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Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847.

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Massenvertheilung schwer zu vereinigen, wenn man sich nicht die Ziehkraft der materiellen Theile durch ebenfalls periodische Temperatur-Veränderungen im Innern des Erdkörpers modificirt vorstellt.

In Gilbert's Theorie wird bloß, wie bei der Gravitation, die Quantität der materiellen Theile geschätzt, ohne auf die specifische Heterogeneität der Stoffe zu achten. Dieser Umstand hat seinem Werke, zu Galilei's und Kepler's Zeit, einen Charakter kosmischer Größe gegeben. Durch die unerwartete Entdeckung des Rotations-Magnetismus von Arago (1825) ist factisch bewiesen worden, daß alle Arten der Materie des Magnetismus fähig sind; die neuesten Arbeiten von Faraday über die diamagnetischen Substanzen bestätigen, unter besonderen Bedingnissen der Meridian- oder Aequatorial-Richtung, des festen, flüssigen oder gasförmig-unwirksamen Zustandes der Körper, jenes wichtige Resultat. Gilbert hatte einen so klaren Begriff von der Mittheilung der tellurischen Magnetkraft, daß er bereits den magnetischen Zustand von Eisenstangen am Kreuz alter Kirchthürme72 dieser Einwirkung der Erde zuschrieb.

Die zunehmende Thätigkeit der Schifffahrt bis zu den höchsten Breiten und die Vervollkommnung der magnetischen Instrumente, denen sich schon seit 1576 die von Robert Norman aus Ratcliffe construirte Neigungsnadel (das Inclinatorium) beigesellt hatte, verallgemeinerten erst im Lauf des 17ten Jahrhunderts die Kenntniß von dem periodischen Fortschreiten eines Theils der magnetischen Curven, der Linien ohne Abweichung. Die Lage des magnetischen Aequators, den man lange mit dem geogra-

Massenvertheilung schwer zu vereinigen, wenn man sich nicht die Ziehkraft der materiellen Theile durch ebenfalls periodische Temperatur-Veränderungen im Innern des Erdkörpers modificirt vorstellt.

In Gilbert's Theorie wird bloß, wie bei der Gravitation, die Quantität der materiellen Theile geschätzt, ohne auf die specifische Heterogeneität der Stoffe zu achten. Dieser Umstand hat seinem Werke, zu Galilei's und Kepler's Zeit, einen Charakter kosmischer Größe gegeben. Durch die unerwartete Entdeckung des Rotations-Magnetismus von Arago (1825) ist factisch bewiesen worden, daß alle Arten der Materie des Magnetismus fähig sind; die neuesten Arbeiten von Faraday über die diamagnetischen Substanzen bestätigen, unter besonderen Bedingnissen der Meridian- oder Aequatorial-Richtung, des festen, flüssigen oder gasförmig-unwirksamen Zustandes der Körper, jenes wichtige Resultat. Gilbert hatte einen so klaren Begriff von der Mittheilung der tellurischen Magnetkraft, daß er bereits den magnetischen Zustand von Eisenstangen am Kreuz alter Kirchthürme72 dieser Einwirkung der Erde zuschrieb.

Die zunehmende Thätigkeit der Schifffahrt bis zu den höchsten Breiten und die Vervollkommnung der magnetischen Instrumente, denen sich schon seit 1576 die von Robert Norman aus Ratcliffe construirte Neigungsnadel (das Inclinatorium) beigesellt hatte, verallgemeinerten erst im Lauf des 17ten Jahrhunderts die Kenntniß von dem periodischen Fortschreiten eines Theils der magnetischen Curven, der Linien ohne Abweichung. Die Lage des magnetischen Aequators, den man lange mit dem geogra-

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[373/0378] Massenvertheilung schwer zu vereinigen, wenn man sich nicht die Ziehkraft der materiellen Theile durch ebenfalls periodische Temperatur-Veränderungen im Innern des Erdkörpers modificirt vorstellt. In Gilbert's Theorie wird bloß, wie bei der Gravitation, die Quantität der materiellen Theile geschätzt, ohne auf die specifische Heterogeneität der Stoffe zu achten. Dieser Umstand hat seinem Werke, zu Galilei's und Kepler's Zeit, einen Charakter kosmischer Größe gegeben. Durch die unerwartete Entdeckung des Rotations-Magnetismus von Arago (1825) ist factisch bewiesen worden, daß alle Arten der Materie des Magnetismus fähig sind; die neuesten Arbeiten von Faraday über die diamagnetischen Substanzen bestätigen, unter besonderen Bedingnissen der Meridian- oder Aequatorial-Richtung, des festen, flüssigen oder gasförmig-unwirksamen Zustandes der Körper, jenes wichtige Resultat. Gilbert hatte einen so klaren Begriff von der Mittheilung der tellurischen Magnetkraft, daß er bereits den magnetischen Zustand von Eisenstangen am Kreuz alter Kirchthürme ⁷² dieser Einwirkung der Erde zuschrieb. Die zunehmende Thätigkeit der Schifffahrt bis zu den höchsten Breiten und die Vervollkommnung der magnetischen Instrumente, denen sich schon seit 1576 die von Robert Norman aus Ratcliffe construirte Neigungsnadel (das Inclinatorium) beigesellt hatte, verallgemeinerten erst im Lauf des 17ten Jahrhunderts die Kenntniß von dem periodischen Fortschreiten eines Theils der magnetischen Curven, der Linien ohne Abweichung. Die Lage des magnetischen Aequators, den man lange mit dem geogra-

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847, S. 373. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos02_1847/378>, abgerufen am 27.11.2024.