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Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 3. Stuttgart u. a., 1850.

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regelmäßig fortwirkenden Ursachen nicht ein Theil der Lösung des großen geologischen Problems der Vergrabung tropischer Pflanzen- und Thierformen in der jetzt kalten Zone gefunden werden könne? Dieselben mathematischen Gedankenverbindungen, welche zu den Besorgnissen über Position der Apsiden, über Form der elliptischen Planetenbahnen (je nachdem diese sich der Kreisform oder einer cometenartigen Excentricität nähern), über Neigung der Planeten-Achsen, Veränderung der Schiefe der Ekliptik, Einfluß der Präcession auf die Jahreslänge anregen; gewähren in ihrer höheren analytischen Entwickelung auch kosmische Motive der Beruhigung. Die großen Axen und die Massen sind constant. Periodische Wiederkehr hindert ein maaßloses Anwachsen gewisser Perturbationen. Die schon an sich so mäßigen Excentricitäten der mächtigsten zwei Planeten, des Jupiter und des Saturn, sind durch eine gegenseitige und dazu noch ausgleichende Wirkung wechselsweise im Zu- und Abnehmen begriffen, wie auch in bestimmte, meist enge Grenzen eingeschlossen.

Durch die Veränderung der Position der Apsidenlinie43 fällt allmälig der Punkt, in welchem die Erde der Sonne am nächsten ist, in ganz entgegengesetzte Jahreszeiten. Wenn gegenwärtig das Perihel in die ersten Tage des Jänners, wie die Sonnenferne (Aphel) sechs Monate später, in die ersten Tage des Julius, fällt; so kann durch das Fortschreiten (die Drehung) der Apsidenlinie oder großen Axe der Erdbahn das Maximum des Abstandes im Winter, das Minimum im Sommer eintreten, so daß im Januar die Erde der Sonne um 700000 geographische Meilen (d. i. ohngefähr 1/30 des mittleren Abstandes der Erde von der Sonne) ferner stehen würde als im Sommer. Auf den ersten Anblick möchte man

regelmäßig fortwirkenden Ursachen nicht ein Theil der Lösung des großen geologischen Problems der Vergrabung tropischer Pflanzen- und Thierformen in der jetzt kalten Zone gefunden werden könne? Dieselben mathematischen Gedankenverbindungen, welche zu den Besorgnissen über Position der Apsiden, über Form der elliptischen Planetenbahnen (je nachdem diese sich der Kreisform oder einer cometenartigen Excentricität nähern), über Neigung der Planeten-Achsen, Veränderung der Schiefe der Ekliptik, Einfluß der Präcession auf die Jahreslänge anregen; gewähren in ihrer höheren analytischen Entwickelung auch kosmische Motive der Beruhigung. Die großen Axen und die Massen sind constant. Periodische Wiederkehr hindert ein maaßloses Anwachsen gewisser Perturbationen. Die schon an sich so mäßigen Excentricitäten der mächtigsten zwei Planeten, des Jupiter und des Saturn, sind durch eine gegenseitige und dazu noch ausgleichende Wirkung wechselsweise im Zu- und Abnehmen begriffen, wie auch in bestimmte, meist enge Grenzen eingeschlossen.

Durch die Veränderung der Position der Apsidenlinie43 fällt allmälig der Punkt, in welchem die Erde der Sonne am nächsten ist, in ganz entgegengesetzte Jahreszeiten. Wenn gegenwärtig das Perihel in die ersten Tage des Jänners, wie die Sonnenferne (Aphel) sechs Monate später, in die ersten Tage des Julius, fällt; so kann durch das Fortschreiten (die Drehung) der Apsidenlinie oder großen Axe der Erdbahn das Maximum des Abstandes im Winter, das Minimum im Sommer eintreten, so daß im Januar die Erde der Sonne um 700000 geographische Meilen (d. i. ohngefähr 1/30 des mittleren Abstandes der Erde von der Sonne) ferner stehen würde als im Sommer. Auf den ersten Anblick möchte man

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[457/0462] regelmäßig fortwirkenden Ursachen nicht ein Theil der Lösung des großen geologischen Problems der Vergrabung tropischer Pflanzen- und Thierformen in der jetzt kalten Zone gefunden werden könne? Dieselben mathematischen Gedankenverbindungen, welche zu den Besorgnissen über Position der Apsiden, über Form der elliptischen Planetenbahnen (je nachdem diese sich der Kreisform oder einer cometenartigen Excentricität nähern), über Neigung der Planeten-Achsen, Veränderung der Schiefe der Ekliptik, Einfluß der Präcession auf die Jahreslänge anregen; gewähren in ihrer höheren analytischen Entwickelung auch kosmische Motive der Beruhigung. Die großen Axen und die Massen sind constant. Periodische Wiederkehr hindert ein maaßloses Anwachsen gewisser Perturbationen. Die schon an sich so mäßigen Excentricitäten der mächtigsten zwei Planeten, des Jupiter und des Saturn, sind durch eine gegenseitige und dazu noch ausgleichende Wirkung wechselsweise im Zu- und Abnehmen begriffen, wie auch in bestimmte, meist enge Grenzen eingeschlossen. Durch die Veränderung der Position der Apsidenlinie ⁴³ fällt allmälig der Punkt, in welchem die Erde der Sonne am nächsten ist, in ganz entgegengesetzte Jahreszeiten. Wenn gegenwärtig das Perihel in die ersten Tage des Jänners, wie die Sonnenferne (Aphel) sechs Monate später, in die ersten Tage des Julius, fällt; so kann durch das Fortschreiten (die Drehung) der Apsidenlinie oder großen Axe der Erdbahn das Maximum des Abstandes im Winter, das Minimum im Sommer eintreten, so daß im Januar die Erde der Sonne um 700000 geographische Meilen (d. i. ohngefähr 1/30 des mittleren Abstandes der Erde von der Sonne) ferner stehen würde als im Sommer. Auf den ersten Anblick möchte man

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 3. Stuttgart u. a., 1850, S. 457. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos03_1850/462>, abgerufen am 23.11.2024.