Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 5. Stuttgart u. a., 1862.erinnert, wie Welcker damit Kadmos in Verbindung gesetzt hat." Das Alter, das ich während der Vollendung der physischen Weltbeschreibung erreicht habe, und das Gefühl abnehmender Kräfte könnten mich anregen, bei der großen und unerwarteten Nachsicht, mit welcher das Werk bis zu seinem verspäteten Ende in weiten Kreisen aufgenommen worden ist, den Wunsch um Erhaltung oder gar um Zunahme dieser Nachsicht auszusprechen; aber ich bin seit früher Jugend von dem wissenschaftlichen Ehrgeize, der meine ganze Geistesthätigkeit belebt hat, so durchdrungen, daß im Widerspruch mit jenem Wunsche ich das Bedürfniß fühle meine Arbeit mit größerer Strenge als bisher behandelt zu sehen. Die Verbreitung der fünf Bände des Kosmos ist um so größer, als dieselben in wenigstens neun verschiedene Sprachen übersetzt erscheinen. In der Masse von Thatsachen, besonders numerischen Angaben, welche in den Texten und in drittehalb-tausend Noten von so verschiedener Länge angehäuft sind, muß oft Irriges durch meine Schuld und durch die Schuld meiner Uebersetzer sich eingeschlichen haben. Ich nenne hier Irriges nicht, was dem später Entdeckten, sondern was dem widerspricht, das zu der Zeit, als ein Band des Werkes gedruckt wurde, nach dem damaligen Zustande des Wissens schon nicht mehr begründet war. Ungenau beobachtete Thatsachen aber oder Meinungen, die in dem Gewande von Thatsachen verbreitet werden, sind, wie ich schon früher bemerkt habe, widerspenstiger und schwerer zu verbannen als verwickelte Hypothesen über reale Naturprocesse. Ich würde besorgen eine mir theure Pflicht vernachlässigt zu haben, wenn ich am Schluß einer Einleitung zu dem letzten Bande des Kosmos den mir so wichtigen Beistand nicht öffentlich erinnert, wie Welcker damit Κάδμος in Verbindung gesetzt hat.“ Das Alter, das ich während der Vollendung der physischen Weltbeschreibung erreicht habe, und das Gefühl abnehmender Kräfte könnten mich anregen, bei der großen und unerwarteten Nachsicht, mit welcher das Werk bis zu seinem verspäteten Ende in weiten Kreisen aufgenommen worden ist, den Wunsch um Erhaltung oder gar um Zunahme dieser Nachsicht auszusprechen; aber ich bin seit früher Jugend von dem wissenschaftlichen Ehrgeize, der meine ganze Geistesthätigkeit belebt hat, so durchdrungen, daß im Widerspruch mit jenem Wunsche ich das Bedürfniß fühle meine Arbeit mit größerer Strenge als bisher behandelt zu sehen. Die Verbreitung der fünf Bände des Kosmos ist um so größer, als dieselben in wenigstens neun verschiedene Sprachen übersetzt erscheinen. In der Masse von Thatsachen, besonders numerischen Angaben, welche in den Texten und in drittehalb-tausend Noten von so verschiedener Länge angehäuft sind, muß oft Irriges durch meine Schuld und durch die Schuld meiner Uebersetzer sich eingeschlichen haben. Ich nenne hier Irriges nicht, was dem später Entdeckten, sondern was dem widerspricht, das zu der Zeit, als ein Band des Werkes gedruckt wurde, nach dem damaligen Zustande des Wissens schon nicht mehr begründet war. Ungenau beobachtete Thatsachen aber oder Meinungen, die in dem Gewande von Thatsachen verbreitet werden, sind, wie ich schon früher bemerkt habe, widerspenstiger und schwerer zu verbannen als verwickelte Hypothesen über reale Naturprocesse. 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Die Verbreitung der fünf Bände des Kosmos ist um so größer, als dieselben in wenigstens neun verschiedene Sprachen übersetzt erscheinen. In der Masse von Thatsachen, besonders numerischen Angaben, welche in den Texten und in drittehalb-tausend Noten von so verschiedener Länge angehäuft sind, muß oft Irriges durch meine Schuld und durch die Schuld meiner Uebersetzer sich eingeschlichen haben. Ich nenne hier Irriges nicht, was dem später Entdeckten, sondern was dem widerspricht, das zu der Zeit, als ein Band des Werkes gedruckt wurde, nach dem damaligen Zustande des Wissens schon nicht mehr begründet war. 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erinnert, wie Welcker damit Κάδμος in Verbindung gesetzt hat.“
Das Alter, das ich während der Vollendung der physischen Weltbeschreibung erreicht habe, und das Gefühl abnehmender Kräfte könnten mich anregen, bei der großen und unerwarteten Nachsicht, mit welcher das Werk bis zu seinem verspäteten Ende in weiten Kreisen aufgenommen worden ist, den Wunsch um Erhaltung oder gar um Zunahme dieser Nachsicht auszusprechen; aber ich bin seit früher Jugend von dem wissenschaftlichen Ehrgeize, der meine ganze Geistesthätigkeit belebt hat, so durchdrungen, daß im Widerspruch mit jenem Wunsche ich das Bedürfniß fühle meine Arbeit mit größerer Strenge als bisher behandelt zu sehen. Die Verbreitung der fünf Bände des Kosmos ist um so größer, als dieselben in wenigstens neun verschiedene Sprachen übersetzt erscheinen. In der Masse von Thatsachen, besonders numerischen Angaben, welche in den Texten und in drittehalb-tausend Noten von so verschiedener Länge angehäuft sind, muß oft Irriges durch meine Schuld und durch die Schuld meiner Uebersetzer sich eingeschlichen haben. Ich nenne hier Irriges nicht, was dem später Entdeckten, sondern was dem widerspricht, das zu der Zeit, als ein Band des Werkes gedruckt wurde, nach dem damaligen Zustande des Wissens schon nicht mehr begründet war. Ungenau beobachtete Thatsachen aber oder Meinungen, die in dem Gewande von Thatsachen verbreitet werden, sind, wie ich schon früher bemerkt habe, widerspenstiger und schwerer zu verbannen als verwickelte Hypothesen über reale Naturprocesse.
Ich würde besorgen eine mir theure Pflicht vernachlässigt zu haben, wenn ich am Schluß einer Einleitung zu dem letzten Bande des Kosmos den mir so wichtigen Beistand nicht öffentlich
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