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Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 4. Stuttgart u. a., 1858.

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Gerüsten der Erde und des Mondes eher vermindert als vermehrt worden: nicht sowohl wegen der Dimensions-Verhältnisse und früh erkannten Anreihung so vieler Ringgebirgs-Formen als wegen der Natur der Rillen und der nicht schattenwerfenden Strahlen-Systeme (Licht-Radiationen) von mehr als hundert Meilen Länge und 1/2 bis 4 Meilen Breite: wie am Tycho, Copernicus, Kepler und Aristarch. Auffallend ist es immer, daß schon Galilei, in seinem Briefe an den Pater Christoph Grienberger sulle Montuosita della Luna, Ringgebirge, deren Durchmesser er für größer hielt, als sie sind, glaubte mit dem umwallten Böhmen vergleichen zu dürfen; und daß der scharfsinnige Robert Hooke in seiner Micrographie den auf dem Mond fast überall herrschenden Typus kreisförmiger Gestaltung schon der Reaction des Inneren des Mondkörpers auf das Aeußere zuschrieb (Kosmos Bd. II. S. 508 und Bd. III. S. 508 und 544). Bei den Ringgebirgen des Mondes haben in den neueren Zeiten das Verhältniß der Höhe der Centralberge zu der Höhe der Umwallung oder der Kraterränder, wie die Existenz parasitischer Krater auf der Umwallung selbst mich lebhaft interessirt. Das Ergebniß aller sorgfältigen Beobachtungen von Julius Schmidt, welcher mit der Fortsetzung und Vollendung der Mond-Topographie von Lohrmann beschäftigt ist, setzt fest: "daß kein einziger Centralberg die Wallhöhe seines Kraters erreicht, sondern daß derselbe mit seinem Gipfel wahrscheinlich in allen Fällen noch bedeutend unter derjenigen Oberfläche des Mondes liegt, aus welcher der Krater ausgebrochen ist. Während der Schlackenkegel im Krater des Vesuvs, der am 22 October 1822 aufgestiegen ist, nach Brioschi's trigonometrischer Messung die Punta del Palo, den höchsten nördlichen Kraterrand (von 618 Toisen über dem Meere), um 28 Fuß überragt und in Neapel sichtbar war; liegen auf dem Monde viele von Mädler und dem Olmützer Astronomen gemessene Centralberge volle 1000 Toisen tiefer als der mittlere Umwallungsrand: ja 100 Toisen unter dem, was man in derselben Mondgegend für das nähere mittlere Niveau halten kann (Mädler in Schumacher's Jahrbuch für 1841 S. 272 und 274, und Julius Schmidt: der Mond 1856 S. 62). Gewöhnlich sind die Centralberge oder Central-Massengebirge des Mondes vielgipflig: wie im Theophilus, Petavius und Bulliald. Im Copernicus liegen 6 Centralberge, und einen eigentlichen centralen Pic mit scharfer Spitze zeigt allein der Alphons. Dies Verhältniß
Gerüsten der Erde und des Mondes eher vermindert als vermehrt worden: nicht sowohl wegen der Dimensions-Verhältnisse und früh erkannten Anreihung so vieler Ringgebirgs-Formen als wegen der Natur der Rillen und der nicht schattenwerfenden Strahlen-Systeme (Licht-Radiationen) von mehr als hundert Meilen Länge und ½ bis 4 Meilen Breite: wie am Tycho, Copernicus, Kepler und Aristarch. Auffallend ist es immer, daß schon Galilei, in seinem Briefe an den Pater Christoph Grienberger sulle Montuosità della Luna, Ringgebirge, deren Durchmesser er für größer hielt, als sie sind, glaubte mit dem umwallten Böhmen vergleichen zu dürfen; und daß der scharfsinnige Robert Hooke in seiner Micrographie den auf dem Mond fast überall herrschenden Typus kreisförmiger Gestaltung schon der Reaction des Inneren des Mondkörpers auf das Aeußere zuschrieb (Kosmos Bd. II. S. 508 und Bd. III. S. 508 und 544). Bei den Ringgebirgen des Mondes haben in den neueren Zeiten das Verhältniß der Höhe der Centralberge zu der Höhe der Umwallung oder der Kraterränder, wie die Existenz parasitischer Krater auf der Umwallung selbst mich lebhaft interessirt. Das Ergebniß aller sorgfältigen Beobachtungen von Julius Schmidt, welcher mit der Fortsetzung und Vollendung