Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 5. Stuttgart u. a., 1862.hangender Reihen von Blöcken, die kaum an den Kanten und an der Oberfläche geschmolzen waren, durch den Stoß von halb geschmolzenen Schneemassen getrieben, in ihrer Bewegung mit einer fabelhaft scheinenden Geschwindigkeit beschleunigt wurde. Ein völliges Schneeschmelzen am Kegel des Cotopaxi ging auch, während meines Aufenthalts in Guayaquil, dem Ausbruch des Vulkans am 4ten Januar 1803 vorher, so daß der Berg plötzlich einen furchtbares Unglück verheißenden Anblick darbot. Das Füllen der inneren Höhlungen mit geschmolzenem Schnee ist aber als ein Proceß zu betrachten, welcher ununterbrochen, wenn gleich allmälig und in langen Perioden, vorgeht, in denen der Berg fast kein äußeres Zeichen der Thätigkeit darbietet. Die allgemeine Dürre des von Waldung ganz entblößten Bodens auf der weiten Hochebene von Quito und der Mangel wasserreicher Flüsse am Fuß der Schneekette sind deutliche Beweise von dem Versinken alles Flüssigen in das Erd-Innere. Auch überall, wo Berge einstürzen (en los derrumbos) und während der so häufigen Erdbeben sich Spalten öffnen, sprudelt Wasser aus der Tiefe und erregt oft furchtbare Ueberschwemmungen. Mein Freund Boussingault hat schon in seinen Schriften über die Eigenthümlichkeiten des Ackerbaus in den vulkanischen Hochebenen auf die Ursachen des Contrastes zwischen der Dürre der Oberfläche und der Wasserfülle der Erdschichten in geringen Tiefen aufmerksam gemacht. Mit dieser Frequenz unterirdischer Wasser-Anhäufung in einer Zone, wo der gehobene Theil der Erdrinde meist mit porösem, permeablem Gestein bedeckt ist, hängt das sonderbare Phänomen der kleinen, von einigen Bergen um Quito zu Tausenden mit schlammigen Wassern ausgeworfnen Fische hangender Reihen von Blöcken, die kaum an den Kanten und an der Oberfläche geschmolzen waren, durch den Stoß von halb geschmolzenen Schneemassen getrieben, in ihrer Bewegung mit einer fabelhaft scheinenden Geschwindigkeit beschleunigt wurde. Ein völliges Schneeschmelzen am Kegel des Cotopaxi ging auch, während meines Aufenthalts in Guayaquil, dem Ausbruch des Vulkans am 4ten Januar 1803 vorher, so daß der Berg plötzlich einen furchtbares Unglück verheißenden Anblick darbot. Das Füllen der inneren Höhlungen mit geschmolzenem Schnee ist aber als ein Proceß zu betrachten, welcher ununterbrochen, wenn gleich allmälig und in langen Perioden, vorgeht, in denen der Berg fast kein äußeres Zeichen der Thätigkeit darbietet. Die allgemeine Dürre des von Waldung ganz entblößten Bodens auf der weiten Hochebene von Quito und der Mangel wasserreicher Flüsse am Fuß der Schneekette sind deutliche Beweise von dem Versinken alles Flüssigen in das Erd-Innere. Auch überall, wo Berge einstürzen (en los derrumbos) und während der so häufigen Erdbeben sich Spalten öffnen, sprudelt Wasser aus der Tiefe und erregt oft furchtbare Ueberschwemmungen. Mein Freund Boussingault hat schon in seinen Schriften über die Eigenthümlichkeiten des Ackerbaus in den vulkanischen Hochebenen auf die Ursachen des Contrastes zwischen der Dürre der Oberfläche und der Wasserfülle der Erdschichten in geringen Tiefen aufmerksam gemacht. Mit dieser Frequenz unterirdischer Wasser-Anhäufung in einer Zone, wo der gehobene Theil der Erdrinde meist mit porösem, permeablem Gestein bedeckt ist, hängt das sonderbare Phänomen der kleinen, von einigen Bergen um Quito zu Tausenden mit schlammigen Wassern ausgeworfnen Fische <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0038" n="31"/> hangender Reihen von Blöcken, die kaum an den Kanten und an der Oberfläche geschmolzen waren, durch den Stoß von halb geschmolzenen Schneemassen getrieben, in ihrer Bewegung mit einer fabelhaft scheinenden Geschwindigkeit beschleunigt wurde. 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Mein Freund Boussingault hat schon in seinen Schriften über die Eigenthümlichkeiten des Ackerbaus in den vulkanischen Hochebenen auf die Ursachen des Contrastes zwischen der Dürre der Oberfläche und der Wasserfülle der Erdschichten in geringen Tiefen aufmerksam gemacht.</p> <p>Mit dieser Frequenz unterirdischer Wasser-Anhäufung in einer Zone, wo der <hi rendition="#g">gehobene</hi> Theil der Erdrinde meist mit porösem, permeablem Gestein bedeckt ist, hängt das sonderbare Phänomen der kleinen, von einigen Bergen um Quito zu Tausenden mit schlammigen Wassern ausgeworfnen <hi rendition="#g">Fische</hi> </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [31/0038]
hangender Reihen von Blöcken, die kaum an den Kanten und an der Oberfläche geschmolzen waren, durch den Stoß von halb geschmolzenen Schneemassen getrieben, in ihrer Bewegung mit einer fabelhaft scheinenden Geschwindigkeit beschleunigt wurde. Ein völliges Schneeschmelzen am Kegel des Cotopaxi ging auch, während meines Aufenthalts in Guayaquil, dem Ausbruch des Vulkans am 4ten Januar 1803 vorher, so daß der Berg plötzlich einen furchtbares Unglück verheißenden Anblick darbot.
Das Füllen der inneren Höhlungen mit geschmolzenem Schnee ist aber als ein Proceß zu betrachten, welcher ununterbrochen, wenn gleich allmälig und in langen Perioden, vorgeht, in denen der Berg fast kein äußeres Zeichen der Thätigkeit darbietet. Die allgemeine Dürre des von Waldung ganz entblößten Bodens auf der weiten Hochebene von Quito und der Mangel wasserreicher Flüsse am Fuß der Schneekette sind deutliche Beweise von dem Versinken alles Flüssigen in das Erd-Innere. Auch überall, wo Berge einstürzen (en los derrumbos) und während der so häufigen Erdbeben sich Spalten öffnen, sprudelt Wasser aus der Tiefe und erregt oft furchtbare Ueberschwemmungen. Mein Freund Boussingault hat schon in seinen Schriften über die Eigenthümlichkeiten des Ackerbaus in den vulkanischen Hochebenen auf die Ursachen des Contrastes zwischen der Dürre der Oberfläche und der Wasserfülle der Erdschichten in geringen Tiefen aufmerksam gemacht.
Mit dieser Frequenz unterirdischer Wasser-Anhäufung in einer Zone, wo der gehobene Theil der Erdrinde meist mit porösem, permeablem Gestein bedeckt ist, hängt das sonderbare Phänomen der kleinen, von einigen Bergen um Quito zu Tausenden mit schlammigen Wassern ausgeworfnen Fische
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