Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 4. Stuttgart u. a., 1858.von Beobachtungen anregten und wiederum Ergebnisse der Beobachtung auf die Theorie reagirten, ist für die Geschichte der mathematischen Begründung einer physischen Astronomie die genaue Aufzählung der einzelnen Epochen von großem Interesse. Wenn die unmittelbaren Messungen von Meridian- und Parallelgraden (die ersteren vorzugsweise in der französischen Gradmessung15 zwischen Br. 44° 42' und 47° 30'; die zweiten bei Vergleichung von Punkten, die östlich und westlich liegen von den grajischen, cottischen und Meer-Alpen16) schon große Abweichungen von der mittleren ellipsoidischen Gestalt der Erde verrathen; so sind die Schwankungen in dem Maaße der Abplattung, welche geographisch verschieden vertheilte Pendellängen und ihre Gruppirungen geben, noch um vieles auffallender. Die Bestimmung der Figur der Erde durch die zu- oder abnehmende Schwere (Intensität der örtlichen Attraction) setzt voraus, daß die Schwere an der Oberfläche des rotirenden Sphäroids dieselbe blieb, die sie zu der Zeit der Erstarrung aus dem flüssigen Zustande war; und daß nicht spätere Veränderungen der Dichtigkeit daselbst vorgingen.17 Trotz der großen Vervollkommnung der Instrumente und Methoden durch Borda, Kater und Bessel sind gegenwärtig in beiden Erdhälften: von den Malouinen, wo Freycinet, Duperrey und Sir James Roß nach einander beobachtet haben, bis Spitzbergen, also von 51° 35' S. bis 79° 50' N. B.; doch nur 65 bis 70 unregelmäßig zerstreute Punkte18 anzugeben, in denen die Länge des einfachen Pendels mit derselben Genauigkeit bestimmt worden ist als die Orts-Position in Breite, Länge und Höhe über dem Meere. von Beobachtungen anregten und wiederum Ergebnisse der Beobachtung auf die Theorie reagirten, ist für die Geschichte der mathematischen Begründung einer physischen Astronomie die genaue Aufzählung der einzelnen Epochen von großem Interesse. Wenn die unmittelbaren Messungen von Meridian- und Parallelgraden (die ersteren vorzugsweise in der französischen Gradmessung15 zwischen Br. 44° 42′ und 47° 30′; die zweiten bei Vergleichung von Punkten, die östlich und westlich liegen von den grajischen, cottischen und Meer-Alpen16) schon große Abweichungen von der mittleren ellipsoidischen Gestalt der Erde verrathen; so sind die Schwankungen in dem Maaße der Abplattung, welche geographisch verschieden vertheilte Pendellängen und ihre Gruppirungen geben, noch um vieles auffallender. Die Bestimmung der Figur der Erde durch die zu- oder abnehmende Schwere (Intensität der örtlichen Attraction) setzt voraus, daß die Schwere an der Oberfläche des rotirenden Sphäroids dieselbe blieb, die sie zu der Zeit der Erstarrung aus dem flüssigen Zustande war; und daß nicht spätere Veränderungen der Dichtigkeit daselbst vorgingen.17 Trotz der großen Vervollkommnung der Instrumente und Methoden durch Borda, Kater und Bessel sind gegenwärtig in beiden Erdhälften: von den Malouinen, wo Freycinet, Duperrey und Sir James Roß nach einander beobachtet haben, bis Spitzbergen, also von 51° 35′ S. bis 79° 50′ N. B.; doch nur 65 bis 70 unregelmäßig zerstreute Punkte18 anzugeben, in denen die Länge des einfachen Pendels mit derselben Genauigkeit bestimmt worden ist als die Orts-Position in Breite, Länge und Höhe über dem Meere. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0031" n="26"/> von Beobachtungen anregten und wiederum Ergebnisse der Beobachtung auf die Theorie reagirten, ist für die Geschichte der mathematischen Begründung einer physischen Astronomie die genaue Aufzählung der einzelnen Epochen von großem Interesse.</p> <p>Wenn die <hi rendition="#g">unmittelbaren Messungen von Meridian- und Parallelgraden</hi> (die ersteren vorzugsweise in der französischen Gradmessung<note xml:id="ftn15" next="#ftn15-text" place="end" n="15"/> zwischen Br. 44° 42′ und 47° 30′; die zweiten bei Vergleichung von Punkten, die östlich und westlich liegen von den grajischen, cottischen und Meer-Alpen<note xml:id="ftn16" next="#ftn16-text" place="end" n="16"/>) schon große <hi rendition="#g">Abweichungen</hi> von der mittleren ellipsoidischen Gestalt der Erde verrathen; so sind die Schwankungen in dem Maaße der Abplattung, welche geographisch verschieden vertheilte <hi rendition="#g">Pendellängen</hi> und ihre Gruppirungen geben, noch um vieles auffallender. 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B.; doch nur 65 bis 70 unregelmäßig zerstreute Punkte<note xml:id="ftn18" next="#ftn18-text" place="end" n="18"/> anzugeben, in denen die <hi rendition="#g">Länge</hi> des einfachen Pendels mit derselben Genauigkeit bestimmt worden ist als die Orts-Position in Breite, Länge und Höhe über dem Meere.</p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [26/0031]
von Beobachtungen anregten und wiederum Ergebnisse der Beobachtung auf die Theorie reagirten, ist für die Geschichte der mathematischen Begründung einer physischen Astronomie die genaue Aufzählung der einzelnen Epochen von großem Interesse.
Wenn die unmittelbaren Messungen von Meridian- und Parallelgraden (die ersteren vorzugsweise in der französischen Gradmessung
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zwischen Br. 44° 42′ und 47° 30′; die zweiten bei Vergleichung von Punkten, die östlich und westlich liegen von den grajischen, cottischen und Meer-Alpen
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) schon große Abweichungen von der mittleren ellipsoidischen Gestalt der Erde verrathen; so sind die Schwankungen in dem Maaße der Abplattung, welche geographisch verschieden vertheilte Pendellängen und ihre Gruppirungen geben, noch um vieles auffallender. Die Bestimmung der Figur der Erde durch die zu- oder abnehmende Schwere (Intensität der örtlichen Attraction) setzt voraus, daß die Schwere an der Oberfläche des rotirenden Sphäroids dieselbe blieb, die sie zu der Zeit der Erstarrung aus dem flüssigen Zustande war; und daß nicht spätere Veränderungen der Dichtigkeit daselbst vorgingen.
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Trotz der großen Vervollkommnung der Instrumente und Methoden durch Borda, Kater und Bessel sind gegenwärtig in beiden Erdhälften: von den Malouinen, wo Freycinet, Duperrey und Sir James Roß nach einander beobachtet haben, bis Spitzbergen, also von 51° 35′ S. bis 79° 50′ N. B.; doch nur 65 bis 70 unregelmäßig zerstreute Punkte
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anzugeben, in denen die Länge des einfachen Pendels mit derselben Genauigkeit bestimmt worden ist als die Orts-Position in Breite, Länge und Höhe über dem Meere.
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