Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847.recht auffallenden Beweis dieses Einflusses indischer Litteratur. Er kennt, wie der gelehrte Royle bemerkt, die Deodvara-Ceder2 der schneebedeckten, gewiß im 11ten Jahrhundert von keinem Araber besuchten Himalaya-Alpen unter ihrem wahren Sanskritnamen und hält sie für einen hohen Wachholder-Baum, eine Juniperus-Art, welche zu Terpentinöl benutzt wird. Die Söhne von Averroes lebten am Hofe des großen Hohenstaufen, Friedrichs II, der einen Theil seiner naturhistorischen Kenntniß indischer Thiere und Pflanzen dem Verkehr mit arabischen Gelehrten und sprachkundigen spanischen Juden3 verdankte. Der Chalife Abdurrahman I legte selbst einen botanischen Garten bei Cordova an4 und ließ durch eigene Reisende in Syrien und andern asiatischen Ländern seltene Sämereien sammeln. Er pflanzte bei dem Pallaste der Rißafah die erste Dattelpalme, die er in einem Gedichte voll schwermüthiger Sehnsucht nach seiner Heimath Damascus besang. Der wichtigste Einfluß aber, den die Araber auf das allgemeine Naturwissen ausgeübt haben, ist der gewesen, welcher auf die Fortschritte der Chemie gerichtet war. Mit den Arabern fing gleichsam ein neues Zeitalter für diese Wissenschaft an. Allerdings waren bei ihnen alchymistische und neuplatonische Phantasien mit der Chemie eben so verschwistert wie Astrologie mit der Sternkunde. Die Bedürfnisse der Pharmacie und die gleich dringenden der technischen Künste leiteten zu Entdeckungen, welche von den alchymistisch-metallurgischen Bestrebungen bald absichtlich, bald durch glückliche Zufälle begünstigt wurden. Die Arbeiten von Geber oder vielmehr Djaber (Abu-Mußah Dschafar al-Kufi) und die viel späteren des Razes (Abu- recht auffallenden Beweis dieses Einflusses indischer Litteratur. Er kennt, wie der gelehrte Royle bemerkt, die Deodvara-Ceder2 der schneebedeckten, gewiß im 11ten Jahrhundert von keinem Araber besuchten Himalaya-Alpen unter ihrem wahren Sanskritnamen und hält sie für einen hohen Wachholder-Baum, eine Juniperus-Art, welche zu Terpentinöl benutzt wird. Die Söhne von Averroes lebten am Hofe des großen Hohenstaufen, Friedrichs II, der einen Theil seiner naturhistorischen Kenntniß indischer Thiere und Pflanzen dem Verkehr mit arabischen Gelehrten und sprachkundigen spanischen Juden3 verdankte. Der Chalife Abdurrahman I legte selbst einen botanischen Garten bei Cordova an4 und ließ durch eigene Reisende in Syrien und andern asiatischen Ländern seltene Sämereien sammeln. Er pflanzte bei dem Pallaste der Rißafah die erste Dattelpalme, die er in einem Gedichte voll schwermüthiger Sehnsucht nach seiner Heimath Damascus besang. Der wichtigste Einfluß aber, den die Araber auf das allgemeine Naturwissen ausgeübt haben, ist der gewesen, welcher auf die Fortschritte der Chemie gerichtet war. Mit den Arabern fing gleichsam ein neues Zeitalter für diese Wissenschaft an. Allerdings waren bei ihnen alchymistische und neuplatonische Phantasien mit der Chemie eben so verschwistert wie Astrologie mit der Sternkunde. Die Bedürfnisse der Pharmacie und die gleich dringenden der technischen Künste leiteten zu Entdeckungen, welche von den alchymistisch-metallurgischen Bestrebungen bald absichtlich, bald durch glückliche Zufälle begünstigt wurden. Die Arbeiten von Geber oder vielmehr Djaber (Abu-Mußah Dschafar al-Kufi) und die viel späteren des Razes (Abu- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0261" n="256"/> recht auffallenden Beweis dieses Einflusses indischer Litteratur. Er kennt, wie der gelehrte Royle bemerkt, die Deodvara-Ceder<note xml:id="ftn341" next="#ftn341-text" place="end" n="2"/> der schneebedeckten, gewiß im 11ten Jahrhundert