Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 3. Stuttgart u. a., 1850.elementarischen Natur, angewandt, sondern vorzugsweise auf die höheren Organisationen25 der Thier- und Pflanzenwelt. Auffallend ist es, daß in diesen Lehren die Gottheit sich gleichsam einer Anzahl von Astralgeistern bedient, welche (wie der Massenvertheilung und der Perturbationen kundig) die Planeten in den ewigen Bahnen zu erhalten wissen.26 Die Gestirne offenbaren dabei das Bild der Göttlichkeit in der sinnlichen Welt. Des kleinen, Pseudo-Aristotelischen, gewiß stoischen Buches vom Kosmos ist hier, trotz seines Namens, nicht Erwähnung geschehen. Es stellt zwar, naturbeschreibend und oft mit rhetorischer Lebendigkeit und Färbung, zugleich Himmel und Erde, die Strömungen des Meeres und des Luftkreises dar; aber es offenbart keine Tendenz die Erscheinungen des Kosmos auf allgemeine physikalische, d. h. in den Eigenschaften der Materie gegründete, Principien zurückzuführen. Ich habe länger bei der glänzendsten Epoche der Naturansichten des Alterthums verweilt, um den frühesten Versuchen der Verallgemeinerung die Versuche der neueren Zeit gegenüberzustellen. In der Gedankenbewegung der Jahrhunderte, welche in Hinsicht auf die Erweiterung kosmischer Anschauungen in einem anderen Theile dieses Buches27 geschildert worden ist, zeichnen sich das Ende des dreizehnten und der Anfang des vierzehnten Jahrhunderts aus; aber das Opus majus von Roger Bacon, der Naturspiegel des Vincenz von Beauvais, die physische Geographie (Liber cosmographicus) von Albert dem Großen, das Weltgemälde (Imago Mundi) des Cardinals Petrus de Alliaco (Pierre d'Ailly) sind Werke, welche, so mächtig sie auch auf Zeitgenossen gewirkt haben, durch elementarischen Natur, angewandt, sondern vorzugsweise auf die höheren Organisationen25 der Thier- und Pflanzenwelt. Auffallend ist es, daß in diesen Lehren die Gottheit sich gleichsam einer Anzahl von Astralgeistern bedient, welche (wie der Massenvertheilung und der Perturbationen kundig) die Planeten in den ewigen Bahnen zu erhalten wissen.26 Die Gestirne offenbaren dabei das Bild der Göttlichkeit in der sinnlichen Welt. Des kleinen, Pseudo-Aristotelischen, gewiß stoischen Buches vom Kosmos ist hier, trotz seines Namens, nicht Erwähnung geschehen. Es stellt zwar, naturbeschreibend und oft mit rhetorischer Lebendigkeit und Färbung, zugleich Himmel und Erde, die Strömungen des Meeres und des Luftkreises dar; aber es offenbart keine Tendenz die Erscheinungen des Kosmos auf allgemeine physikalische, d. h. in den Eigenschaften der Materie gegründete, Principien zurückzuführen. Ich habe länger bei der glänzendsten Epoche der Naturansichten des Alterthums verweilt, um den frühesten Versuchen der Verallgemeinerung die Versuche der neueren Zeit gegenüberzustellen. In der Gedankenbewegung der Jahrhunderte, welche in Hinsicht auf die Erweiterung kosmischer Anschauungen in einem anderen Theile dieses Buches27 geschildert worden ist, zeichnen sich das Ende des dreizehnten und der Anfang des vierzehnten Jahrhunderts aus; aber das Opus majus von Roger Bacon, der Naturspiegel des Vincenz von Beauvais, die physische Geographie (Liber cosmographicus) von Albert dem Großen, das Weltgemälde (Imago Mundi) des Cardinals Petrus de Alliaco (Pierre d'Ailly) sind Werke, welche, so mächtig sie auch auf Zeitgenossen gewirkt haben, durch <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0021" n="16"/> elementarischen Natur, angewandt, sondern vorzugsweise auf die höheren Organisationen<note xml:id="ftn25" next="#ftn25-text" place="end" n="25"/> der Thier- und Pflanzenwelt. Auffallend ist es, daß in diesen Lehren die Gottheit sich gleichsam einer Anzahl von <hi rendition="#g">Astralgeistern</hi> bedient, welche (wie der Massenvertheilung und der Perturbationen kundig) die Planeten in den ewigen Bahnen zu erhalten wissen.