Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847.Traumes von Dom Manoel schildert eine indische Berg- und Waldgegend, canto IV est. 70. 96 (S. 62.) Aus Vorliebe für die alte spanische Litteratur und für den reizenden Himmelsstrich, in welchem die Araucana des Alonso de Ercilla y Zundiga gedichtet wurde, habe ich gewissenhaft das, leider 42000 Verse lange Epos zweimal ganz gelesen: einmal in Peru, das andere Mal neuerlichst in Paris, als ich zur Vergleichung mit dem Ercilla durch die Güte eines gelehrten Reisenden, Herrn Ternaux Compans, ein sehr seltenes 1596 in Lima gedrucktes Buch, die neunzehn Gesänge des Arauco domado compuesto por el Licenciado Pedro de Onna, natural de los Infantes de Engol en Chile, erhielt. Von dem Epos des Ercilla, in dem Voltaire eine "Ilias", Sismondi eine "Zeitung in Reimen" zu sehen glauben, sind die ersten funfzehn Gesänge zwischen 1555 und 1563 gedichtet und schon 1569 erschienen; die letzten wurden erst 1590 gedruckt, nur sechs Jahre vor dem elenden Gedichte von Pedro de Onna, das denselben Titel führt als eines der dramatischen Meisterwerke des Lope de Vega, in welchem aber der Cacique Caupolican wieder die Hauptrolle spielt. Ercilla ist naiv und treuherzig, besonders in den Theilen seiner Composition, die er im Felde, aus Mangel an Papier, auf Baumrinde und Thierfelle schrieb. Die Schilderung seiner Dürftigkeit und des Undanks, welchen auch er an König Philipps Hofe erfuhr, ist überaus rührend, besonders am Schluß des 37sten Gesanges: "Climas passe, mude constelaciones, Golfos inavegables navegando, Estendiendo, Sennor, Vuestra Corona Hasta la austral frigida zona ..." "Die Blüthenzeit meines Lebens ist dahin; ich werde, spät belehrt, dem Irdischen entsagen, weinen und nicht mehr singen." Die Naturbeschreibungen (der Garten des Zauberers, der Sturm, den Eponamon erregt, die Schilderung des Meeres; P. I. p. 80, 135 und 173, P. II. p. 130 und 161 in der Ausgabe von 1733) entbehren alles Naturgefühls; die geographischen Wortregister (canto XXVII) sind so gehäuft, daß in einer Ottave 27 Eigennamen unmittelbar auf einander folgen. Die Parte II. der Araucana ist nicht von Ercilla, sondern eine Fortsetzung in 20 cantos von Diego de
Traumes von Dom Manoel schildert eine indische Berg- und Waldgegend, canto IV est. 70. 96 (S. 62.) Aus Vorliebe für die alte spanische Litteratur und für den reizenden Himmelsstrich, in welchem die Araucana des Alonso de Ercilla y Zuñiga gedichtet wurde, habe ich gewissenhaft das, leider 42000 Verse lange Epos zweimal ganz gelesen: einmal in Peru, das andere Mal neuerlichst in Paris, als ich zur Vergleichung mit dem Ercilla durch die Güte eines gelehrten Reisenden, Herrn Ternaux Compans, ein sehr seltenes 1596 in Lima gedrucktes Buch, die neunzehn Gesänge des Arauco domado compuesto por el Licenciado Pedro de Oña, natural de los Infantes de Engol en Chile, erhielt. Von dem Epos des Ercilla, in dem Voltaire eine „Ilias", Sismondi eine „Zeitung in Reimen" zu sehen glauben, sind die ersten funfzehn Gesänge zwischen 1555 und 1563 gedichtet und schon 1569 erschienen; die letzten wurden erst 1590 gedruckt, nur sechs Jahre vor dem elenden Gedichte von Pedro de Oña, das denselben Titel führt als eines der dramatischen Meisterwerke des Lope de Vega, in welchem aber der Cacique Caupolican