Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 3. Stuttgart u. a., 1850.unmittelbare Verbindung, in welcher unsere noch so schwache Kenntniß der Parallaxen mit der Kenntniß der ganzen Gestaltung des Weltbaues steht, giebt den Betrachtungen, welche sich auf die Entfernung der Fixsterne beziehen, einen eigenen Reiz. Der menschliche Scharfsinn hat zu dieser Classe von Untersuchungen Hülfsmittel erdacht, welche von den gewöhnlichen ganz verschieden und, auf die Geschwindigkeit des Lichts gegründet, hier eine kurze Erwähnung verdienen. Der den physikalischen Wissenschaften so früh entrissene Savary hat gezeigt, wie die Aberration des Lichts bei Doppelsternen zur Bestimmung der Parallaxe benutzt werden könne. Wenn nämlich die Ebene der Bahn, welche der Nebenstern um den Centralkörper beschreibt, nicht auf der Gesichtslinie von der Erde zu dem Doppelstern senkrecht steht, sondern nahe in diese Gesichtslinie selbst fällt; so wird der Nebenstern in seinem Laufe ebenfalls nahe eine gerade Linie zu beschreiben scheinen, und die Punkte der der Erde zugekehrten Hälfte seiner Bahn werden alle dem Beobachter näher liegen als die entsprechenden Punkte der zweiten, von der Erde abgewandten Hälfte. Eine solche Theilung in zwei Hälften bringt nur für den Beobachter (nicht in der Wirklichkeit) eine ungleiche Geschwindigkeit hervor, in welcher der Nebenstern in seiner Bahn sich von ihm entfernt oder sich ihm nähert. Ist nun der Halbmesser jener Bahn so groß, daß das Licht mehrere Tage oder Wochen gebraucht, um ihn zu durchlaufen; so wird die Zeit der halben Revolution in der abgewandten, entfernteren Seite größer ausfallen als die Zeit in der dem Beobachter zugekehrten Seite. Die Summe beider un- unmittelbare Verbindung, in welcher unsere noch so schwache Kenntniß der Parallaxen mit der Kenntniß der ganzen Gestaltung des Weltbaues steht, giebt den Betrachtungen, welche sich auf die Entfernung der Fixsterne beziehen, einen eigenen Reiz. Der menschliche Scharfsinn hat zu dieser Classe von Untersuchungen Hülfsmittel erdacht, welche von den gewöhnlichen ganz verschieden und, auf die Geschwindigkeit des Lichts gegründet, hier eine kurze Erwähnung verdienen. Der den physikalischen Wissenschaften so früh entrissene Savary hat gezeigt, wie die Aberration des Lichts bei Doppelsternen zur Bestimmung der Parallaxe benutzt werden könne. Wenn nämlich die Ebene der Bahn, welche der Nebenstern um den Centralkörper beschreibt, nicht auf der Gesichtslinie von der Erde zu dem Doppelstern senkrecht steht, sondern nahe in diese Gesichtslinie selbst fällt; so wird der Nebenstern in seinem Laufe ebenfalls nahe eine gerade Linie zu beschreiben scheinen, und die Punkte der der Erde zugekehrten Hälfte seiner Bahn werden alle dem Beobachter näher liegen als die entsprechenden Punkte der zweiten, von der Erde abgewandten Hälfte. Eine solche Theilung in zwei Hälften bringt nur für den Beobachter (nicht in der Wirklichkeit) eine ungleiche Geschwindigkeit hervor, in welcher der Nebenstern in seiner Bahn sich von ihm entfernt oder sich ihm nähert. Ist nun der Halbmesser jener Bahn so groß, daß das Licht mehrere Tage oder Wochen gebraucht, um ihn zu durchlaufen; so wird die Zeit der halben Revolution in der abgewandten, entfernteren Seite größer ausfallen als die Zeit in der dem Beobachter zugekehrten Seite. Die Summe beider un- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0282" n="277"/> unmittelbare Verbindung, in welcher unsere noch so schwache Kenntniß der Parallaxen mit der Kenntniß der ganzen Gestaltung des Weltbaues steht, giebt den Betrachtungen, welche sich auf die Entfernung der Fixsterne beziehen, einen eigenen Reiz.