Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847.eine Charakteristik der so ausgedehnten und in ihrer Mannigfaltigkeit so ungleichartigen arabischen Litteratur zu geben, oder zu unterscheiden, was in den verborgenen Tiefen der Organisation eines Menschenstammes und der Naturentfaltung seiner Anlagen, was in äußeren Anregungen und zufälligen Bedingnissen gegründet ist. Die Lösung dieser wichtigen Aufgabe gehört einer anderen Sphäre der Ideen an. Unsere historische Betrachtungen sind auf eine fragmentarische Herzählung dessen beschränkt, was in mathematischen, astronomischen und naturwissenschaftlichen Kenntnissen das Volk der Araber zur allgemeineren Weltanschauung beigetragen hat. Alchymie, Zauberkunst und mystische Phantasien, durch scholastische Dialektik jeder dichterischen Anmuth entblößt, verunreinigen freilich auch hier, wie überall im Mittelalter, die wahren Resultate der Erforschung; aber unablässig selbstarbeitend, mühevoll durch Uebersetzungen sich die Früchte früher gebildeter Generationen aneignend, haben die Araber die Naturansichten erweitert und vieles Eigene geschaffen. Man hat mit Recht auf den großen Unterschied90 der Culturverhältnisse aufmerksam gemacht zwischen den einwandernden germanischen und den arabischen Stämmen. Jene bildeten sich erst nach der Einwanderung aus; diese brachten mit sich schon aus der Heimath nicht bloß ihre Religion, auch eine hochausgebildete Sprache, und die zarten Blüthen einer Poesie, welche nicht ganz ohne Einfluß auf die Provenzalen und die Minnesänger geblieben ist. Die Araber besaßen merkwürdige Eigenschaften, um aneignend und vermittelnd zu wirken vom Euphrat bis zum Guadalquivir und bis zu dem Süden von Mittel-Afrika. Sie eine Charakteristik der so ausgedehnten und in ihrer Mannigfaltigkeit so ungleichartigen arabischen Litteratur zu geben, oder zu unterscheiden, was in den verborgenen Tiefen der Organisation eines Menschenstammes und der Naturentfaltung seiner Anlagen, was in äußeren Anregungen und zufälligen Bedingnissen gegründet ist. Die Lösung dieser wichtigen Aufgabe gehört einer anderen Sphäre der Ideen an. Unsere historische Betrachtungen sind auf eine fragmentarische Herzählung dessen beschränkt, was in mathematischen, astronomischen und naturwissenschaftlichen Kenntnissen das Volk der Araber zur allgemeineren Weltanschauung beigetragen hat. Alchymie, Zauberkunst und mystische Phantasien, durch scholastische Dialektik jeder dichterischen Anmuth entblößt, verunreinigen freilich auch hier, wie überall im Mittelalter, die wahren Resultate der Erforschung; aber unablässig selbstarbeitend, mühevoll durch Uebersetzungen sich die Früchte früher gebildeter Generationen aneignend, haben die Araber die Naturansichten erweitert und vieles Eigene geschaffen. Man hat mit Recht auf den großen Unterschied90 der Culturverhältnisse aufmerksam gemacht zwischen den einwandernden germanischen und den arabischen Stämmen. Jene bildeten sich erst nach der Einwanderung aus; diese brachten mit sich schon aus der Heimath nicht bloß ihre Religion, auch eine hochausgebildete Sprache, und die zarten Blüthen einer Poesie, welche nicht ganz ohne Einfluß auf die Provenzalen und die Minnesänger geblieben ist. Die Araber besaßen merkwürdige Eigenschaften, um aneignend und vermittelnd zu wirken vom Euphrat bis zum Guadalquivir und bis zu dem Süden von Mittel-Afrika. Sie <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0257" n="252"/> eine Charakteristik der so ausgedehnten und in ihrer Mannigfaltigkeit so ungleichartigen arabischen Litteratur zu geben, oder zu unterscheiden, was in den verborgenen Tiefen der Organisation eines Menschenstammes und der Naturentfaltung seiner Anlagen, was in äußeren Anregungen und zufälligen Bedingnissen gegründet ist. Die Lösung dieser wichtigen Aufgabe gehört einer anderen Sphäre der Ideen an. 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eine Charakteristik der so ausgedehnten und in ihrer Mannigfaltigkeit so ungleichartigen arabischen Litteratur zu geben, oder zu unterscheiden, was in den verborgenen Tiefen der Organisation eines Menschenstammes und der Naturentfaltung seiner Anlagen, was in äußeren Anregungen und zufälligen Bedingnissen gegründet ist. Die Lösung dieser wichtigen Aufgabe gehört einer anderen Sphäre der Ideen an. Unsere historische Betrachtungen sind auf eine fragmentarische Herzählung dessen beschränkt, was in mathematischen, astronomischen und naturwissenschaftlichen Kenntnissen das Volk der Araber zur allgemeineren Weltanschauung beigetragen hat.
Alchymie, Zauberkunst und mystische Phantasien, durch scholastische Dialektik jeder dichterischen Anmuth entblößt, verunreinigen freilich auch hier, wie überall im Mittelalter, die wahren Resultate der Erforschung; aber unablässig selbstarbeitend, mühevoll durch Uebersetzungen sich die Früchte früher gebildeter Generationen aneignend, haben die Araber die Naturansichten erweitert und vieles Eigene geschaffen. Man hat mit Recht auf den großen Unterschied
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der Culturverhältnisse aufmerksam gemacht zwischen den einwandernden germanischen und den arabischen Stämmen. Jene bildeten sich erst nach der Einwanderung aus; diese brachten mit sich schon aus der Heimath nicht bloß ihre Religion, auch eine hochausgebildete Sprache, und die zarten Blüthen einer Poesie, welche nicht ganz ohne Einfluß auf die Provenzalen und die Minnesänger geblieben ist.
Die Araber besaßen merkwürdige Eigenschaften, um aneignend und vermittelnd zu wirken vom Euphrat bis zum Guadalquivir und bis zu dem Süden von Mittel-Afrika. Sie
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