Endresultaten meinem verehrten Freunde Argelander, Director der Sternwarte zu Bonn. Ich habe den Verfasser der "Durchmusterung des nördlichen Himmels" aufgefordert die bisherigen Ergebnisse der Sterncataloge von neuem aufmerksam zu prüfen. Die Sichtbarkeit der Sterne mit bloßen Augen erregt in der letzten Classe bei organischer Verschiedenheit der individuellen Schätzungen mancherlei Ungewißheit, weil Sterne 6. 7ter Größe sich unter die 6ter Größe gemengt finden. Als Mittelzahl erhält man, durch vielfache Combinationen, 5000 bis 5800 für die dem unbewaffneten Auge am ganzen Himmel sichtbaren Sterne. Die Vertheilung der Fixsterne nach Verschiedenheit der Größen bestimmt Argelander4, bis zur 9ten Größe hinabsteigend, ohngefähr in folgendem Verhältniß: Die Zahl der dem unbewaffneten Auge deutlich erkennbaren Sternenmenge (über dem Horizont von Berlin 4022, über dem von Alexandrien 4638) scheint auf den ersten Blick auffallend gering.5 Wenn man den mittleren Mondhalbmesser zu 15' 33",5 annimmt, so bedecken 195291 Vollmond-Flächen den ganzen Himmel. Bei der Annahme gleichmäßiger Vertheilung und der runden Zahl von 200000 Sternen aus den Classen 1ter bis 9ter Größe findet man demnach ohngefähr einen dieser Sterne für eine Vollmond-Fläche. Eben dies Resultat erklärt aber auch, wie unter einer bestimmten Breite der Mond nicht häufiger dem bloßen Auge sichtbare Sterne bedeckt. Wollte man die
Endresultaten meinem verehrten Freunde Argelander, Director der Sternwarte zu Bonn. Ich habe den Verfasser der „Durchmusterung des nördlichen Himmels“ aufgefordert die bisherigen Ergebnisse der Sterncataloge von neuem aufmerksam zu prüfen. Die Sichtbarkeit der Sterne mit bloßen Augen erregt in der letzten Classe bei organischer Verschiedenheit der individuellen Schätzungen mancherlei Ungewißheit, weil Sterne 6. 7ter Größe sich unter die 6ter Größe gemengt finden. Als Mittelzahl erhält man, durch vielfache Combinationen, 5000 bis 5800 für die dem unbewaffneten Auge am ganzen Himmel sichtbaren Sterne. Die Vertheilung der Fixsterne nach Verschiedenheit der Größen bestimmt Argelander4, bis zur 9ten Größe hinabsteigend, ohngefähr in folgendem Verhältniß: Die Zahl der dem unbewaffneten Auge deutlich erkennbaren Sternenmenge (über dem Horizont von Berlin 4022, über dem von Alexandrien 4638) scheint auf den ersten Blick auffallend gering.5 Wenn man den mittleren Mondhalbmesser zu 15′ 33″,5 annimmt, so bedecken 195291 Vollmond-Flächen den ganzen Himmel. Bei der Annahme gleichmäßiger Vertheilung und der runden Zahl von 200000 Sternen aus den Classen 1ter bis 9ter Größe findet man demnach ohngefähr einen dieser Sterne für eine Vollmond-Fläche. Eben dies Resultat erklärt aber auch, wie unter einer bestimmten Breite der Mond nicht häufiger dem bloßen Auge sichtbare Sterne bedeckt. Wollte man die
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0151"n="146"/>
Endresultaten meinem verehrten Freunde Argelander, Director der Sternwarte zu Bonn. Ich habe den Verfasser der „Durchmusterung des nördlichen Himmels“ aufgefordert die bisherigen Ergebnisse der Sterncataloge von neuem aufmerksam zu prüfen. Die Sichtbarkeit der Sterne mit bloßen Augen erregt in der letzten Classe bei organischer Verschiedenheit der individuellen Schätzungen mancherlei Ungewißheit, weil Sterne 6. 7ter Größe sich unter die 6ter Größe gemengt finden. Als Mittelzahl erhält man, durch vielfache Combinationen, 5000 bis 5800 für die dem unbewaffneten Auge am ganzen Himmel sichtbaren Sterne. Die Vertheilung der Fixsterne nach Verschiedenheit der Größen bestimmt Argelander<notexml:id="ftn170"next="ftn170-text"place="end"n="4"/>, bis zur 9ten Größe hinabsteigend, ohngefähr in folgendem Verhältniß:<lb/>
Die Zahl der dem unbewaffneten Auge deutlich erkennbaren Sternenmenge (über dem Horizont von Berlin 4022, über dem von Alexandrien 4638) scheint auf den ersten Blick auffallend gering.<notexml:id="ftn171"next="ftn171-text"place="end"n="5"/> Wenn man den mittleren Mondhalbmesser zu 15′ 33″,5 annimmt, so bedecken 195291 Vollmond-Flächen den ganzen Himmel. Bei der Annahme gleichmäßiger Vertheilung und der runden Zahl von 200000 Sternen aus den Classen 1ter bis 9ter Größe findet man demnach ohngefähr einen dieser Sterne für eine Vollmond-Fläche. Eben dies Resultat erklärt aber auch, wie unter einer bestimmten Breite der Mond nicht häufiger dem bloßen Auge sichtbare Sterne bedeckt. Wollte man die
</p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[146/0151]
Endresultaten meinem verehrten Freunde Argelander, Director der Sternwarte zu Bonn. Ich habe den Verfasser der „Durchmusterung des nördlichen Himmels“ aufgefordert die bisherigen Ergebnisse der Sterncataloge von neuem aufmerksam zu prüfen. Die Sichtbarkeit der Sterne mit bloßen Augen erregt in der letzten Classe bei organischer Verschiedenheit der individuellen Schätzungen mancherlei Ungewißheit, weil Sterne 6. 7ter Größe sich unter die 6ter Größe gemengt finden. Als Mittelzahl erhält man, durch vielfache Combinationen, 5000 bis 5800 für die dem unbewaffneten Auge am ganzen Himmel sichtbaren Sterne. Die Vertheilung der Fixsterne nach Verschiedenheit der Größen bestimmt Argelander
⁴
, bis zur 9ten Größe hinabsteigend, ohngefähr in folgendem Verhältniß:
Die Zahl der dem unbewaffneten Auge deutlich erkennbaren Sternenmenge (über dem Horizont von Berlin 4022, über dem von Alexandrien 4638) scheint auf den ersten Blick auffallend gering.
⁵
Wenn man den mittleren Mondhalbmesser zu 15′ 33″,5 annimmt, so bedecken 195291 Vollmond-Flächen den ganzen Himmel. Bei der Annahme gleichmäßiger Vertheilung und der runden Zahl von 200000 Sternen aus den Classen 1ter bis 9ter Größe findet man demnach ohngefähr einen dieser Sterne für eine Vollmond-Fläche. Eben dies Resultat erklärt aber auch, wie unter einer bestimmten Breite der Mond nicht häufiger dem bloßen Auge sichtbare Sterne bedeckt. Wollte man die
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 3. Stuttgart u. a., 1850, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos03_1850/151>, abgerufen am 17.05.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.