Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847.

Bild:
<< vorherige Seite

(Sauerstoffgas ausstoßender) Salpeter auf Kohle gestreuet wird, und das sogenannte Auswittern des Salpeters an Thonwänden im Contact mit der Atmosphäre scheinen diese Meinung gleichzeitig begünstigt zu haben. Die salpetrigen Partikeln der Luft bedingen, nach Mayow, das Athmen der Thiere, dessen Folge die Hervorbringung thierischer Wärme und Entschwärzung des Blutes ist; sie bedingen alle Verbrennungsprocesse und die Verkalkung der Metalle; sie spielen ohngefähr die Rolle des Sauerstoffs in der antiphlogistischen Chemie. Der vorsichtig zweifelnde Robert Boyle erkannte zwar, daß die Anwesenheit eines gewissen Bestandtheils der atmosphärischen Luft zum Verbrennungsprocesse nothwendig sei; aber er blieb ungewiß über die salpetrige Natur desselben.

Der Sauerstoff war für Hooke und Mayow ein ideeller Gegenstand, eine Fiction der Gedankenwelt. Als Gas sah den Sauerstoff zuerst der scharfsinnige Chemiker und Pflanzenphysiolog Hales aus dem Blei, das er zu Mennige verkalkte, bei starker Hitze in großer Menge (1727) entweichen. Er sah das Entweichen, ohne die Natur der Luftart zu untersuchen oder das lebhafte Brennen der Flamme in derselben zu bemerken. Hales ahndete nicht die Wichtigkeit der Substanz, die er bereitet hatte. Die lebhafte Lichtentwickelung brennender Körper im Sauerstoffgas und die Eigenschaften desselben wurden, -- wie Viele behaupten, ganz unabhängig91 --, von Priestley (1772-1774), von Scheele (1774 und 1775), und von Lavoisier und Trudaine (1775) entdeckt.

Die Anfänge der pneumatischen Chemie sind in diesen Blättern, ihrem historischen Zusammenhange nach, berührt worden, weil sie, wie die schwachen Anfänge des

(Sauerstoffgas ausstoßender) Salpeter auf Kohle gestreuet wird, und das sogenannte Auswittern des Salpeters an Thonwänden im Contact mit der Atmosphäre scheinen diese Meinung gleichzeitig begünstigt zu haben. Die salpetrigen Partikeln der Luft bedingen, nach Mayow, das Athmen der Thiere, dessen Folge die Hervorbringung thierischer Wärme und Entschwärzung des Blutes ist; sie bedingen alle Verbrennungsprocesse und die Verkalkung der Metalle; sie spielen ohngefähr die Rolle des Sauerstoffs in der antiphlogistischen Chemie. Der vorsichtig zweifelnde Robert Boyle erkannte zwar, daß die Anwesenheit eines gewissen Bestandtheils der atmosphärischen Luft zum Verbrennungsprocesse nothwendig sei; aber er blieb ungewiß über die salpetrige Natur desselben.

Der Sauerstoff war für Hooke und Mayow ein ideeller Gegenstand, eine Fiction der Gedankenwelt. Als Gas sah den Sauerstoff zuerst der scharfsinnige Chemiker und Pflanzenphysiolog Hales aus dem Blei, das er zu Mennige verkalkte, bei starker Hitze in großer Menge (1727) entweichen. Er sah das Entweichen, ohne die Natur der Luftart zu untersuchen oder das lebhafte Brennen der Flamme in derselben zu bemerken. Hales ahndete nicht die Wichtigkeit der Substanz, die er bereitet hatte. Die lebhafte Lichtentwickelung brennender Körper im Sauerstoffgas und die Eigenschaften desselben wurden, — wie Viele behaupten, ganz unabhängig91 —, von Priestley (1772–1774), von Scheele (1774 und 1775), und von Lavoisier und Trudaine (1775) entdeckt.

