Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 3. Stuttgart u. a., 1850.Erderzeugnissen hergenommen, die öden, stillen Räume phantastisch beleben. So sind früh abgesondert worden das Siebengestirn (die Gluckhenne), die sieben Sterne des Großen Wagens (der Kleine Wagen später, und nur wegen der wiederholten Form), der Gürtel des Orion (Jacobsstab), Cassiopeja, der Schwan, der Scorpion, das südliche Kreuz (wegen des auffallenden Wechsels der Richtung vor und nach der Culmination), die südliche Krone, die Füße des Centauren (gleichsam die Zwillinge des südlichen Himmels) u. s. f. Wo Steppen, Grasfluren oder Sandwüsten einen weiten Horizont darbieten, wird der mit den Jahreszeiten oder den Bedürfnissen des Hirtenlebens und Feldbaues wechselnde Auf- und Untergang der Constellationen ein Gegenstand fleißiger Beachtung und allmälig auch symbolisirender Ideenverbindung. Die beschauende, nicht messende Astronomie fängt nun an sich mehr zu entwickeln. Außer der täglichen, allen Himmelskörpern gemeinschaftlichen, Bewegung von Morgen gegen Abend wird bald erkannt, daß die Sonne eine eigene, weit langsamere, in entgegengesetzter Richtung habe. Die Sterne, die nach ihrem Untergange am Abendhimmel stehen, sinken mit jedem Tage tiefer zu ihr hinab und verlieren sich endlich ganz in ihre Strahlen während der Dämmerung; dagegen entfernen sich von der Sonne diejenigen Sterne, welche vor ihrem Aufgange am Morgenhimmel glänzen. Bei dem stets wechselnden Schauspiel des gestirnten Himmels zeigen sich immer andere und andere Constellationen. Mit einiger Aufmerksamkeit wird leicht erkannt, daß es dieselben sind, welche zuvor im Westen unsichtbar geworden waren; daß ohngefähr Erderzeugnissen hergenommen, die öden, stillen Räume phantastisch beleben. So sind früh abgesondert worden das Siebengestirn (die Gluckhenne), die sieben Sterne des Großen Wagens (der Kleine Wagen später, und nur wegen der wiederholten Form), der Gürtel des Orion (Jacobsstab), Cassiopeja, der Schwan, der Scorpion, das südliche Kreuz (wegen des auffallenden Wechsels der Richtung vor und nach der Culmination), die südliche Krone, die Füße des Centauren (gleichsam die Zwillinge des südlichen Himmels) u. s. f. Wo Steppen, Grasfluren oder Sandwüsten einen weiten Horizont darbieten, wird der mit den Jahreszeiten oder den Bedürfnissen des Hirtenlebens und Feldbaues wechselnde Auf- und Untergang der Constellationen ein Gegenstand fleißiger Beachtung und allmälig auch symbolisirender Ideenverbindung. Die beschauende, nicht messende Astronomie fängt nun an sich mehr zu entwickeln. Außer der täglichen, allen Himmelskörpern gemeinschaftlichen, Bewegung von Morgen gegen Abend wird bald erkannt, daß die Sonne eine eigene, weit langsamere, in entgegengesetzter Richtung habe. Die Sterne, die nach ihrem Untergange am Abendhimmel stehen, sinken mit jedem Tage tiefer zu ihr hinab und verlieren sich endlich ganz in ihre Strahlen während der Dämmerung; dagegen entfernen sich von der Sonne diejenigen Sterne, welche vor ihrem Aufgange am Morgenhimmel glänzen. Bei dem stets wechselnden Schauspiel des gestirnten Himmels zeigen sich immer andere und andere Constellationen. Mit einiger Aufmerksamkeit wird leicht erkannt, daß es dieselben sind, welche zuvor im Westen unsichtbar geworden waren; daß ohngefähr <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0163" n="158"/> Erderzeugnissen hergenommen, die öden, stillen Räume phantastisch beleben. So sind früh abgesondert worden das Siebengestirn (die Gluckhenne), die sieben Sterne des Großen Wagens (der Kleine Wagen später, und nur wegen der wiederholten Form), der Gürtel des Orion (Jacobsstab), Cassiopeja, der Schwan, der Scorpion, das südliche Kreuz (wegen des auffallenden Wechsels der Richtung vor und nach der Culmination), die südliche Krone, die Füße des Centauren (gleichsam die Zwillinge des südlichen Himmels) u. s. f.</p> <p>Wo Steppen, Grasfluren oder Sandwüsten einen weiten Horizont darbieten, wird der mit den Jahreszeiten oder den Bedürfnissen des Hirtenlebens und Feldbaues wechselnde Auf- und Untergang der Constellationen ein Gegenstand fleißiger Beachtung und allmälig auch symbolisirender Ideenverbindung. Die <hi rendition="#g">beschauende,</hi> nicht messende Astronomie fängt nun an sich mehr zu entwickeln. Außer der täglichen, allen Himmelskörpern gemeinschaftlichen, Bewegung von Morgen gegen Abend wird bald erkannt, daß die Sonne eine eigene, weit langsamere, in entgegengesetzter Richtung habe. Die Sterne, die nach ihrem Untergange am Abendhimmel stehen, sinken mit jedem Tage tiefer zu ihr hinab und verlieren sich endlich ganz in ihre Strahlen während der Dämmerung; dagegen entfernen sich von der Sonne diejenigen Sterne, welche vor ihrem Aufgange am Morgenhimmel glänzen. Bei dem stets wechselnden Schauspiel des gestirnten Himmels zeigen sich immer andere und andere Constellationen. Mit einiger Aufmerksamkeit wird leicht erkannt, daß es dieselben sind, welche zuvor im Westen unsichtbar geworden waren; daß ohngefähr </p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [158/0163]
Erderzeugnissen hergenommen, die öden, stillen Räume phantastisch beleben. So sind früh abgesondert worden das Siebengestirn (die Gluckhenne), die sieben Sterne des Großen Wagens (der Kleine Wagen später, und nur wegen der wiederholten Form), der Gürtel des Orion (Jacobsstab), Cassiopeja, der Schwan, der Scorpion, das südliche Kreuz (wegen des auffallenden Wechsels der Richtung vor und nach der Culmination), die südliche Krone, die Füße des Centauren (gleichsam die Zwillinge des südlichen Himmels) u. s. f.
Wo Steppen, Grasfluren oder Sandwüsten einen weiten Horizont darbieten, wird der mit den Jahreszeiten oder den Bedürfnissen des Hirtenlebens und Feldbaues wechselnde Auf- und Untergang der Constellationen ein Gegenstand fleißiger Beachtung und allmälig auch symbolisirender Ideenverbindung. Die beschauende, nicht messende Astronomie fängt nun an sich mehr zu entwickeln. Außer der täglichen, allen Himmelskörpern gemeinschaftlichen, Bewegung von Morgen gegen Abend wird bald erkannt, daß die Sonne eine eigene, weit langsamere, in entgegengesetzter Richtung habe. Die Sterne, die nach ihrem Untergange am Abendhimmel stehen, sinken mit jedem Tage tiefer zu ihr hinab und verlieren sich endlich ganz in ihre Strahlen während der Dämmerung; dagegen entfernen sich von der Sonne diejenigen Sterne, welche vor ihrem Aufgange am Morgenhimmel glänzen. Bei dem stets wechselnden Schauspiel des gestirnten Himmels zeigen sich immer andere und andere Constellationen. Mit einiger Aufmerksamkeit wird leicht erkannt, daß es dieselben sind, welche zuvor im Westen unsichtbar geworden waren; daß ohngefähr
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