vielbeschifften Strom Kiang; er fürchtet selbst die Freunde nicht, wenn sie kommen, ihm ihre Gedichte vorzulesen, weil sie auch die seinigen anhören.39 See-ma-kuang schrieb um das Jahr 1086, als in Deutschland die Poesie in den Händen einer rohen Geistlichkeit, nicht einmal in der vaterländischen Sprache auftrat. Damals, und vielleicht ein halbes Jahrtausend früher, waren die Bewohner von China, Hinterindien und Japan schon mit einer großen Mannigfaltigkeit von Pflanzenformen bekannt. Der innige Zusammenhang, welcher sich zwischen den buddhistischen Mönchsanstalten erhielt, übte auch in diesem Punkte seinen Einfluß aus. Tempel, Klöster und Begräbnißplätze wurden von Gartenanlagen umgeben, welche mit ausländischen Bäumen und einem Teppich vielfarbiger, vielgestalteter Blumen geschmückt waren. 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Tempel, Klöster und Begräbnißplätze wurden von Gartenanlagen umgeben, welche mit ausländischen Bäumen und einem Teppich vielfarbiger, vielgestalteter Blumen geschmückt waren. Indische Pflanzen wurden früh schon nach China, Korea und Nipon </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [102/0107]
Sinn hatten. Auch die Gestaltung der einzelnen Bäume, die Art ihrer Verzweigung, die Richtung der Aeste, die Form ihres Laubes werden mit besonderer Vorliebe behandelt.
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Wenn ich der, leider! zu langsam unter uns verschwindenden Abneigung gegen die chinesische Litteratur nicht nachgebe und bei den Naturansichten eines Zeitgenossen Friedrichs des Großen nur zu lange verweilt bin, so ist es hier um so mehr meine Pflicht sieben und ein halbes Jahrhundert weiter hinaufzusteigen und an das Gartengedicht des Seema-kuang, eines berühmten Staatsmannes, zu erinnern. Die Anlagen, welche das Gedicht beschreibt, sind freilich theilweise voller Baulichkeiten, nach Art der alten italischen Villen; aber der Minister besingt auch eine Einsiedelei, die zwischen Felsen liegt und von hohen Tannen umgeben ist. Er lobt die freie Aussicht auf den breiten, vielbeschifften Strom Kiang; er fürchtet selbst die Freunde nicht, wenn sie kommen, ihm ihre Gedichte vorzulesen, weil sie auch die seinigen anhören.
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See-ma-kuang schrieb um das Jahr 1086, als in Deutschland die Poesie in den Händen einer rohen Geistlichkeit, nicht einmal in der vaterländischen Sprache auftrat.
Damals, und vielleicht ein halbes Jahrtausend früher, waren die Bewohner von China, Hinterindien und Japan schon mit einer großen Mannigfaltigkeit von Pflanzenformen bekannt. Der innige Zusammenhang, welcher sich zwischen den buddhistischen Mönchsanstalten erhielt, übte auch in diesem Punkte seinen Einfluß aus. Tempel, Klöster und Begräbnißplätze wurden von Gartenanlagen umgeben, welche mit ausländischen Bäumen und einem Teppich vielfarbiger, vielgestalteter Blumen geschmückt waren. Indische Pflanzen wurden früh schon nach China, Korea und Nipon
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