Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 4. Stuttgart u. a., 1858.

Bild:
<< vorherige Seite

Verhältnissen bei dem vulkanischen Ausbruch von Santorin im Herbst 1650 bemerkt, und in der bald darauf von einem Mönche gehaltenen und aufgeschriebenen Bußpredigt "ein tröstendes Zeichen" genannt worden, "daß Gott seine Heerde noch nicht verderben wolle".86 Sollte dieser Wohlgeruch nicht auf Naphtha deuten? Es wird desselben ebenfalls von Kotzebue in seiner russischen Entdeckungsreise gedacht, bei Gelegenheit eines Feuerausbruchs (1804) des aus dem Meere aufgestiegenen neuen Insel-Vulkans Umnack im aleutischen Archipel. Bei dem großen Ausbruch des Vesuvs am 12 August 1805, den ich mit Gay-Lussac beobachtete, fand Letzterer einen bituminösen Geruch im entzündeten Krater zu Zeiten vorherrschend. Ich stelle diese wenig beachteten Thatsachen zusammen, weil sie beitragen die enge Verkettung aller Aeußerung vulkanischer Thätigkeit, die Verkettung der schwachen Salsen und Naphtha-Quellen mit den wirklichen Vulkanen, zu bewähren.

Umwallungen, denen der Erhebungs-Krater analog, zeigen sich auch in Gebirgsarten, die von Trachyt, Basalt und Porphyrschiefer sehr verschieden sind: z. B. nach Elie de Beaumont's scharfsinniger Auffassung im Granit der französischen Alpenkette. Die Bergmasse von Oisans, zu welcher der höchste87 Gipfel von Frankreich, der Mont Pelvour bei Briancon (12109 Fuß), gehört, bildet einen Circus von acht geogr. Meilen Umfang, in dessen Mitte das kleine Dorf de la Berarde liegt. Die steilen Wände des Circus steigen über 9000 Fuß hoch an. Die Umwallung selbst ist Gneiß, alles Innere ist Granit.88 In den schweizer und savoyer Alpen zeigt sich in kleinen Dimensionen mehrfach dieselbe Gestaltung. Das Grand-Plateau des Montblanc, in welchem Bravais und Martins mehrere Tage campirt haben, ist

Verhältnissen bei dem vulkanischen Ausbruch von Santorin im Herbst 1650 bemerkt, und in der bald darauf von einem Mönche gehaltenen und aufgeschriebenen Bußpredigt „ein tröstendes Zeichen" genannt worden, „daß Gott seine Heerde noch nicht verderben wolle".86 Sollte dieser Wohlgeruch nicht auf Naphtha deuten? Es wird desselben ebenfalls von Kotzebue in seiner russischen Entdeckungsreise gedacht, bei Gelegenheit eines Feuerausbruchs (1804) des aus dem Meere aufgestiegenen neuen Insel-Vulkans Umnack im aleutischen Archipel. Bei dem großen Ausbruch des Vesuvs am 12 August 1805, den ich mit Gay-Lussac beobachtete, fand Letzterer einen bituminösen Geruch im entzündeten Krater zu Zeiten vorherrschend. Ich stelle diese wenig beachteten Thatsachen zusammen, weil sie beitragen die enge Verkettung aller Aeußerung vulkanischer Thätigkeit, die Verkettung der schwachen Salsen und Naphtha-Quellen mit den wirklichen Vulkanen, zu bewähren.

Umwallungen, denen der Erhebungs-Krater analog, zeigen sich auch in Gebirgsarten, die von Trachyt, Basalt und Porphyrschiefer sehr verschieden sind: z. B. nach Élie de Beaumont's scharfsinniger Auffassung im Granit der französischen Alpenkette. Die Bergmasse von Oisans, zu welcher der höchste87 Gipfel von Frankreich, der Mont Pelvour bei Briancon (12109 Fuß), gehört, bildet einen Circus von acht geogr. Meilen Umfang, in dessen Mitte das kleine Dorf de la Bérarde liegt. Die steilen Wände des Circus steigen über 9000 Fuß hoch an. Die Umwallung selbst ist Gneiß, alles Innere ist Granit.88 In den schweizer und savoyer Alpen zeigt sich in kleinen Dimensionen mehrfach dieselbe Gestaltung. Das Grand-Plateau des Montblanc, in welchem Bravais und Martins mehrere Tage campirt haben, ist

