Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 4. Stuttgart u. a., 1858.

Bild:
<< vorherige Seite

Bei der rein objectiven Beschreibung dieser Vorgänge verweilend, und hauptsächlich die schöne und einzige Reihe ununterbrochener achtmonatlicher Forschungen benutzend, die wir dem Aufenthalte ausgezeichneter Physiker5 im äußersten Norden von Scandinavien (1838-1839) verdanken: richten wir zuerst unsere Aufmerksamkeit auf die allmälig am Horizont aufsteigende dunkle Nebelwand, das sogenannte schwarze Segment des Nordlichts.6 Die Schwärze ist, wie Argelander bemerkt, nicht eine Folge des Contrastes; denn sie ist bisweilen früher sichtbar, als der helleuchtende Bogen sie zu begrenzen anfängt. Es ist ein Proceß, der in einem Theil des Luftkreises vorgeht; denn nichts beweist bisher eine materielle Beimischung, welche die Verdunkelung erregte. Die kleinsten Sterne erkennt das Fernrohr in dem schwarzen Segment, wie in den farbigen, lichten Theilen des schon völlig entwickelten Nordlichts. In den höheren Breiten scheint das schwarze Segment weit seltener zu sein als in den mittleren. Bei sehr reinem Himmel im Februar und März, wo das Polarlicht häufig war, fehlte es dort ganz; und Keilhau hat einen vollen Winter lang es in Lapland (zu Talwig) gar nicht gesehen. Durch genaue Bestimmungen von Sternhöhen zeigte Argelander, daß kein Theil des Polarlichts auf diese Höhen Einfluß ausübt. Auch außerhalb der Segmente erscheinen, doch selten, schwarze Strahlen, die Hansteen7 und ich mehrfach haben aufsteigen sehen; mit ihnen erscheinen rundliche schwarze Flecken, welche von Lichträumen eingeschlossen sind und mit denen Siljeström sich besonders beschäftigt hat.8 Auch in der so seltenen Nordlichts-Krone, welche durch Wirkung von linearperspectivischen Projectionen in ihrem Höhenpunkte der Magnet-Inclination des Orts entspricht, ist die Mitte meist von

Bei der rein objectiven Beschreibung dieser Vorgänge verweilend, und hauptsächlich die schöne und einzige Reihe ununterbrochener achtmonatlicher Forschungen benutzend, die wir dem Aufenthalte ausgezeichneter Physiker5 im äußersten Norden von Scandinavien (1838–1839) verdanken: richten wir zuerst unsere Aufmerksamkeit auf die allmälig am Horizont aufsteigende dunkle Nebelwand, das sogenannte schwarze Segment des Nordlichts.6 Die Schwärze ist, wie Argelander bemerkt, nicht eine Folge des Contrastes; denn sie ist bisweilen früher sichtbar, als der helleuchtende Bogen sie zu begrenzen anfängt. Es ist ein Proceß, der in einem Theil des Luftkreises vorgeht; denn nichts beweist bisher eine materielle Beimischung, welche die Verdunkelung erregte. Die kleinsten Sterne erkennt das Fernrohr in dem schwarzen Segment, wie in den farbigen, lichten Theilen des schon völlig entwickelten Nordlichts. In den höheren Breiten scheint das schwarze Segment weit seltener zu sein als in den mittleren. Bei sehr reinem Himmel im Februar und März, wo das Polarlicht häufig war, fehlte es dort ganz; und Keilhau hat einen vollen Winter lang es in Lapland (zu Talwig) gar nicht gesehen. Durch genaue Bestimmungen von Sternhöhen zeigte Argelander, daß kein Theil des Polarlichts auf diese Höhen Einfluß ausübt. Auch außerhalb der Segmente erscheinen, doch selten, schwarze Strahlen, die Hansteen7 und ich mehrfach haben aufsteigen sehen; mit ihnen erscheinen rundliche schwarze Flecken, welche von Lichträumen eingeschlossen sind und mit denen Siljeström sich besonders beschäftigt hat.8 Auch in der so seltenen Nordlichts-Krone, welche durch Wirkung von linearperspectivischen Projectionen in ihrem Höhenpunkte der Magnet-Inclination des Orts entspricht, ist die Mitte meist von