Die Anfänge der pneumatischen Chemie sind in diesen Blättern, ihrem historischen Zusammenhange nach, berührt worden, weil sie, wie die schwachen Anfänge des

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0392" n="387"/>
(Sauerstoffgas ausstoßender) Salpeter auf Kohle gestreuet wird, und das sogenannte Auswittern des Salpeters an Thonwänden im Contact mit der Atmosphäre scheinen diese Meinung gleichzeitig begünstigt zu haben. Die salpetrigen Partikeln der Luft bedingen, nach Mayow, das Athmen der Thiere, dessen Folge die Hervorbringung thierischer Wärme und Entschwärzung des Blutes ist; sie bedingen alle Verbrennungsprocesse und die Verkalkung der Metalle; sie spielen ohngefähr die Rolle des <hi rendition="#g">Sauerstoffs</hi> in der antiphlogistischen Chemie. Der vorsichtig zweifelnde Robert Boyle erkannte zwar, daß die Anwesenheit eines gewissen Bestandtheils der atmosphärischen Luft zum Verbrennungsprocesse nothwendig sei; aber er blieb ungewiß über die salpetrige Natur desselben.</p>
              <p>Der Sauerstoff war für Hooke und Mayow ein ideeller Gegenstand, eine Fiction der Gedankenwelt. Als Gas sah den Sauerstoff zuerst der scharfsinnige Chemiker und Pflanzenphysiolog Hales aus dem Blei, das er zu Mennige verkalkte, bei starker Hitze in großer Menge (1727) entweichen. Er sah das Entweichen, ohne die Natur der Luftart zu untersuchen oder das lebhafte Brennen der Flamme in derselben zu bemerken. Hales ahndete nicht die Wichtigkeit der Substanz, die er bereitet hatte. Die lebhafte Lichtentwickelung brennender Körper im Sauerstoffgas und die Eigenschaften desselben wurden, &#x2014; wie Viele behaupten, ganz unabhängig<note xml:id="ftn530" next="#ftn530-text" place="end" n="91"/> &#x2014;, von Priestley (1772&#x2013;1774), von Scheele (1774 und 1775), und von Lavoisier und Trudaine (1775) entdeckt.</p>
              <p>Die Anfänge der <hi rendition="#g">pneumatischen Chemie</hi> sind in diesen Blättern, ihrem historischen Zusammenhange nach, berührt worden, weil sie, wie die schwachen Anfänge des
</p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[387/0392] (Sauerstoffgas ausstoßender) Salpeter auf Kohle gestreuet wird, und das sogenannte Auswittern des Salpeters an Thonwänden im Contact mit der Atmosphäre scheinen diese Meinung gleichzeitig begünstigt zu haben. Die salpetrigen Partikeln der Luft bedingen, nach Mayow, das Athmen der Thiere, dessen Folge die Hervorbringung thierischer Wärme und Entschwärzung des Blutes ist; sie bedingen alle Verbrennungsprocesse und die Verkalkung der Metalle; sie spielen ohngefähr die Rolle des Sauerstoffs in der antiphlogistischen Chemie. Der vorsichtig zweifelnde Robert Boyle erkannte zwar, daß die Anwesenheit eines gewissen Bestandtheils der atmosphärischen Luft zum Verbrennungsprocesse nothwendig sei; aber er blieb ungewiß über die salpetrige Natur desselben. Der Sauerstoff war für Hooke und Mayow ein ideeller Gegenstand, eine Fiction der Gedankenwelt. Als Gas sah den Sauerstoff zuerst der scharfsinnige Chemiker und Pflanzenphysiolog Hales aus dem Blei, das er zu Mennige verkalkte, bei starker Hitze in großer Menge (1727) entweichen. Er sah das Entweichen, ohne die Natur der Luftart zu untersuchen oder das lebhafte Brennen der Flamme in derselben zu bemerken. Hales ahndete nicht die Wichtigkeit der Substanz, die er bereitet hatte. Die lebhafte Lichtentwickelung brennender Körper im Sauerstoffgas und die Eigenschaften desselben wurden, — wie Viele behaupten, ganz unabhängig ⁹¹ —, von Priestley (1772–1774), von Scheele (1774 und 1775), und von Lavoisier und Trudaine (1775) entdeckt. Die Anfänge der pneumatischen Chemie sind in diesen Blättern, ihrem historischen Zusammenhange nach, berührt worden, weil sie, wie die schwachen Anfänge des

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Posner Collection: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-09T11:04:31Z)
Moritz Bodner: Erstellung bzw. Korrektur der griechischen Textpassagen (2013-04-18T11:04:31Z)



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos02_1847
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos02_1847/392
Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847, S. 387. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos02_1847/392>, abgerufen am 28.11.2024.