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0279" n="274"/>
Verhältnissen bei dem vulkanischen Ausbruch von Santorin im Herbst 1650 bemerkt, und in der bald darauf von einem Mönche gehaltenen und aufgeschriebenen Bußpredigt &#x201E;ein tröstendes <hi rendition="#g">Zeichen"</hi> genannt worden, &#x201E;daß Gott seine Heerde noch nicht verderben wolle".<note xml:id="ftn310" next="ftn310-text" place="end" n="86"/> Sollte dieser Wohlgeruch nicht auf Naphtha deuten? Es wird desselben ebenfalls von Kotzebue in seiner russischen Entdeckungsreise gedacht, bei Gelegenheit eines Feuerausbruchs (1804) des aus dem Meere aufgestiegenen neuen Insel-Vulkans Umnack im aleutischen Archipel. Bei dem großen Ausbruch des Vesuvs am 12 August 1805, den ich mit Gay-Lussac beobachtete, fand Letzterer einen bituminösen Geruch im entzündeten Krater zu Zeiten vorherrschend. Ich stelle diese wenig beachteten Thatsachen zusammen, weil sie beitragen die enge Verkettung aller Aeußerung vulkanischer Thätigkeit, die Verkettung der schwachen Salsen und Naphtha-Quellen mit den wirklichen Vulkanen, zu bewähren.</p>
                <p><hi rendition="#g">Umwallungen,</hi> denen der <hi rendition="#g">Erhebungs-Krater</hi> analog, zeigen sich auch in Gebirgsarten, die von Trachyt, Basalt und Porphyrschiefer sehr verschieden sind: z. B. nach Élie de Beaumont's scharfsinniger Auffassung im <hi rendition="#g">Granit</hi> der französischen Alpenkette. Die Bergmasse von <hi rendition="#g">Oisans,</hi> zu welcher der höchste<note xml:id="ftn311" next="ftn311-text" place="end" n="87"/> Gipfel von Frankreich, der Mont Pelvour bei Briancon (12109 Fuß), gehört, bildet einen <hi rendition="#g">Circus</hi> von acht geogr. Meilen Umfang, in dessen Mitte das kleine Dorf de la Bérarde liegt. Die steilen Wände des <hi rendition="#g">Circus</hi> steigen über 9000 Fuß hoch an. Die <hi rendition="#g">Umwallung</hi> selbst ist Gneiß, alles Innere ist Granit.<note xml:id="ftn312" next="ftn312-text" place="end" n="88"/> In den schweizer und savoyer Alpen zeigt sich in kleinen Dimensionen mehrfach dieselbe Gestaltung. Das Grand-Plateau des Montblanc, in welchem Bravais und Martins mehrere Tage campirt haben, ist
</p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[274/0279] Verhältnissen bei dem vulkanischen Ausbruch von Santorin im Herbst 1650 bemerkt, und in der bald darauf von einem Mönche gehaltenen und aufgeschriebenen Bußpredigt „ein tröstendes Zeichen" genannt worden, „daß Gott seine Heerde noch nicht verderben wolle". ⁸⁶ Sollte dieser Wohlgeruch nicht auf Naphtha deuten? Es wird desselben ebenfalls von Kotzebue in seiner russischen Entdeckungsreise gedacht, bei Gelegenheit eines Feuerausbruchs (1804) des aus dem Meere aufgestiegenen neuen Insel-Vulkans Umnack im aleutischen Archipel. Bei dem großen Ausbruch des Vesuvs am 12 August 1805, den ich mit Gay-Lussac beobachtete, fand Letzterer einen bituminösen Geruch im entzündeten Krater zu Zeiten vorherrschend. Ich stelle diese wenig beachteten Thatsachen zusammen, weil sie beitragen die enge Verkettung aller Aeußerung vulkanischer Thätigkeit, die Verkettung der schwachen Salsen und Naphtha-Quellen mit den wirklichen Vulkanen, zu bewähren. Umwallungen, denen der Erhebungs-Krater analog, zeigen sich auch in Gebirgsarten, die von Trachyt, Basalt und Porphyrschiefer sehr verschieden sind: z. B. nach Élie de Beaumont's scharfsinniger Auffassung im Granit der französischen Alpenkette. Die Bergmasse von Oisans, zu welcher der höchste ⁸⁷ Gipfel von Frankreich, der Mont Pelvour bei Briancon (12109 Fuß), gehört, bildet einen Circus von acht geogr. Meilen Umfang, in dessen Mitte das kleine Dorf de la Bérarde liegt. Die steilen Wände des Circus steigen über 9000 Fuß hoch an. Die Umwallung selbst ist Gneiß, alles Innere ist Granit. ⁸⁸ In den schweizer und savoyer Alpen zeigt sich in kleinen Dimensionen mehrfach dieselbe Gestaltung. Das Grand-Plateau des Montblanc, in welchem Bravais und Martins mehrere Tage campirt haben, ist

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Posner Collection: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-09T11:04:31Z)
Moritz Bodner: Erstellung bzw. Korrektur der griechischen Textpassagen (2013-04-18T11:04:31Z)



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos04_1858
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos04_1858/279
Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 4. Stuttgart u. a., 1858, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos04_1858/279>, abgerufen am 20.05.2024.