Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847.so ist es darum nicht minder gewiß, daß die Hellenen die Buchstabenschrift, welche sie lange phönicische Zeichen nannten, durch den Handelsverkehr der Jonier mit den Phöniciern erhielten.26 Nach den Ansichten, die sich seit Champollion's großer Entdeckung immer mehr über die früheren Zustände alphabetischer Schriftentwickelung verbreiten, ist die phönicische wie die ganze semitische Zeichenschrift als ein aus der Bilderschrift allerdings ursprünglich ausgegangenes Lautalphabet zu betrachten, d. h. als ein solches, in dem die ideelle Bedeutung der Bildzeichen völlig unbeachtet bleibt und letztere nur phonetisch, als Lautzeichen, behandelt werden. Ein solches Lautalphabet, seiner Natur und Grundform nach ein Sylbenalphabet, war geeignet alle Bedürfnisse graphischer Darstellung von dem Lautsysteme einer Sprache zu befriedigen. "Als die semitische Schrift", sagt Lepsius in seiner Abhandlung über die Alphabete, "nach Europa zu indogermanischen Völkern überging, die durchgängig eine weit höhere Tendenz zu strenger Sonderung der Vocale und Consonanten zeigen und hierzu durch die weit höhere Bedeutung des Vocalismus in ihren Sprachen geleitet werden mußten, nahm man überaus wichtige und einflußreiche Veränderungen mit diesen Sylbenalphabeten vor."27 Das Streben die Syllabität aufzuheben fand bei den Hellenen seine volle Befriedigung. So verschaffte die Uebertragung der phönicischen Zeichen fast allen Küstenländern des Mittelmeers, ja selbst der Nordwestküste von Afrika, nicht bloß Erleichterung in dem materiellen Handelsverkehr und ein gemeinsames Band, das viele Culturvölker umschlang: nein die Buchstabenschrift, durch ihre graphische Biegsamkeit verallgemeinert, war zu etwas höherem berufen. Sie wurde so ist es darum nicht minder gewiß, daß die Hellenen die Buchstabenschrift, welche sie lange phönicische Zeichen nannten, durch den Handelsverkehr der Jonier mit den Phöniciern erhielten.26 Nach den Ansichten, die sich seit Champollion's großer Entdeckung immer mehr über die früheren Zustände alphabetischer Schriftentwickelung verbreiten, ist die phönicische wie die ganze semitische Zeichenschrift als ein aus der Bilderschrift allerdings ursprünglich ausgegangenes Lautalphabet zu betrachten, d. h. als ein solches, in dem die ideelle Bedeutung der Bildzeichen völlig unbeachtet bleibt und letztere nur phonetisch, als Lautzeichen, behandelt werden. Ein solches Lautalphabet, seiner Natur und Grundform nach ein Sylbenalphabet, war geeignet alle Bedürfnisse graphischer Darstellung von dem Lautsysteme einer Sprache zu befriedigen. „Als die semitische Schrift", sagt Lepsius in seiner Abhandlung über die Alphabete, „nach Europa zu indogermanischen Völkern überging, die durchgängig eine weit höhere Tendenz zu strenger Sonderung der Vocale und Consonanten zeigen und hierzu durch die weit höhere Bedeutung des Vocalismus in ihren Sprachen geleitet werden mußten, nahm man überaus wichtige und einflußreiche Veränderungen mit diesen Sylbenalphabeten vor."27 Das Streben die Syllabität aufzuheben fand bei den Hellenen seine volle Befriedigung. So verschaffte die Uebertragung der phönicischen Zeichen fast allen Küstenländern des Mittelmeers, ja selbst der Nordwestküste von Afrika, nicht bloß Erleichterung in dem materiellen Handelsverkehr und ein gemeinsames Band, das viele Culturvölker umschlang: nein die Buchstabenschrift, durch ihre graphische Biegsamkeit verallgemeinert, war zu etwas höherem berufen. 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so ist es darum nicht minder gewiß, daß die Hellenen die Buchstabenschrift, welche sie lange phönicische Zeichen nannten, durch den Handelsverkehr der Jonier mit den Phöniciern erhielten.
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Nach den Ansichten, die sich seit Champollion's großer Entdeckung immer mehr über die früheren Zustände alphabetischer Schriftentwickelung verbreiten, ist die phönicische wie die ganze semitische Zeichenschrift als ein aus der Bilderschrift allerdings ursprünglich ausgegangenes Lautalphabet zu betrachten, d. h. als ein solches, in dem die ideelle Bedeutung der Bildzeichen völlig unbeachtet bleibt und letztere nur phonetisch, als Lautzeichen, behandelt werden. Ein solches Lautalphabet, seiner Natur und Grundform nach ein Sylbenalphabet, war geeignet alle Bedürfnisse graphischer Darstellung von dem Lautsysteme einer Sprache zu befriedigen. „Als die semitische Schrift", sagt Lepsius in seiner Abhandlung über die Alphabete, „nach Europa zu indogermanischen Völkern überging, die durchgängig eine weit höhere Tendenz zu strenger Sonderung der Vocale und Consonanten zeigen und hierzu durch die weit höhere Bedeutung des Vocalismus in ihren Sprachen geleitet werden mußten, nahm man überaus wichtige und einflußreiche Veränderungen mit diesen Sylbenalphabeten vor."
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Das Streben die Syllabität aufzuheben fand bei den Hellenen seine volle Befriedigung. So verschaffte die Uebertragung der phönicischen Zeichen fast allen Küstenländern des Mittelmeers, ja selbst der Nordwestküste von Afrika, nicht bloß Erleichterung in dem materiellen Handelsverkehr und ein gemeinsames Band, das viele Culturvölker umschlang: nein die Buchstabenschrift, durch ihre graphische Biegsamkeit verallgemeinert, war zu etwas höherem berufen. Sie wurde
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