Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 3. Stuttgart u. a., 1850.

Bild:
<< vorherige Seite

entfernt) geben, so daß dies Sternzeichen nach Horapollo hieroglyphisch die Zahl 5 bedeuten soll41.

Die Sternschwänze verschwinden, wenn man das Bild der strahlenden Sterne (ich habe oft Canopus wie Sirius auf diese Weise beobachtet) durch ein sehr kleines mit einer Nadel in eine Karte gemachtes Loch empfängt. Eben so ist es bei dem telescopischen Sehen mit starker Vergrößerung, in welchem die Gestirne entweder als leuchtende Punkte von intensiverem Lichte oder auch wohl als überaus kleine Scheiben sich darstellen. Wenn gleich das schwächere Funkeln der Fixsterne unter den Wendekreisen einen gewissen Eindruck der Ruhe gewährt, so würde mir doch, bei unbewaffnetem Auge, eine völlige Abwesenheit aller Sternstrahlung das Himmelsgewölbe zu veröden scheinen. Sinnliche Täuschung, undeutliches Sehen vermehren vielleicht die Pracht der leuchtenden Himmelsdecke. Arago hat schon längst die Frage aufgeworfen: warum trotz der großen Lichtstärke der Fixsterne erster Größe man nicht diese, und doch den äußersten Rand der Mondscheibe42 am Horizonte beim Aufgehen erblicke?

Die vollkommensten optischen Werkzeuge, die stärksten Vergrößerungen geben den Fixsternen falsche Durchmesser (spurious disks, diametres factices), welche nach Sir John Herschel's Bemerkung43 "bei gleicher Vergrößerung um so kleiner werden, als die Oeffnung des Fernrohrs wächst". Verfinsterungen der Sterne durch die Mondscheibe beweisen, wie Ein- und Austritt dergestalt augenblicklich sind, daß keine Fraction einer Zeitsecunde für die Dauer erkannt werden kann. Das oft beobachtete Phänomen des sogenannten Klebens des eintretenden Sternes auf der Mondscheibe

entfernt) geben, so daß dies Sternzeichen nach Horapollo hieroglyphisch die Zahl 5 bedeuten soll41.

Die Sternschwänze verschwinden, wenn man das Bild der strahlenden Sterne (ich habe oft Canopus wie Sirius auf diese Weise beobachtet) durch ein sehr kleines mit einer Nadel in eine Karte gemachtes Loch empfängt. Eben so ist es bei dem telescopischen Sehen mit starker Vergrößerung, in welchem die Gestirne entweder als leuchtende Punkte von intensiverem Lichte oder auch wohl als überaus kleine Scheiben sich darstellen. Wenn gleich das schwächere Funkeln der Fixsterne unter den Wendekreisen einen gewissen Eindruck der Ruhe gewährt, so würde mir doch, bei unbewaffnetem Auge, eine völlige Abwesenheit aller Sternstrahlung das Himmelsgewölbe zu veröden scheinen. Sinnliche Täuschung, undeutliches Sehen vermehren vielleicht die Pracht der leuchtenden Himmelsdecke. Arago hat schon längst die Frage aufgeworfen: warum trotz der großen Lichtstärke der Fixsterne erster Größe man nicht diese, und doch den äußersten Rand der Mondscheibe42 am Horizonte beim Aufgehen erblicke?

Die vollkommensten optischen Werkzeuge, die stärksten Vergrößerungen geben den Fixsternen falsche Durchmesser (spurious disks, diamètres factices), welche nach Sir John Herschel's Bemerkung43 „bei gleicher Vergrößerung um so kleiner werden, als die Oeffnung des Fernrohrs wächst“. Verfinsterungen der Sterne durch die Mondscheibe beweisen, wie Ein- und Austritt dergestalt augenblicklich sind, daß keine Fraction einer Zeitsecunde für die Dauer erkannt werden kann. Das oft beobachtete Phänomen des sogenannten Klebens des eintretenden Sternes auf der Mondscheibe