<note xml:id="ftn26" next="#ftn26-text" place="end" n="26"/> Die Gestirne offenbaren dabei das Bild der Göttlichkeit in der sinnlichen Welt. Des kleinen, Pseudo-Aristotelischen, gewiß stoischen Buches <hi rendition="#g">vom Kosmos</hi> ist hier, trotz seines Namens, nicht Erwähnung geschehen. Es stellt zwar, naturbeschreibend und oft mit rhetorischer Lebendigkeit und Färbung, zugleich Himmel und Erde, die Strömungen des Meeres und des Luftkreises dar; aber es offenbart keine Tendenz die Erscheinungen des Kosmos auf allgemeine physikalische, d. h. in den Eigenschaften der Materie gegründete, Principien zurückzuführen.</p> <p>Ich habe länger bei der glänzendsten Epoche der Naturansichten des Alterthums verweilt, um den frühesten Versuchen der Verallgemeinerung die Versuche der neueren Zeit gegenüberzustellen. In der Gedankenbewegung der Jahrhunderte, welche in Hinsicht auf die Erweiterung <hi rendition="#g">kosmischer Anschauungen</hi> in einem anderen Theile dieses Buches<note xml:id="ftn27" next="#ftn27-text" place="end" n="27"/> geschildert worden ist, zeichnen sich das Ende des dreizehnten und der Anfang des vierzehnten Jahrhunderts aus; aber das <hi rendition="#g">Opus majus</hi> von Roger Bacon, der <hi rendition="#g">Naturspiegel</hi> des Vincenz von Beauvais, die physische Geographie <hi rendition="#g">(Liber cosmographicus)</hi> von Albert dem Großen, das <hi rendition="#g">Weltgemälde (Imago Mundi)</hi> des Cardinals Petrus de Alliaco (Pierre d'Ailly) sind Werke, welche, so mächtig sie auch auf Zeitgenossen gewirkt haben, durch </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [16/0021]
elementarischen Natur, angewandt, sondern vorzugsweise auf die höheren Organisationen
²⁵
der Thier- und Pflanzenwelt. Auffallend ist es, daß in diesen Lehren die Gottheit sich gleichsam einer Anzahl von Astralgeistern bedient, welche (wie der Massenvertheilung und der Perturbationen kundig) die Planeten in den ewigen Bahnen zu erhalten wissen.
²⁶
Die Gestirne offenbaren dabei das Bild der Göttlichkeit in der sinnlichen Welt. Des kleinen, Pseudo-Aristotelischen, gewiß stoischen Buches vom Kosmos ist hier, trotz seines Namens, nicht Erwähnung geschehen. Es stellt zwar, naturbeschreibend und oft mit rhetorischer Lebendigkeit und Färbung, zugleich Himmel und Erde, die Strömungen des Meeres und des Luftkreises dar; aber es offenbart keine Tendenz die Erscheinungen des Kosmos auf allgemeine physikalische, d. h. in den Eigenschaften der Materie gegründete, Principien zurückzuführen.
Ich habe länger bei der glänzendsten Epoche der Naturansichten des Alterthums verweilt, um den frühesten Versuchen der Verallgemeinerung die Versuche der neueren Zeit gegenüberzustellen. In der Gedankenbewegung der Jahrhunderte, welche in Hinsicht auf die Erweiterung kosmischer Anschauungen in einem anderen Theile dieses Buches
²⁷
geschildert worden ist, zeichnen sich das Ende des dreizehnten und der Anfang des vierzehnten Jahrhunderts aus; aber das Opus majus von Roger Bacon, der Naturspiegel des Vincenz von Beauvais, die physische Geographie (Liber cosmographicus) von Albert dem Großen, das Weltgemälde (Imago Mundi) des Cardinals Petrus de Alliaco (Pierre d'Ailly) sind Werke, welche, so mächtig sie auch auf Zeitgenossen gewirkt haben, durch
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Posner Collection: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-01-09T11:04:31Z)
Moritz Bodner: Erstellung bzw. Korrektur der griechischen Textpassagen
(2013-04-18T11:04:31Z)
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |