Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847.Kosmos, bald Geschichte der physischen Weltanschauung nenne, darf also nicht verwechselt werden mit der Geschichte der Naturwissenschaften, wie sie mehrere unserer vorzüglichsten Lehrbücher der Physik oder die der Morphologie der Pflanzen und Thiere liefern. Um Rechenschaft von der Bedeutung dessen zu geben, was hier unter den Gesichtspunkt einzelner historischer Momente zusammenzustellen ist, scheint es am geeignetsten beispielsweise aufzuführen, was nach dem Zweck dieser Blätter behandelt oder ausgeschlossen werden muß. In die Geschichte des Naturganzen gehören die Entdeckungen des zusammengesetzten Microscops, des Fernrohrs und der farbigen Polarisation: weil sie Mittel verschafft haben das, was allen Organismen gemeinsam ist, aufzufinden, in die fernsten Himmelsräume zu dringen und das erborgte, reflectirte Licht von dem selbstleuchtender Körper zu unterscheiden, d. i. zu bestimmen, ob das Sonnenlicht aus einer festen Masse oder aus einer gasförmigen Umhüllung ausstrahle. Die Aufzählung der Versuche aber, welche seit Huygens allmälig auf Arago's Entdeckung der farbigen Polarisation geleitet haben, werden der Geschichte der Optik vorbehalten. Eben so verbleibt der Geschichte der Phytognosie oder Botanik die Entwickelung der Grundsätze, nach denen die Masse vielgestalteter Gewächse sich in Familien an einander reihen läßt: während die Geographie der Pflanzen, oder die Einsicht in die örtliche und klimatische Vertheilung der Vegetation über den ganzen Erdkörper, über die Feste und das algenreiche Becken der Meere, einen wichtigen Abschnitt in der Geschichte der physischen Weltanschauung ausmacht. Die denkende Betrachtung dessen, was die Menschen Kosmos, bald Geschichte der physischen Weltanschauung nenne, darf also nicht verwechselt werden mit der Geschichte der Naturwissenschaften, wie sie mehrere unserer vorzüglichsten Lehrbücher der Physik oder die der Morphologie der Pflanzen und Thiere liefern. Um Rechenschaft von der Bedeutung dessen zu geben, was hier unter den Gesichtspunkt einzelner historischer Momente zusammenzustellen ist, scheint es am geeignetsten beispielsweise aufzuführen, was nach dem Zweck dieser Blätter behandelt oder ausgeschlossen werden muß. In die Geschichte des Naturganzen gehören die Entdeckungen des zusammengesetzten Microscops, des Fernrohrs und der farbigen Polarisation: weil sie Mittel verschafft haben das, was allen Organismen gemeinsam ist, aufzufinden, in die fernsten Himmelsräume zu dringen und das erborgte, reflectirte Licht von dem selbstleuchtender Körper zu unterscheiden, d. i. zu bestimmen, ob das Sonnenlicht aus einer festen Masse oder aus einer gasförmigen Umhüllung ausstrahle. Die Aufzählung der Versuche aber, welche seit Huygens allmälig auf Arago's Entdeckung der farbigen Polarisation geleitet haben, werden der Geschichte der Optik vorbehalten. Eben so verbleibt der Geschichte der Phytognosie oder Botanik die Entwickelung der Grundsätze, nach denen die Masse vielgestalteter Gewächse sich in Familien an einander reihen läßt: während die Geographie der Pflanzen, oder die Einsicht in die örtliche und klimatische Vertheilung der Vegetation über den ganzen Erdkörper, über die Feste und das algenreiche Becken der Meere, einen wichtigen Abschnitt in der Geschichte der physischen Weltanschauung ausmacht. 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In die Geschichte des Naturganzen gehören die Entdeckungen des zusammengesetzten Microscops, des Fernrohrs und der farbigen Polarisation: weil sie Mittel verschafft haben das, was allen Organismen gemeinsam ist, aufzufinden, in die fernsten Himmelsräume zu dringen und das erborgte, reflectirte Licht von dem selbstleuchtender Körper zu unterscheiden, d. i. zu bestimmen, ob das Sonnenlicht aus einer festen Masse oder aus einer gasförmigen Umhüllung ausstrahle. Die Aufzählung der Versuche aber, welche seit Huygens allmälig auf Arago's Entdeckung der farbigen Polarisation geleitet haben, werden der Geschichte der Optik vorbehalten. Eben so verbleibt der Geschichte der Phytognosie oder Botanik die Entwickelung der Grundsätze, nach denen die Masse vielgestalteter Gewächse sich in Familien an einander reihen läßt: während die Geographie der Pflanzen, oder die Einsicht in die örtliche und klimatische Vertheilung der Vegetation über den ganzen Erdkörper, über die Feste und das algenreiche Becken der Meere, einen wichtigen Abschnitt in der Geschichte der physischen Weltanschauung ausmacht.</p> <p>Die denkende Betrachtung dessen, was die Menschen </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [136/0141]
Kosmos, bald Geschichte der physischen Weltanschauung nenne, darf also nicht verwechselt werden mit der Geschichte der Naturwissenschaften, wie sie mehrere unserer vorzüglichsten Lehrbücher der Physik oder die der Morphologie der Pflanzen und Thiere liefern.
Um Rechenschaft von der Bedeutung dessen zu geben, was hier unter den Gesichtspunkt einzelner historischer Momente zusammenzustellen ist, scheint es am geeignetsten beispielsweise aufzuführen, was nach dem Zweck dieser Blätter behandelt oder ausgeschlossen werden muß. In die Geschichte des Naturganzen gehören die Entdeckungen des zusammengesetzten Microscops, des Fernrohrs und der farbigen Polarisation: weil sie Mittel verschafft haben das, was allen Organismen gemeinsam ist, aufzufinden, in die fernsten Himmelsräume zu dringen und das erborgte, reflectirte Licht von dem selbstleuchtender Körper zu unterscheiden, d. i. zu bestimmen, ob das Sonnenlicht aus einer festen Masse oder aus einer gasförmigen Umhüllung ausstrahle. Die Aufzählung der Versuche aber, welche seit Huygens allmälig auf Arago's Entdeckung der farbigen Polarisation geleitet haben, werden der Geschichte der Optik vorbehalten. Eben so verbleibt der Geschichte der Phytognosie oder Botanik die Entwickelung der Grundsätze, nach denen die Masse vielgestalteter Gewächse sich in Familien an einander reihen läßt: während die Geographie der Pflanzen, oder die Einsicht in die örtliche und klimatische Vertheilung der Vegetation über den ganzen Erdkörper, über die Feste und das algenreiche Becken der Meere, einen wichtigen Abschnitt in der Geschichte der physischen Weltanschauung ausmacht.
Die denkende Betrachtung dessen, was die Menschen
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