Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 4. Stuttgart u. a., 1858.dieselben Wege, welche die Erschütterungswellen genommen haben. An genauen mathematischen Bestimmungen fehlt es sehr; und nur ganz neuerlich ist über das rheinische Erdbeben vom 29 Juli 1846 mit großer Genauigkeit und Umsicht ein Resultat von Julius Schmidt, Gehülfen an der Sternwarte zu Bonn, erlangt worden. Die Fortpflanzungs-Geschwindigkeit war in dem eben genannten Erdbeben 3,739 geogr. Meilen in der Minute, d. i. 1376 Pariser Fuß in der Secunde. Diese Schnelligkeit übertrifft allerdings die der Schallwelle in der Luft; wenn dagegen die Fortpflanzung des Schalles im Wasser nach Colladon und Sturm 4706 Fuß, in gegossenen eisernen Röhren nach Biot 10690 Fuß beträgt, so erscheint das für das Erdbeben gefundene Resultat sehr schwach. Für das Erdbeben von Lissabon am 1 Nov. 1755 fand Schmidt (nach weniger genauen Angaben) zwischen den portugiesischen und holsteinischen Küsten eine mehr denn fünfmal größere Geschwindigkeit als am Rhein den 29 Juli 1846. Es ergaben sich nämlich für Lissabon und Glückstadt (Entfernung 295 geogr. Meilen) 19,6 Meilen in der Minute oder 7464 Pariser Fuß in 1": immer noch 3226 Fuß weniger Geschwindigkeit als im Gußeisen.27 Erderschütterungen und plötzliche Feuerausbrüche lang ruhender Vulkane: sei es, daß diese bloß Schlacken oder, intermittirenden Wasserquellen gleich, flüssige geschmolzene Erde in Lavaströmen ergießen; haben allerdings einen gemeinschaftlichen alleinigen Causalzusammenhang in der hohen Temperatur des Inneren unsres Planeten: aber eine dieser Erscheinungen zeigt sich meist ganz unabhängig von der andren. Heftige Erdbeben erschüttern z. B. in der Andeskette in ihrer Linear-Verbreitung Gegenden, in denen sich nicht erloschene, ja noch dieselben Wege, welche die Erschütterungswellen genommen haben. An genauen mathematischen Bestimmungen fehlt es sehr; und nur ganz neuerlich ist über das rheinische Erdbeben vom 29 Juli 1846 mit großer Genauigkeit und Umsicht ein Resultat von Julius Schmidt, Gehülfen an der Sternwarte zu Bonn, erlangt worden. Die Fortpflanzungs-Geschwindigkeit war in dem eben genannten Erdbeben 3,739 geogr. Meilen in der Minute, d. i. 1376 Pariser Fuß in der Secunde. Diese Schnelligkeit übertrifft allerdings die der Schallwelle in der Luft; wenn dagegen die Fortpflanzung des Schalles im Wasser nach Colladon und Sturm 4706 Fuß, in gegossenen eisernen Röhren nach Biot 10690 Fuß beträgt, so erscheint das für das Erdbeben gefundene Resultat sehr schwach. Für das Erdbeben von Lissabon am 1 Nov. 1755 fand Schmidt (nach weniger genauen Angaben) zwischen den portugiesischen und holsteinischen Küsten eine mehr denn fünfmal größere Geschwindigkeit als am Rhein den 29 Juli 1846. Es ergaben sich nämlich für Lissabon und Glückstadt (Entfernung 295 geogr. Meilen) 19,6 Meilen in der Minute oder 7464 Pariser Fuß in 1″: immer noch 3226 Fuß weniger Geschwindigkeit als im Gußeisen.27 Erderschütterungen und plötzliche Feuerausbrüche lang ruhender Vulkane: sei es, daß diese bloß Schlacken oder, intermittirenden Wasserquellen gleich, flüssige geschmolzene Erde in Lavaströmen ergießen; haben allerdings einen gemeinschaftlichen alleinigen Causalzusammenhang in der hohen Temperatur des Inneren unsres Planeten: aber eine dieser Erscheinungen zeigt sich meist ganz unabhängig von der andren. Heftige Erdbeben erschüttern z. 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Für das Erdbeben von Lissabon am 1 Nov. 1755 fand Schmidt (nach weniger genauen Angaben) zwischen den portugiesischen und holsteinischen Küsten eine mehr denn fünfmal größere Geschwindigkeit als am Rhein den 29 Juli 1846. Es ergaben sich nämlich für Lissabon und Glückstadt (Entfernung 295 geogr. Meilen) 19,6 Meilen in der Minute oder 7464 Pariser Fuß in 1″: immer noch 3226 Fuß weniger Geschwindigkeit als im Gußeisen.<note xml:id="ftn251" next="#ftn251-text" place="end" n="27"/> </p> <p>Erderschütterungen und plötzliche Feuerausbrüche lang ruhender Vulkane: sei es, daß diese bloß Schlacken oder, <hi rendition="#g">intermittirenden</hi> Wasserquellen gleich, flüssige geschmolzene Erde in Lavaströmen ergießen; haben allerdings einen gemeinschaftlichen alleinigen Causalzusammenhang in der hohen Temperatur des Inneren unsres Planeten: aber eine dieser Erscheinungen zeigt sich meist ganz unabhängig von der andren. Heftige Erdbeben erschüttern z. 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dieselben Wege, welche die Erschütterungswellen genommen haben. An genauen mathematischen Bestimmungen fehlt es sehr; und nur ganz neuerlich ist über das rheinische Erdbeben vom 29 Juli 1846 mit großer Genauigkeit und Umsicht ein Resultat von Julius Schmidt, Gehülfen an der Sternwarte zu Bonn, erlangt worden. Die Fortpflanzungs-Geschwindigkeit war in dem eben genannten Erdbeben 3,739 geogr. Meilen in der Minute, d. i. 1376 Pariser Fuß in der Secunde. Diese Schnelligkeit übertrifft allerdings die der Schallwelle in der Luft; wenn dagegen die Fortpflanzung des Schalles im Wasser nach Colladon und Sturm 4706 Fuß, in gegossenen eisernen Röhren nach Biot 10690 Fuß beträgt, so erscheint das für das Erdbeben gefundene Resultat sehr schwach. Für das Erdbeben von Lissabon am 1 Nov. 1755 fand Schmidt (nach weniger genauen Angaben) zwischen den portugiesischen und holsteinischen Küsten eine mehr denn fünfmal größere Geschwindigkeit als am Rhein den 29 Juli 1846. Es ergaben sich nämlich für Lissabon und Glückstadt (Entfernung 295 geogr. Meilen) 19,6 Meilen in der Minute oder 7464 Pariser Fuß in 1″: immer noch 3226 Fuß weniger Geschwindigkeit als im Gußeisen.
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Erderschütterungen und plötzliche Feuerausbrüche lang ruhender Vulkane: sei es, daß diese bloß Schlacken oder, intermittirenden Wasserquellen gleich, flüssige geschmolzene Erde in Lavaströmen ergießen; haben allerdings einen gemeinschaftlichen alleinigen Causalzusammenhang in der hohen Temperatur des Inneren unsres Planeten: aber eine dieser Erscheinungen zeigt sich meist ganz unabhängig von der andren. Heftige Erdbeben erschüttern z. B. in der Andeskette in ihrer Linear-Verbreitung Gegenden, in denen sich nicht erloschene, ja noch
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