wieder die Hauptrolle spielt. Ercilla ist naiv und treuherzig, besonders in den Theilen seiner Composition, die er im Felde, aus Mangel an Papier, auf Baumrinde und Thierfelle schrieb. Die Schilderung seiner Dürftigkeit und des Undanks, welchen auch er an König Philipps Hofe erfuhr, ist überaus rührend, besonders am Schluß des 37sten Gesanges: „Climas passè, mudè constelaciones, Golfos inavegables navegando, Estendiendo, Señor, Vuestra Corona Hasta la austral frigida zona ..." „Die Blüthenzeit meines Lebens ist dahin; ich werde, spät belehrt, dem Irdischen entsagen, weinen und nicht mehr singen." Die Naturbeschreibungen (der Garten des Zauberers, der Sturm, den Eponamon erregt, die Schilderung des Meeres; P. I. p. 80, 135 und 173, P. II. p. 130 und 161 in der Ausgabe von 1733) entbehren alles Naturgefühls; die geographischen Wortregister (canto XXVII) sind so gehäuft, daß in einer Ottave 27 Eigennamen unmittelbar auf einander folgen. Die Parte II. der Araucana ist nicht von Ercilla, sondern eine Fortsetzung in 20 cantos von Diego de
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⁹⁵ Traumes von Dom Manoel schildert eine indische Berg- und Waldgegend, canto IV est. 70.
⁹⁶ (S. 62.) Aus Vorliebe für die alte spanische Litteratur und für den reizenden Himmelsstrich, in welchem die Araucana des Alonso de Ercilla y Zuñiga gedichtet wurde, habe ich gewissenhaft das, leider 42000 Verse lange Epos zweimal ganz gelesen: einmal in Peru, das andere Mal neuerlichst in Paris, als ich zur Vergleichung mit dem Ercilla durch die Güte eines gelehrten Reisenden, Herrn Ternaux Compans, ein sehr seltenes 1596 in Lima gedrucktes Buch, die neunzehn Gesänge des Arauco domado compuesto por el Licenciado Pedro de Oña, natural de los Infantes de Engol en Chile, erhielt. Von dem Epos des Ercilla, in dem Voltaire eine „Ilias", Sismondi eine „Zeitung in Reimen" zu sehen glauben, sind die ersten funfzehn Gesänge zwischen 1555 und 1563 gedichtet und schon 1569 erschienen; die letzten wurden erst 1590 gedruckt, nur sechs Jahre vor dem elenden Gedichte von Pedro de Oña, das denselben Titel führt als eines der dramatischen Meisterwerke des Lope de Vega, in welchem aber der Cacique Caupolican wieder die Hauptrolle spielt. Ercilla ist naiv und treuherzig, besonders in den Theilen seiner Composition, die er im Felde, aus Mangel an Papier, auf Baumrinde und Thierfelle schrieb. Die Schilderung seiner Dürftigkeit und des Undanks, welchen auch er an König Philipps Hofe erfuhr, ist überaus rührend, besonders am Schluß des 37sten Gesanges:
„Climas passè, mudè constelaciones,
Golfos inavegables navegando,
Estendiendo, Señor, Vuestra Corona
Hasta la austral frigida zona ..."
„Die Blüthenzeit meines Lebens ist dahin; ich werde, spät belehrt, dem Irdischen entsagen, weinen und nicht mehr singen." Die Naturbeschreibungen (der Garten des Zauberers, der Sturm, den Eponamon erregt, die Schilderung des Meeres; P. I. p. 80, 135 und 173, P. II. p. 130 und 161 in der Ausgabe von 1733) entbehren alles Naturgefühls; die geographischen Wortregister (canto XXVII) sind so gehäuft, daß in einer Ottave 27 Eigennamen unmittelbar auf einander folgen. Die Parte II. der Araucana ist nicht von Ercilla, sondern eine Fortsetzung in 20 cantos von Diego de
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