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0172" n="167"/>
entfernt) geben, so daß dies Sternzeichen nach Horapollo hieroglyphisch die Zahl 5 bedeuten soll<note xml:id="ftn207" next="ftn207-text" place="end" n="41"/>.</p>
              <p>Die <hi rendition="#g">Sternschwänze</hi> verschwinden, wenn man das Bild der strahlenden Sterne (ich habe oft Canopus wie Sirius auf diese Weise beobachtet) durch ein sehr kleines mit einer Nadel in eine Karte gemachtes Loch empfängt. Eben so ist es bei dem telescopischen Sehen mit starker Vergrößerung, in welchem die Gestirne entweder als leuchtende Punkte von intensiverem Lichte oder auch wohl als überaus kleine Scheiben sich darstellen. Wenn gleich das schwächere Funkeln der Fixsterne unter den Wendekreisen einen gewissen Eindruck der Ruhe gewährt, so würde mir doch, bei unbewaffnetem Auge, eine völlige Abwesenheit aller Sternstrahlung das Himmelsgewölbe zu veröden scheinen. Sinnliche Täuschung, undeutliches Sehen vermehren vielleicht die Pracht der leuchtenden Himmelsdecke. Arago hat schon längst die Frage aufgeworfen: warum trotz der großen Lichtstärke der Fixsterne erster Größe man nicht diese, und doch den äußersten Rand der Mondscheibe<note xml:id="ftn208" next="ftn208-text" place="end" n="42"/> am Horizonte beim Aufgehen erblicke?</p>
              <p>Die vollkommensten optischen Werkzeuge, die stärksten Vergrößerungen geben den Fixsternen falsche Durchmesser (spurious disks, diamètres factices), welche nach Sir John Herschel's Bemerkung<note xml:id="ftn209" next="ftn209-text" place="end" n="43"/> &#x201E;bei gleicher Vergrößerung um so kleiner werden, als die Oeffnung des Fernrohrs wächst&#x201C;. Verfinsterungen der Sterne durch die Mondscheibe beweisen, wie Ein- und Austritt dergestalt augenblicklich sind, daß keine Fraction einer Zeitsecunde für die Dauer erkannt werden kann. Das oft beobachtete Phänomen des sogenannten <hi rendition="#g">Klebens</hi> des eintretenden Sternes auf der Mondscheibe
</p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[167/0172] entfernt) geben, so daß dies Sternzeichen nach Horapollo hieroglyphisch die Zahl 5 bedeuten soll ⁴¹ . Die Sternschwänze verschwinden, wenn man das Bild der strahlenden Sterne (ich habe oft Canopus wie Sirius auf diese Weise beobachtet) durch ein sehr kleines mit einer Nadel in eine Karte gemachtes Loch empfängt. Eben so ist es bei dem telescopischen Sehen mit starker Vergrößerung, in welchem die Gestirne entweder als leuchtende Punkte von intensiverem Lichte oder auch wohl als überaus kleine Scheiben sich darstellen. Wenn gleich das schwächere Funkeln der Fixsterne unter den Wendekreisen einen gewissen Eindruck der Ruhe gewährt, so würde mir doch, bei unbewaffnetem Auge, eine völlige Abwesenheit aller Sternstrahlung das Himmelsgewölbe zu veröden scheinen. Sinnliche Täuschung, undeutliches Sehen vermehren vielleicht die Pracht der leuchtenden Himmelsdecke. Arago hat schon längst die Frage aufgeworfen: warum trotz der großen Lichtstärke der Fixsterne erster Größe man nicht diese, und doch den äußersten Rand der Mondscheibe ⁴² am Horizonte beim Aufgehen erblicke? Die vollkommensten optischen Werkzeuge, die stärksten Vergrößerungen geben den Fixsternen falsche Durchmesser (spurious disks, diamètres factices), welche nach Sir John Herschel's Bemerkung ⁴³ „bei gleicher Vergrößerung um so kleiner werden, als die Oeffnung des Fernrohrs wächst“. Verfinsterungen der Sterne durch die Mondscheibe beweisen, wie Ein- und Austritt dergestalt augenblicklich sind, daß keine Fraction einer Zeitsecunde für die Dauer erkannt werden kann. Das oft beobachtete Phänomen des sogenannten Klebens des eintretenden Sternes auf der Mondscheibe

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Posner Collection: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-09T11:04:31Z)
Moritz Bodner: Erstellung bzw. Korrektur der griechischen Textpassagen (2013-04-18T11:04:31Z)



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos03_1850
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos03_1850/172
Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 3. Stuttgart u. a., 1850, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos03_1850/172>, abgerufen am 17.05.2024.