Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847.empfangenen Eindrücken geschöpft. Von reicher Färbung ist die Reise Rama's von Ayodhya nach der Residenzstadt Dschanaka's, sein Leben im Urwalde, das Bild von dem Einsiedlerleben der Panduiden. Der Name Kalidasa's ist vielfach und früh unter den westlichen Völkern gefeiert worden. Der große Dichter glänzte an dem hochgebildeten Hofe des Vikramaditya, also gleichzeitig mit Virgil und Horaz. Die englischen und deutschen Uebersetzungen der Sakuntala haben die Bewunderung angeregt, welche dem Kalidasa in so reichem Maaße gezollt worden ist.60 Zartheit der Empfindungen und Reichthum schöpferischer Phantasie weisen ihm seinen hohen Rang unter den Dichtern aller Nationen an. Den Reiz seiner Naturschilderungen bezeugen das liebliche Drama Vikrama und Urvasi, wo der König im Dickicht der Wälder umherirrt, um die Nymphe Urvasi zu suchen, das Gedicht der Jahreszeiten und der Wolkenbote (Meghaduta). Mit bewundernswürdiger Naturwahrheit ist in diesem die Freude geschildert, mit welcher nach langer tropischer Dürre die erste Erscheinung eines aufsteigenden Gewölkes als Anzeige der nahen Regenzeit begrüßt wird. Der Ausdruck Naturwahrheit, dessen ich mich eben bedient habe, kann allein die Kühnheit rechtfertigen neben dem indischen Wolkenboten an ein Naturbild von dem Eintritt der Regenzeit zu erinnern61, das ich in Südamerika zu einer Epoche entworfen, wo Kalidasa's Meghaduta mir auch nicht einmal aus Chezy's Uebersetzung bekannt sein konnte. Die geheimnißvollen meteorologischen Processe, welche im Luftkreise vorgehen, in Dunstbildung, Wolkengestalt und leuchtenden electrischen Erscheinungen, sind zwischen den empfangenen Eindrücken geschöpft. Von reicher Färbung ist die Reise Rama's von Ayodhya nach der Residenzstadt Dschanaka's, sein Leben im Urwalde, das Bild von dem Einsiedlerleben der Panduiden. Der Name Kalidasa's ist vielfach und früh unter den westlichen Völkern gefeiert worden. Der große Dichter glänzte an dem hochgebildeten Hofe des Vikramaditya, also gleichzeitig mit Virgil und Horaz. Die englischen und deutschen Uebersetzungen der Sakuntala haben die Bewunderung angeregt, welche dem Kalidasa in so reichem Maaße gezollt worden ist.60 Zartheit der Empfindungen und Reichthum schöpferischer Phantasie weisen ihm seinen hohen Rang unter den Dichtern aller Nationen an. Den Reiz seiner Naturschilderungen bezeugen das liebliche Drama Vikrama und Urvasi, wo der König im Dickicht der Wälder umherirrt, um die Nymphe Urvasi zu suchen, das Gedicht der Jahreszeiten und der Wolkenbote (Meghaduta). Mit bewundernswürdiger Naturwahrheit ist in diesem die Freude geschildert, mit welcher nach langer tropischer Dürre die erste Erscheinung eines aufsteigenden Gewölkes als Anzeige der nahen Regenzeit begrüßt wird. Der Ausdruck Naturwahrheit, dessen ich mich eben bedient habe, kann allein die Kühnheit rechtfertigen neben dem indischen Wolkenboten an ein Naturbild von dem Eintritt der Regenzeit zu erinnern61, das ich in Südamerika zu einer Epoche entworfen, wo Kalidasa's Meghaduta mir auch nicht einmal aus Chézy's Uebersetzung bekannt sein konnte. Die geheimnißvollen meteorologischen Processe, welche im Luftkreise vorgehen, in Dunstbildung, Wolkengestalt und leuchtenden electrischen Erscheinungen, sind zwischen den <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0045" n="40"/> empfangenen Eindrücken geschöpft. 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empfangenen Eindrücken geschöpft. Von reicher Färbung ist die Reise Rama's von Ayodhya nach der Residenzstadt Dschanaka's, sein Leben im Urwalde, das Bild von dem Einsiedlerleben der Panduiden.
Der Name Kalidasa's ist vielfach und früh unter den westlichen Völkern gefeiert worden. Der große Dichter glänzte an dem hochgebildeten Hofe des Vikramaditya, also gleichzeitig mit Virgil und Horaz. Die englischen und deutschen Uebersetzungen der Sakuntala haben die Bewunderung angeregt, welche dem Kalidasa in so reichem Maaße gezollt worden ist.
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Zartheit der Empfindungen und Reichthum schöpferischer Phantasie weisen ihm seinen hohen Rang unter den Dichtern aller Nationen an. Den Reiz seiner Naturschilderungen bezeugen das liebliche Drama Vikrama und Urvasi, wo der König im Dickicht der Wälder umherirrt, um die Nymphe Urvasi zu suchen, das Gedicht der Jahreszeiten und der Wolkenbote (Meghaduta). Mit bewundernswürdiger Naturwahrheit ist in diesem die Freude geschildert, mit welcher nach langer tropischer Dürre die erste Erscheinung eines aufsteigenden Gewölkes als Anzeige der nahen Regenzeit begrüßt wird. Der Ausdruck Naturwahrheit, dessen ich mich eben bedient habe, kann allein die Kühnheit rechtfertigen neben dem indischen Wolkenboten an ein Naturbild von dem Eintritt der Regenzeit zu erinnern
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, das ich in Südamerika zu einer Epoche entworfen, wo Kalidasa's Meghaduta mir auch nicht einmal aus Chézy's Uebersetzung bekannt sein konnte. Die geheimnißvollen meteorologischen Processe, welche im Luftkreise vorgehen, in Dunstbildung, Wolkengestalt und leuchtenden electrischen Erscheinungen, sind zwischen den
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