Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 3. Stuttgart u. a., 1850.

Bild:
<< vorherige Seite

unsere letzten (äußersten) Nebel sich in Sternhaufen auflösen, welche sich wie Sterne der Milchstraße "auf schwarzen, ganz dunstfreien Grund projiciren"29. Ist aber wohl ein solcher Zustand des Weltbaues und zugleich der Vervollkommnung optischer Werkzeuge wahrscheinlich, bei dem am ganzen Firmament kein unaufgelöster Nebelfleck mehr aufzufinden wäre?

Die hypothetische Annahme eines selbstleuchtenden Fluidums, das, scharf begrenzt, in runden oder ovalen Nebelflecken auftritt, muß nicht verwechselt werden mit der ebenfalls hypothetischen Annahme eines nicht leuchtenden, den Weltraum füllenden, durch seine Wellenbewegung Licht, strahlende Wärme und Electro-Magnetismus erzeugenden Aethers.30 Die Ausströmungen der Cometenkerne, als Schweife oft ungeheure Räume einnehmend, verstreuen ihren uns unbekannten Stoff zwischen die Planetenbahnen des Sonnensystems, welche sie durchschneiden. Getrennt von dem leitenden Kerne, hört aber der Stoff auf uns bemerkbar zu leuchten. Schon Newton hielt für möglich, daß "vapores ex Sole et Stellis fixis et caudis Cometarum" sich der Erd-Atmosphäre beimischen könnten.31 In dem dunstartigen kreisenden, abgeplatteten Ringe des Zodiacalscheins hat noch kein Fernrohr etwas sternartiges entdeckt. Ob die Theilchen, aus welchen dieser Ring besteht und welche nach dynamischen Bedingungen von Einigen als um sich selbst rotirend, von Anderen als bloß um die Sonne kreisend gedacht werden, erleuchtet oder, wie mancher irdische Nebel32, selbstleuchtend sind: bleibt unentschieden. Dominicus Cassini glaubte, daß sie kleine planetenartige Körper33 seien. Es ist wie ein Bedürfniß des sinnlichen Menschen, in allem Flüssigen discrete34 Molecular-Theile zu suchen, gleich den vollen oder hohlen Wolkenbläschen; und die Gradationen der Dichtigkeits-

unsere letzten (äußersten) Nebel sich in Sternhaufen auflösen, welche sich wie Sterne der Milchstraße „auf schwarzen, ganz dunstfreien Grund projiciren“29. Ist aber wohl ein solcher Zustand des Weltbaues und zugleich der Vervollkommnung optischer Werkzeuge wahrscheinlich, bei dem am ganzen Firmament kein unaufgelöster Nebelfleck mehr aufzufinden wäre?

