Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 4. Stuttgart u. a., 1858.von Feuer begleitete, Explosion des Chlor-Stickstoffs contrastiren mit der detonirenden Verbindung von Chlorgas und Wasserstoffgas bei dem Einfall eines directen (besonders violetten) Sonnenstrahls. Stoffwechsel, Fesselung und Entfesselung bezeichnen den ewigen Kreislauf der Elemente, in der anorganischen Natur wie in der belebten Zelle der Pflanzen und Thiere. "Die Menge des vorhandenen Stoffes bleibt aber dieselbe, die Elemente wechseln nur ihre relative Lage zu einander." Es bewährt sich demnach der alte Ausspruch des Anaxagoras: daß das Seiende sich weder mehre noch vermindere im Weltall; daß das, was die Hellenen das Vergehen der Dinge nennen, ein bloßes Entmischen sei. Allerdings ist die irdische Sphäre, als Sitz der, unserer Beobachtung zugänglichen, organischen Körperwelt, scheinbar eine Werkstatt des Todes und der Verwesung; aber der große Naturproceß langsamer Verbrennung, den wir Verwesung nennen, führt keine Vernichtung herbei. Die entfesselten Stoffe vereinigen sich zu anderen Gebilden; und durch die treibenden Kräfte, welche diesen inwohnen, entkeimt neues Leben dem Schooße der Erde. von Feuer begleitete, Explosion des Chlor-Stickstoffs contrastiren mit der detonirenden Verbindung von Chlorgas und Wasserstoffgas bei dem Einfall eines directen (besonders violetten) Sonnenstrahls. Stoffwechsel, Fesselung und Entfesselung bezeichnen den ewigen Kreislauf der Elemente, in der anorganischen Natur wie in der belebten Zelle der Pflanzen und Thiere. „Die Menge des vorhandenen Stoffes bleibt aber dieselbe, die Elemente wechseln nur ihre relative Lage zu einander." Es bewährt sich demnach der alte Ausspruch des Anaxagoras: daß das Seiende sich weder mehre noch vermindere im Weltall; daß das, was die Hellenen das Vergehen der Dinge nennen, ein bloßes Entmischen sei. Allerdings ist die irdische Sphäre, als Sitz der, unserer Beobachtung zugänglichen, organischen Körperwelt, scheinbar eine Werkstatt des Todes und der Verwesung; aber der große Naturproceß langsamer Verbrennung, den wir Verwesung nennen, führt keine Vernichtung herbei. Die entfesselten Stoffe vereinigen sich zu anderen Gebilden; und durch die treibenden Kräfte, welche diesen inwohnen, entkeimt neues Leben dem Schooße der Erde. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0017" n="12"/> von Feuer begleitete, Explosion des Chlor-Stickstoffs contrastiren mit der detonirenden Verbindung von Chlorgas und Wasserstoffgas bei dem Einfall eines directen (besonders violetten) <hi rendition="#g">Sonnenstrahls.</hi> Stoffwechsel, Fesselung und Entfesselung bezeichnen den ewigen Kreislauf der Elemente, in der anorganischen Natur wie in der belebten Zelle der Pflanzen und Thiere. „Die Menge des vorhandenen Stoffes bleibt aber dieselbe, die Elemente wechseln nur ihre relative Lage zu einander."</p> <p>Es bewährt sich demnach der alte Ausspruch des Anaxagoras: daß das <hi rendition="#g">Seiende</hi> sich weder mehre noch vermindere im Weltall; daß das, was die Hellenen das Vergehen der Dinge nennen, ein bloßes Entmischen sei. Allerdings ist die <hi rendition="#g">irdische</hi> Sphäre, als Sitz der, unserer Beobachtung zugänglichen, <hi rendition="#g">organischen</hi> Körperwelt, scheinbar eine Werkstatt des Todes und der Verwesung; aber der große Naturproceß <hi rendition="#g">langsamer Verbrennung,</hi> den wir <hi rendition="#g">Verwesung</hi> nennen, führt keine Vernichtung herbei. Die entfesselten Stoffe vereinigen sich zu anderen Gebilden; und durch die treibenden Kräfte, welche diesen inwohnen, entkeimt neues Leben dem Schooße der Erde.</p> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [12/0017]
von Feuer begleitete, Explosion des Chlor-Stickstoffs contrastiren mit der detonirenden Verbindung von Chlorgas und Wasserstoffgas bei dem Einfall eines directen (besonders violetten) Sonnenstrahls. Stoffwechsel, Fesselung und Entfesselung bezeichnen den ewigen Kreislauf der Elemente, in der anorganischen Natur wie in der belebten Zelle der Pflanzen und Thiere. „Die Menge des vorhandenen Stoffes bleibt aber dieselbe, die Elemente wechseln nur ihre relative Lage zu einander."
Es bewährt sich demnach der alte Ausspruch des Anaxagoras: daß das Seiende sich weder mehre noch vermindere im Weltall; daß das, was die Hellenen das Vergehen der Dinge nennen, ein bloßes Entmischen sei. Allerdings ist die irdische Sphäre, als Sitz der, unserer Beobachtung zugänglichen, organischen Körperwelt, scheinbar eine Werkstatt des Todes und der Verwesung; aber der große Naturproceß langsamer Verbrennung, den wir Verwesung nennen, führt keine Vernichtung herbei. Die entfesselten Stoffe vereinigen sich zu anderen Gebilden; und durch die treibenden Kräfte, welche diesen inwohnen, entkeimt neues Leben dem Schooße der Erde.
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