der Mond-Topographie von Lohrmann beschäftigt ist, setzt fest: „daß kein einziger Centralberg die Wallhöhe seines Kraters erreicht, sondern daß derselbe mit seinem Gipfel wahrscheinlich in allen Fällen noch bedeutend unter derjenigen Oberfläche des Mondes liegt, aus welcher der Krater ausgebrochen ist. Während der Schlackenkegel im Krater des Vesuvs, der am 22 October 1822 aufgestiegen ist, nach Brioschi's trigonometrischer Messung die Punta del Palo, den höchsten nördlichen Kraterrand (von 618 Toisen über dem Meere), um 28 Fuß überragt und in Neapel sichtbar war; liegen auf dem Monde viele von Mädler und dem Olmützer Astronomen gemessene Centralberge volle 1000 Toisen tiefer als der mittlere Umwallungsrand: ja 100 Toisen unter dem, was man in derselben Mondgegend für das nähere mittlere Niveau halten kann (Mädler in Schumacher's Jahrbuch für 1841 S. 272 und 274, und Julius Schmidt: der Mond 1856 S. 62). Gewöhnlich sind die Centralberge oder Central-Massengebirge des Mondes vielgipflig: wie im Theophilus, Petavius und Bulliald. Im Copernicus liegen 6 Centralberge, und einen eigentlichen centralen Pic mit scharfer Spitze zeigt allein der Alphons. Dies Verhältniß
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[615/0620] ⁶⁵ Gerüsten der Erde und des Mondes eher vermindert als vermehrt worden: nicht sowohl wegen der Dimensions-Verhältnisse und früh erkannten Anreihung so vieler Ringgebirgs-Formen als wegen der Natur der Rillen und der nicht schattenwerfenden Strahlen-Systeme (Licht-Radiationen) von mehr als hundert Meilen Länge und ½ bis 4 Meilen Breite: wie am Tycho, Copernicus, Kepler und Aristarch. Auffallend ist es immer, daß schon Galilei, in seinem Briefe an den Pater Christoph Grienberger sulle Montuosità della Luna, Ringgebirge, deren Durchmesser er für größer hielt, als sie sind, glaubte mit dem umwallten Böhmen vergleichen zu dürfen; und daß der scharfsinnige Robert Hooke in seiner Micrographie den auf dem Mond fast überall herrschenden Typus kreisförmiger Gestaltung schon der Reaction des Inneren des Mondkörpers auf das Aeußere zuschrieb (Kosmos Bd. II. S. 508 und Bd. III. S. 508 und 544). Bei den Ringgebirgen des Mondes haben in den neueren Zeiten das Verhältniß der Höhe der Centralberge zu der Höhe der Umwallung oder der Kraterränder, wie die Existenz parasitischer Krater auf der Umwallung selbst mich lebhaft interessirt. Das Ergebniß aller sorgfältigen Beobachtungen von Julius Schmidt, welcher mit der Fortsetzung und Vollendung der Mond-Topographie von Lohrmann beschäftigt ist, setzt fest: „daß kein einziger Centralberg die Wallhöhe seines Kraters erreicht, sondern daß derselbe mit seinem Gipfel wahrscheinlich in allen Fällen noch bedeutend unter derjenigen Oberfläche des Mondes liegt, aus welcher der Krater ausgebrochen ist. Während der Schlackenkegel im Krater des Vesuvs, der am 22 October 1822 aufgestiegen ist, nach Brioschi's trigonometrischer Messung die Punta del Palo, den höchsten nördlichen Kraterrand (von 618 Toisen über dem Meere), um 28 Fuß überragt und in Neapel sichtbar war; liegen auf dem Monde viele von Mädler und dem Olmützer Astronomen gemessene Centralberge volle 1000 Toisen tiefer als der mittlere Umwallungsrand: ja 100 Toisen unter dem, was man in derselben Mondgegend für das nähere mittlere Niveau halten kann (Mädler in Schumacher's Jahrbuch für 1841 S. 272 und 274, und Julius Schmidt: der Mond 1856 S. 62). Gewöhnlich sind die Centralberge oder Central-Massengebirge des Mondes vielgipflig: wie im Theophilus, Petavius und Bulliald. Im Copernicus liegen 6 Centralberge, und einen eigentlichen centralen Pic mit scharfer Spitze zeigt allein der Alphons. Dies Verhältniß

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 4. Stuttgart u. a., 1858, S. 615. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos04_1858/620>, abgerufen am 22.11.2024.