</p> <p>Der menschliche Scharfsinn hat zu dieser Classe von Untersuchungen Hülfsmittel erdacht, welche von den gewöhnlichen ganz verschieden und, auf die <hi rendition="#g">Geschwindigkeit des Lichts</hi> gegründet, hier eine kurze Erwähnung verdienen. Der den physikalischen Wissenschaften so früh entrissene Savary hat gezeigt, wie die Aberration des Lichts bei Doppelsternen zur Bestimmung der Parallaxe benutzt werden könne. Wenn nämlich die Ebene der Bahn, welche der Nebenstern um den Centralkörper beschreibt, nicht auf der Gesichtslinie von der Erde zu dem Doppelstern senkrecht steht, sondern nahe in diese Gesichtslinie selbst fällt; so wird der Nebenstern in seinem Laufe ebenfalls nahe eine gerade Linie zu beschreiben scheinen, und die Punkte der der Erde zugekehrten Hälfte seiner Bahn werden alle dem Beobachter näher liegen als die entsprechenden Punkte der zweiten, von der Erde abgewandten Hälfte. Eine solche Theilung in zwei Hälften bringt nur für den Beobachter (nicht in der Wirklichkeit) eine ungleiche Geschwindigkeit hervor, in welcher der Nebenstern in seiner Bahn sich von ihm entfernt oder sich ihm nähert. Ist nun der Halbmesser jener Bahn so groß, daß das Licht mehrere Tage oder Wochen gebraucht, um ihn zu durchlaufen; so wird die Zeit der halben Revolution in der abgewandten, entfernteren Seite größer ausfallen als die Zeit in der dem Beobachter zugekehrten Seite. Die Summe beider un- </p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [277/0282]
unmittelbare Verbindung, in welcher unsere noch so schwache Kenntniß der Parallaxen mit der Kenntniß der ganzen Gestaltung des Weltbaues steht, giebt den Betrachtungen, welche sich auf die Entfernung der Fixsterne beziehen, einen eigenen Reiz.
Der menschliche Scharfsinn hat zu dieser Classe von Untersuchungen Hülfsmittel erdacht, welche von den gewöhnlichen ganz verschieden und, auf die Geschwindigkeit des Lichts gegründet, hier eine kurze Erwähnung verdienen. Der den physikalischen Wissenschaften so früh entrissene Savary hat gezeigt, wie die Aberration des Lichts bei Doppelsternen zur Bestimmung der Parallaxe benutzt werden könne. Wenn nämlich die Ebene der Bahn, welche der Nebenstern um den Centralkörper beschreibt, nicht auf der Gesichtslinie von der Erde zu dem Doppelstern senkrecht steht, sondern nahe in diese Gesichtslinie selbst fällt; so wird der Nebenstern in seinem Laufe ebenfalls nahe eine gerade Linie zu beschreiben scheinen, und die Punkte der der Erde zugekehrten Hälfte seiner Bahn werden alle dem Beobachter näher liegen als die entsprechenden Punkte der zweiten, von der Erde abgewandten Hälfte. Eine solche Theilung in zwei Hälften bringt nur für den Beobachter (nicht in der Wirklichkeit) eine ungleiche Geschwindigkeit hervor, in welcher der Nebenstern in seiner Bahn sich von ihm entfernt oder sich ihm nähert. Ist nun der Halbmesser jener Bahn so groß, daß das Licht mehrere Tage oder Wochen gebraucht, um ihn zu durchlaufen; so wird die Zeit der halben Revolution in der abgewandten, entfernteren Seite größer ausfallen als die Zeit in der dem Beobachter zugekehrten Seite. Die Summe beider un-
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