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Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847.

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Urvölkern zu vergleichen. Die Gliederung der Menschheit in Abarten; ihre Vertheilung auf dem Erdboden, mehr als Folge geschichtlicher Ereignisse als des langdauernden klimatischen Einflusses da, wo die Typen einmal festgesetzt sind; der scheinbare Widerspruch zwischen Färbung und Wohnort mußten denkende Beobachter auf das lebhafteste anregen. Noch findet sich im Inneren des großen indischen Landes ein weites Gebiet, das von sehr dunkel, fast schwarz gefärbten, von den später eingedrungenen helleren arischen Stämmen gänzlich verschiedenen Ureinwohnern bevölkert ist. Dahin gehören unter den Vindhya-Völkern die Gonda, die Bhilla in den Waldgebirgen von Malava und Guzerat, wie die Kola von Orissa. Der scharfsinnige Lassen hält es für wahrscheinlich, daß zu Herodots Zeit die schwarze asiatische Race, dessen "Aethiopier vom Aufgang der Sonne", den libyschen wohl in der Hautfarbe, aber nicht in der Beschaffenheit des Haares ähnlich, viel weiter als jetzt gegen Nordwesten verbreitet waren.4 Eben so dehnten im alten ägyptischen Reiche die eigentlichen wollhaarigen, oft besiegten Negerstämme ihre Wohnsitze weit in das nördliche Nubien aus.5

Zu der Bereicherung des Ideenkreises, welche aus dem Anblick vieler neuen physischen Erscheinungen, wie aus dem Contact mit verschiedenen Volksstämmen und ihrer contrastirenden Civilisation entsprang, gesellten sich leider! nicht die Früchte ethnologischer Sprachvergleichung, in so fern dieselbe philosophisch, abhängig von den Grundverhältnissen des Gedankens6, oder bloß historisch ist. Diese Art der Untersuchung war dem sogenannten classischen Alterthume fremd. Dagegen lieferte Alexanders

Urvölkern zu vergleichen. Die Gliederung der Menschheit in Abarten; ihre Vertheilung auf dem Erdboden, mehr als Folge geschichtlicher Ereignisse als des langdauernden klimatischen Einflusses da, wo die Typen einmal festgesetzt sind; der scheinbare Widerspruch zwischen Färbung und Wohnort mußten denkende Beobachter auf das lebhafteste anregen. Noch findet sich im Inneren des großen indischen Landes ein weites Gebiet, das von sehr dunkel, fast schwarz gefärbten, von den später eingedrungenen helleren arischen Stämmen gänzlich verschiedenen Ureinwohnern bevölkert ist. Dahin gehören unter den Vindhya-Völkern die Gonda, die Bhilla in den Waldgebirgen von Malava und Guzerat, wie die Kola von Orissa. Der scharfsinnige Lassen hält es für wahrscheinlich, daß zu Herodots Zeit die schwarze asiatische Race, dessen „Aethiopier vom Aufgang der Sonne", den libyschen wohl in der Hautfarbe, aber nicht in der Beschaffenheit des Haares ähnlich, viel weiter als jetzt gegen Nordwesten verbreitet waren.4 Eben so dehnten im alten ägyptischen Reiche die eigentlichen wollhaarigen, oft besiegten Negerstämme ihre Wohnsitze weit in das nördliche Nubien aus.5

Zu der Bereicherung des Ideenkreises, welche aus dem Anblick vieler neuen physischen Erscheinungen, wie aus dem Contact mit verschiedenen Volksstämmen und ihrer contrastirenden Civilisation entsprang, gesellten sich leider! nicht die Früchte ethnologischer Sprachvergleichung, in so fern dieselbe philosophisch, abhängig von den Grundverhältnissen des Gedankens6, oder bloß historisch ist. Diese Art der Untersuchung war dem sogenannten classischen Alterthume fremd. Dagegen lieferte Alexanders

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Urvölkern zu vergleichen. Die Gliederung der Menschheit in Abarten; ihre Vertheilung auf dem Erdboden, mehr als Folge geschichtlicher Ereignisse als des langdauernden klimatischen Einflusses da, wo die Typen einmal festgesetzt sind; der scheinbare Widerspruch zwischen Färbung und Wohnort mußten denkende Beobachter auf das lebhafteste anregen. Noch findet sich im Inneren des großen indischen Landes ein weites Gebiet, das von sehr dunkel, fast schwarz gefärbten, von den später eingedrungenen helleren arischen Stämmen gänzlich verschiedenen Ureinwohnern bevölkert ist. Dahin gehören unter den Vindhya-Völkern die Gonda, die Bhilla in den Waldgebirgen von Malava und Guzerat, wie die Kola von Orissa. Der scharfsinnige Lassen hält es für wahrscheinlich, daß zu Herodots Zeit die schwarze asiatische Race, dessen &#x201E;Aethiopier vom Aufgang der Sonne", den libyschen wohl in der Hautfarbe, aber nicht in der Beschaffenheit des Haares ähnlich, viel weiter als jetzt gegen Nordwesten verbreitet waren.<note xml:id="ftn243" next="#ftn243-text" place="end" n="4"/> Eben so dehnten im <hi rendition="#g">alten</hi> ägyptischen Reiche die eigentlichen wollhaarigen, oft besiegten Negerstämme ihre Wohnsitze weit in das nördliche Nubien aus.<note xml:id="ftn244" next="#ftn244-text" place="end" n="5"/>          </p>
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[195/0200] Urvölkern zu vergleichen. Die Gliederung der Menschheit in Abarten; ihre Vertheilung auf dem Erdboden, mehr als Folge geschichtlicher Ereignisse als des langdauernden klimatischen Einflusses da, wo die Typen einmal festgesetzt sind; der scheinbare Widerspruch zwischen Färbung und Wohnort mußten denkende Beobachter auf das lebhafteste anregen. Noch findet sich im Inneren des großen indischen Landes ein weites Gebiet, das von sehr dunkel, fast schwarz gefärbten, von den später eingedrungenen helleren arischen Stämmen gänzlich verschiedenen Ureinwohnern bevölkert ist. Dahin gehören unter den Vindhya-Völkern die Gonda, die Bhilla in den Waldgebirgen von Malava und Guzerat, wie die Kola von Orissa. Der scharfsinnige Lassen hält es für wahrscheinlich, daß zu Herodots Zeit die schwarze asiatische Race, dessen „Aethiopier vom Aufgang der Sonne", den libyschen wohl in der Hautfarbe, aber nicht in der Beschaffenheit des Haares ähnlich, viel weiter als jetzt gegen Nordwesten verbreitet waren. ⁴ Eben so dehnten im alten ägyptischen Reiche die eigentlichen wollhaarigen, oft besiegten Negerstämme ihre Wohnsitze weit in das nördliche Nubien aus. ⁵ Zu der Bereicherung des Ideenkreises, welche aus dem Anblick vieler neuen physischen Erscheinungen, wie aus dem Contact mit verschiedenen Volksstämmen und ihrer contrastirenden Civilisation entsprang, gesellten sich leider! nicht die Früchte ethnologischer Sprachvergleichung, in so fern dieselbe philosophisch, abhängig von den Grundverhältnissen des Gedankens ⁶ , oder bloß historisch ist. Diese Art der Untersuchung war dem sogenannten classischen Alterthume fremd. Dagegen lieferte Alexanders

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos02_1847/200>, abgerufen am 22.11.2024.