Die hypothetische Annahme eines selbstleuchtenden Fluidums, das, scharf begrenzt, in runden oder ovalen Nebelflecken auftritt, muß nicht verwechselt werden mit der ebenfalls hypothetischen Annahme eines nicht leuchtenden, den Weltraum füllenden, durch seine Wellenbewegung Licht, strahlende Wärme und Electro-Magnetismus erzeugenden Aethers.30 Die Ausströmungen der Cometenkerne, als Schweife oft ungeheure Räume einnehmend, verstreuen ihren uns unbekannten Stoff zwischen die Planetenbahnen des Sonnensystems, welche sie durchschneiden. Getrennt von dem leitenden Kerne, hört aber der Stoff auf uns bemerkbar zu leuchten. Schon Newton hielt für möglich, daß »vapores ex Sole et Stellis fixis et caudis Cometarum« sich der Erd-Atmosphäre beimischen könnten.31 In dem dunstartigen kreisenden, abgeplatteten Ringe des Zodiacalscheins hat noch kein Fernrohr etwas sternartiges entdeckt. Ob die Theilchen, aus welchen dieser Ring besteht und welche nach dynamischen Bedingungen von Einigen als um sich selbst rotirend, von Anderen als bloß um die Sonne kreisend gedacht werden, erleuchtet oder, wie mancher irdische Nebel32, selbstleuchtend sind: bleibt unentschieden. Dominicus Cassini glaubte, daß sie kleine planetenartige Körper33 seien. Es ist wie ein Bedürfniß des sinnlichen Menschen, in allem Flüssigen discrete34 Molecular-Theile zu suchen, gleich den vollen oder hohlen Wolkenbläschen; und die Gradationen der Dichtigkeits-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0328" n="323"/>
unsere letzten (äußersten) Nebel sich in Sternhaufen auflösen, welche sich wie Sterne der Milchstraße &#x201E;auf schwarzen, ganz dunstfreien Grund projiciren&#x201C;<note xml:id="ftn386" next="ftn386-text" place="end" n="29"/>. Ist aber wohl ein solcher Zustand des Weltbaues und zugleich der Vervollkommnung optischer Werkzeuge wahrscheinlich, bei dem am ganzen Firmament kein unaufgelöster Nebelfleck mehr aufzufinden wäre?</p>
              <p>Die hypothetische Annahme eines selbstleuchtenden Fluidums, das, scharf begrenzt, in runden oder ovalen Nebelflecken auftritt, muß nicht verwechselt werden mit der ebenfalls hypothetischen Annahme eines nicht leuchtenden, den Weltraum füllenden, durch seine Wellenbewegung Licht, strahlende Wärme und Electro-Magnetismus erzeugenden Aethers.<note xml:id="ftn387" next="ftn387-text" place="end" n="30"/> Die Ausströmungen der Cometenkerne, als Schweife oft ungeheure Räume einnehmend, verstreuen ihren uns unbekannten Stoff zwischen die Planetenbahnen des Sonnensystems, welche sie durchschneiden. Getrennt von dem leitenden Kerne, hört aber der Stoff auf uns bemerkbar zu leuchten. Schon Newton hielt für möglich, daß »vapores ex Sole et Stellis fixis et caudis Cometarum« sich der Erd-Atmosphäre beimischen könnten.<note xml:id="ftn388" next="ftn388-text" place="end" n="31"/> In dem dunstartigen kreisenden, abgeplatteten Ringe des Zodiacalscheins hat noch kein Fernrohr etwas sternartiges entdeckt. Ob die Theilchen, aus welchen dieser Ring besteht und welche nach dynamischen Bedingungen von Einigen als um sich selbst rotirend, von Anderen als bloß um die Sonne kreisend gedacht werden, erleuchtet oder, wie mancher irdische Nebel<note xml:id="ftn389" next="ftn389-text" place="end" n="32"/>, selbstleuchtend sind: bleibt unentschieden. Dominicus Cassini glaubte, daß sie kleine planetenartige Körper<note xml:id="ftn390" next="ftn390-text" place="end" n="33"/> seien. Es ist wie ein Bedürfniß des sinnlichen Menschen, in allem Flüssigen discrete<note xml:id="ftn391" next="ftn391-text" place="end" n="34"/> Molecular-Theile zu suchen, gleich den vollen oder hohlen Wolkenbläschen; und die Gradationen der Dichtigkeits-
</p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[323/0328] unsere letzten (äußersten) Nebel sich in Sternhaufen auflösen, welche sich wie Sterne der Milchstraße „auf schwarzen, ganz dunstfreien Grund projiciren“ ²⁹ . Ist aber wohl ein solcher Zustand des Weltbaues und zugleich der Vervollkommnung optischer Werkzeuge wahrscheinlich, bei dem am ganzen Firmament kein unaufgelöster Nebelfleck mehr aufzufinden wäre? Die hypothetische Annahme eines selbstleuchtenden Fluidums, das, scharf begrenzt, in runden oder ovalen Nebelflecken auftritt, muß nicht verwechselt werden mit der ebenfalls hypothetischen Annahme eines nicht leuchtenden, den Weltraum füllenden, durch seine Wellenbewegung Licht, strahlende Wärme und Electro-Magnetismus erzeugenden Aethers. ³⁰ Die Ausströmungen der Cometenkerne, als Schweife oft ungeheure Räume einnehmend, verstreuen ihren uns unbekannten Stoff zwischen die Planetenbahnen des Sonnensystems, welche sie durchschneiden. Getrennt von dem leitenden Kerne, hört aber der Stoff auf uns bemerkbar zu leuchten. Schon Newton hielt für möglich, daß »vapores ex Sole et Stellis fixis et caudis Cometarum« sich der Erd-Atmosphäre beimischen könnten. ³¹ In dem dunstartigen kreisenden, abgeplatteten Ringe des Zodiacalscheins hat noch kein Fernrohr etwas sternartiges entdeckt. Ob die Theilchen, aus welchen dieser Ring besteht und welche nach dynamischen Bedingungen von Einigen als um sich selbst rotirend, von Anderen als bloß um die Sonne kreisend gedacht werden, erleuchtet oder, wie mancher irdische Nebel ³² , selbstleuchtend sind: bleibt unentschieden. Dominicus Cassini glaubte, daß sie kleine planetenartige Körper ³³ seien. Es ist wie ein Bedürfniß des sinnlichen Menschen, in allem Flüssigen discrete ³⁴ Molecular-Theile zu suchen, gleich den vollen oder hohlen Wolkenbläschen; und die Gradationen der Dichtigkeits-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Posner Collection: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-09T11:04:31Z)
Moritz Bodner: Erstellung bzw. Korrektur der griechischen Textpassagen (2013-04-18T11:04:31Z)



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos03_1850
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos03_1850/328
Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 3. Stuttgart u. a., 1850, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos03_1850/328>, abgerufen am 13.06.2024.