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <pb facs="#f0148" n="143"/>
                  <p>Bei der rein objectiven Beschreibung dieser Vorgänge verweilend, und hauptsächlich die schöne und einzige Reihe <hi rendition="#g">ununterbrochener</hi> achtmonatlicher Forschungen benutzend, die wir dem Aufenthalte ausgezeichneter Physiker<note xml:id="ftn205" next="#ftn205-text" place="end" n="5"/> im äußersten Norden von Scandinavien (1838&#x2013;1839) verdanken: richten wir zuerst unsere Aufmerksamkeit auf die allmälig am Horizont aufsteigende dunkle Nebelwand, das sogenannte <hi rendition="#g">schwarze Segment</hi> des Nordlichts.<note xml:id="ftn206" next="#ftn206-text" place="end" n="6"/> Die Schwärze ist, wie Argelander bemerkt, nicht eine Folge des Contrastes; denn sie ist bisweilen früher sichtbar, als der helleuchtende Bogen sie zu begrenzen anfängt. Es ist ein Proceß, der in einem Theil des Luftkreises vorgeht; denn nichts beweist bisher eine materielle Beimischung, welche die Verdunkelung erregte. Die kleinsten Sterne erkennt das Fernrohr in dem schwarzen Segment, wie in den farbigen, lichten Theilen des schon völlig entwickelten Nordlichts. In den höheren Breiten scheint das schwarze Segment weit seltener zu sein als in den mittleren. Bei sehr reinem Himmel im Februar und März, wo das Polarlicht häufig war, fehlte es dort ganz; und Keilhau hat einen vollen Winter lang es in Lapland (zu Talwig) gar nicht gesehen. Durch genaue Bestimmungen von Sternhöhen zeigte Argelander, daß kein Theil des Polarlichts auf diese Höhen Einfluß ausübt. Auch außerhalb der Segmente erscheinen, doch selten, <hi rendition="#g">schwarze Strahlen,</hi> die Hansteen<note xml:id="ftn207" next="#ftn207-text" place="end" n="7"/> und ich mehrfach haben aufsteigen sehen; mit ihnen erscheinen rundliche <hi rendition="#g">schwarze Flecken,</hi> welche von Lichträumen eingeschlossen sind und mit denen Siljeström sich besonders beschäftigt hat.<note xml:id="ftn208" next="#ftn208-text" place="end" n="8"/> Auch in der so seltenen <hi rendition="#g">Nordlichts-Krone,</hi> welche durch Wirkung von linearperspectivischen Projectionen in ihrem Höhenpunkte der Magnet-Inclination des Orts entspricht, ist die Mitte meist von
</p>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[143/0148] Bei der rein objectiven Beschreibung dieser Vorgänge verweilend, und hauptsächlich die schöne und einzige Reihe ununterbrochener achtmonatlicher Forschungen benutzend, die wir dem Aufenthalte ausgezeichneter Physiker ⁵ im äußersten Norden von Scandinavien (1838–1839) verdanken: richten wir zuerst unsere Aufmerksamkeit auf die allmälig am Horizont aufsteigende dunkle Nebelwand, das sogenannte schwarze Segment des Nordlichts. ⁶ Die Schwärze ist, wie Argelander bemerkt, nicht eine Folge des Contrastes; denn sie ist bisweilen früher sichtbar, als der helleuchtende Bogen sie zu begrenzen anfängt. Es ist ein Proceß, der in einem Theil des Luftkreises vorgeht; denn nichts beweist bisher eine materielle Beimischung, welche die Verdunkelung erregte. Die kleinsten Sterne erkennt das Fernrohr in dem schwarzen Segment, wie in den farbigen, lichten Theilen des schon völlig entwickelten Nordlichts. In den höheren Breiten scheint das schwarze Segment weit seltener zu sein als in den mittleren. Bei sehr reinem Himmel im Februar und März, wo das Polarlicht häufig war, fehlte es dort ganz; und Keilhau hat einen vollen Winter lang es in Lapland (zu Talwig) gar nicht gesehen. Durch genaue Bestimmungen von Sternhöhen zeigte Argelander, daß kein Theil des Polarlichts auf diese Höhen Einfluß ausübt. Auch außerhalb der Segmente erscheinen, doch selten, schwarze Strahlen, die Hansteen ⁷ und ich mehrfach haben aufsteigen sehen; mit ihnen erscheinen rundliche schwarze Flecken, welche von Lichträumen eingeschlossen sind und mit denen Siljeström sich besonders beschäftigt hat. ⁸ Auch in der so seltenen Nordlichts-Krone, welche durch Wirkung von linearperspectivischen Projectionen in ihrem Höhenpunkte der Magnet-Inclination des Orts entspricht, ist die Mitte meist von

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Posner Collection: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-09T11:04:31Z)
Moritz Bodner: Erstellung bzw. Korrektur der griechischen Textpassagen (2013-04-18T11:04:31Z)



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos04_1858
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos04_1858/148
Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 4. Stuttgart u. a., 1858, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos04_1858/148>, abgerufen am 21.11.2024.