Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847.Der an zusammengedrängten Nebelflecken und Sternschwärmen so reichen Zone des südlichen Himmels zwischen den Parallelkreisen von 50° und 80° giebt die ungleichmäßigere Vertheilung der Lichtmassen einen eigenthümlichen, man möchte sagen landschaftlichen Charakter, einen Reiz, der aus der Gruppirung der Sterne erster und zweiter Größe und ihrer Trennung durch Regionen hervorgeht, welche dem bloßen Auge verödet und glanzlos erscheinen. Diese sonderbaren Contraste, die mehrfach in ihrem Laufe heller auflodernde Milchstraße, die isolirt kreisenden abgerundeten Magellanischen Lichtwolken und die Kohlensäcke, von denen der größere einer schönen Constellation so nahe liegt, vermehren die Mannigfaltigkeit des Naturbildes; sie fesseln die Aufmerksamkeit empfänglicher Beschauer an einzelne Regionen in der äußersten Hälfte des südlichen Himmelsgewölbes. Eine dieser Regionen ist seit dem Anfang des sechzehnten Jahrhunderts durch besondere, zum Theil religiöse Beziehungen sowohl christlichen Seefahrern in den tropischen und südlicheren Meeren wie christlichen Missionaren in beiden Indien wichtig geworden; es ist die des südlichen Kreuzes. Die vier Hauptsterne, welche es bilden, werden im Almagest, also in den Epochen des Hadrian und Antonin des Frommen, den Hinterfüßen des Sternbildes des Centaur7 beigezählt. Es darf fast Wunder nehmen, da die Gestaltung des Kreuzes so auffallend ist und sich merkwürdig absondernd individualisirt, wie in dem großen und kleinen Wagen (den Bären), im Scorpion, in der Cassiopea, im Adler, im Delphin, daß jene vier Sterne nicht früher von dem mächtigen alten Sternbilde des Centaur getrennt worden sind; es muß es um so mehr, als Der an zusammengedrängten Nebelflecken und Sternschwärmen so reichen Zone des südlichen Himmels zwischen den Parallelkreisen von 50° und 80° giebt die ungleichmäßigere Vertheilung der Lichtmassen einen eigenthümlichen, man möchte sagen landschaftlichen Charakter, einen Reiz, der aus der Gruppirung der Sterne erster und zweiter Größe und ihrer Trennung durch Regionen hervorgeht, welche dem bloßen Auge verödet und glanzlos erscheinen. Diese sonderbaren Contraste, die mehrfach in ihrem Laufe heller auflodernde Milchstraße, die isolirt kreisenden abgerundeten Magellanischen Lichtwolken und die Kohlensäcke, von denen der größere einer schönen Constellation so nahe liegt, vermehren die Mannigfaltigkeit des Naturbildes; sie fesseln die Aufmerksamkeit empfänglicher Beschauer an einzelne Regionen in der äußersten Hälfte des südlichen Himmelsgewölbes. Eine dieser Regionen ist seit dem Anfang des sechzehnten Jahrhunderts durch besondere, zum Theil religiöse Beziehungen sowohl christlichen Seefahrern in den tropischen und südlicheren Meeren wie christlichen Missionaren in beiden Indien wichtig geworden; es ist die des südlichen Kreuzes. Die vier Hauptsterne, welche es bilden, werden im Almagest, also in den Epochen des Hadrian und Antonin des Frommen, den Hinterfüßen des Sternbildes des Centaur7 beigezählt. Es darf fast Wunder nehmen, da die Gestaltung des Kreuzes so auffallend ist und sich merkwürdig absondernd individualisirt, wie in dem großen und kleinen Wagen (den Bären), im Scorpion, in der Cassiopea, im Adler, im Delphin, daß jene vier Sterne nicht früher von dem mächtigen alten Sternbilde des Centaur getrennt worden sind; es muß es um so mehr, als <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0335" n="330"/> <p>Der an zusammengedrängten Nebelflecken und Sternschwärmen so reichen Zone des südlichen Himmels zwischen den Parallelkreisen von 50° und 80° giebt die ungleichmäßigere Vertheilung der Lichtmassen einen eigenthümlichen, man möchte sagen landschaftlichen Charakter, einen Reiz, der aus der Gruppirung der Sterne erster und zweiter Größe und ihrer Trennung durch Regionen hervorgeht, welche dem bloßen Auge verödet und glanzlos erscheinen. 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Der an zusammengedrängten Nebelflecken und Sternschwärmen so reichen Zone des südlichen Himmels zwischen den Parallelkreisen von 50° und 80° giebt die ungleichmäßigere Vertheilung der Lichtmassen einen eigenthümlichen, man möchte sagen landschaftlichen Charakter, einen Reiz, der aus der Gruppirung der Sterne erster und zweiter Größe und ihrer Trennung durch Regionen hervorgeht, welche dem bloßen Auge verödet und glanzlos erscheinen. Diese sonderbaren Contraste, die mehrfach in ihrem Laufe heller auflodernde Milchstraße, die isolirt kreisenden abgerundeten Magellanischen Lichtwolken und die Kohlensäcke, von denen der größere einer schönen Constellation so nahe liegt, vermehren die Mannigfaltigkeit des Naturbildes; sie fesseln die Aufmerksamkeit empfänglicher Beschauer an einzelne Regionen in der äußersten Hälfte des südlichen Himmelsgewölbes. Eine dieser Regionen ist seit dem Anfang des sechzehnten Jahrhunderts durch besondere, zum Theil religiöse Beziehungen sowohl christlichen Seefahrern in den tropischen und südlicheren Meeren wie christlichen Missionaren in beiden Indien wichtig geworden; es ist die des südlichen Kreuzes. Die vier Hauptsterne, welche es bilden, werden im Almagest, also in den Epochen des Hadrian und Antonin des Frommen, den Hinterfüßen des Sternbildes des Centaur
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beigezählt. Es darf fast Wunder nehmen, da die Gestaltung des Kreuzes so auffallend ist und sich merkwürdig absondernd individualisirt, wie in dem großen und kleinen Wagen (den Bären), im Scorpion, in der Cassiopea, im Adler, im Delphin, daß jene vier Sterne nicht früher von dem mächtigen alten Sternbilde des Centaur getrennt worden sind; es muß es um so mehr, als
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Zitationshilfe: | Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos02_1847/335>, abgerufen am 22.06.2024. |