von keinem Araber besuchten Himalaya-Alpen unter ihrem wahren Sanskritnamen und hält sie für einen hohen Wachholder-Baum, eine Juniperus-Art, welche zu Terpentinöl benutzt wird. Die Söhne von Averroes lebten am Hofe des großen Hohenstaufen, Friedrichs II, der einen Theil seiner naturhistorischen Kenntniß indischer Thiere und Pflanzen dem Verkehr mit arabischen Gelehrten und sprachkundigen spanischen Juden<note xml:id="ftn342" next="#ftn342-text" place="end" n="3"/> verdankte. Der Chalife Abdurrahman I legte selbst einen <hi rendition="#g">botanischen Garten</hi> bei Cordova an<note xml:id="ftn343" next="#ftn343-text" place="end" n="4"/> und ließ durch eigene Reisende in Syrien und andern asiatischen Ländern seltene Sämereien sammeln. Er pflanzte bei dem Pallaste der Rißafah die erste Dattelpalme, die er in einem Gedichte voll schwermüthiger Sehnsucht nach seiner Heimath Damascus besang.</p> <p>Der wichtigste Einfluß aber, den die Araber auf das allgemeine Naturwissen ausgeübt haben, ist der gewesen, welcher auf die Fortschritte der <hi rendition="#g">Chemie</hi> gerichtet war. Mit den Arabern fing gleichsam ein neues Zeitalter für diese Wissenschaft an. Allerdings waren bei ihnen alchymistische und neuplatonische Phantasien mit der Chemie eben so verschwistert wie Astrologie mit der Sternkunde. Die Bedürfnisse der Pharmacie und die gleich dringenden der technischen Künste leiteten zu Entdeckungen, welche von den alchymistisch-metallurgischen Bestrebungen bald absichtlich, bald durch glückliche Zufälle begünstigt wurden. Die Arbeiten von Geber oder vielmehr Djaber (Abu-Mußah Dschafar al-Kufi) und die viel späteren des Razes (Abu- </p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [256/0261]
recht auffallenden Beweis dieses Einflusses indischer Litteratur. Er kennt, wie der gelehrte Royle bemerkt, die Deodvara-Ceder
²
der schneebedeckten, gewiß im 11ten Jahrhundert von keinem Araber besuchten Himalaya-Alpen unter ihrem wahren Sanskritnamen und hält sie für einen hohen Wachholder-Baum, eine Juniperus-Art, welche zu Terpentinöl benutzt wird. Die Söhne von Averroes lebten am Hofe des großen Hohenstaufen, Friedrichs II, der einen Theil seiner naturhistorischen Kenntniß indischer Thiere und Pflanzen dem Verkehr mit arabischen Gelehrten und sprachkundigen spanischen Juden
³
verdankte. Der Chalife Abdurrahman I legte selbst einen botanischen Garten bei Cordova an
⁴
und ließ durch eigene Reisende in Syrien und andern asiatischen Ländern seltene Sämereien sammeln. Er pflanzte bei dem Pallaste der Rißafah die erste Dattelpalme, die er in einem Gedichte voll schwermüthiger Sehnsucht nach seiner Heimath Damascus besang.
Der wichtigste Einfluß aber, den die Araber auf das allgemeine Naturwissen ausgeübt haben, ist der gewesen, welcher auf die Fortschritte der Chemie gerichtet war. Mit den Arabern fing gleichsam ein neues Zeitalter für diese Wissenschaft an. Allerdings waren bei ihnen alchymistische und neuplatonische Phantasien mit der Chemie eben so verschwistert wie Astrologie mit der Sternkunde. Die Bedürfnisse der Pharmacie und die gleich dringenden der technischen Künste leiteten zu Entdeckungen, welche von den alchymistisch-metallurgischen Bestrebungen bald absichtlich, bald durch glückliche Zufälle begünstigt wurden. Die Arbeiten von Geber oder vielmehr Djaber (Abu-Mußah Dschafar al-Kufi) und die viel späteren des Razes (Abu-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Posner Collection: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-01-09T11:04:31Z)
Moritz Bodner: Erstellung bzw. Korrektur der griechischen Textpassagen
(2013-04-18T11:04:31Z)
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |