Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Humboldt, Alexander von: Ueber Meeresströmungen im allgemeinen; und über die kalte peruanische Strömung der Südsee, im Gegensatze zu dem warmen Golf- oder Florida-Strome. [Druck vorgesehen für: Kleinere Schriften von Alexander von Humboldt. Zweiter Band (nicht erschienen).] Korrekturbogen aus dem Schiller Nationalmuseum, Deutsches Literaturarchiv in Marbach a. N.: Cotta-Archiv, s. e., [1833-ca. 1855], S. 31-145.

Bild:
<< vorherige Seite

Hinsicht ächt freisinnigen Mannes fremd. Ich hätte ihn 42 Jahre nach seinem Tode vor einem solchen Vorwurf gesichert geglaubt!

Neben der oft behaupteten Ungewißheit über die früheste Erkennung der Wärme des atlantischen Golfstroms, sind auch Zweifel vorgebracht worden über einen Gegenstand, der als von noch allgemeinerer Wichtigkeit für die Sicherheit der Schifffahrt angesehen worden ist und mich lange lebhaft beschäftigt hat. Es ist die Frage aufgeworfen worden: ob die Beobachtung von der Erkaltung des Meerwassers auf Untiefen dem Dr. Franklin, oder seinem, schon früher von mir genannten Reisebegleiter der 42tägigen Ueberfahrt von 1785 angehöre? Rennell hat die erstere Meinung geäußert; er nimmt als gewiß an, Franklin habe zuerst die Erkaltung auf Sandbänken aufgefunden, und sei durch Temperatur-Versuche auf Untiefen zur Erkennung der großen Wärme des Golfstroms gelangt. Aber in der ersten Notiz, welche derselbe über diese in den Maritime Observations 1786 veröffentlicht hat, ist der Erkaltung gar nicht gedacht. Jonathan Williams sagt bestimmt im Jahr 17901: "Die Versuche wiederholend, welche ich in Begleitung von Franklin und nach seiner Vorschrift 1785 gemacht, fand ich auf einer Ueberfahrt von Boston nach Virginien im October 1789, daß außerhalb der Bänke (out of soundings) das Meer 10 Fahrenheit'sche Grade wärmer war als nahe der Küste (wo die Untiefen liegen). Die Vorsicht gebot mir dieses Resultat

1 Jonathan Williams on the use of the thermometer in discovering banks, in den Transact. of the Amer. Philos. Soc. Vol. III. 1793 p. 83. Diese Abhandlung, im Todesjahre von Benjamin Franklin geschrieben, ist die Grundlage einer kleinen, jetzt sehr seltenen Schrift geworden, die 1799 unter dem Titel: Jonathan Williams, Thermometrical Navigation erschienen ist und die ich während meiner amerikanischen Reise viel benutzt habe.

Hinsicht ächt freisinnigen Mannes fremd. Ich hätte ihn 42 Jahre nach seinem Tode vor einem solchen Vorwurf gesichert geglaubt!

Neben der oft behaupteten Ungewißheit über die früheste Erkennung der Wärme des atlantischen Golfstroms, sind auch Zweifel vorgebracht worden über einen Gegenstand, der als von noch allgemeinerer Wichtigkeit für die Sicherheit der Schifffahrt angesehen worden ist und mich lange lebhaft beschäftigt hat. Es ist die Frage aufgeworfen worden: ob die Beobachtung von der Erkaltung des Meerwassers auf Untiefen dem Dr. Franklin, oder seinem, schon früher von mir genannten Reisebegleiter der 42tägigen Ueberfahrt von 1785 angehöre? Rennell hat die erstere Meinung geäußert; er nimmt als gewiß an, Franklin habe zuerst die Erkaltung auf Sandbänken aufgefunden, und sei durch Temperatur-Versuche auf Untiefen zur Erkennung der großen Wärme des Golfstroms gelangt. Aber in der ersten Notiz, welche derselbe über diese in den Maritime Observations 1786 veröffentlicht hat, ist der Erkaltung gar nicht gedacht. Jonathan Williams sagt bestimmt im Jahr 17901: „Die Versuche wiederholend, welche ich in Begleitung von Franklin und nach seiner Vorschrift 1785 gemacht, fand ich auf einer Ueberfahrt von Boston nach Virginien im October 1789, daß außerhalb der Bänke (out of soundings) das Meer 10 Fahrenheit'sche Grade wärmer war als nahe der Küste (wo die Untiefen liegen). Die Vorsicht gebot mir dieses Resultat

1 Jonathan Williams on the use of the thermometer in discovering banks, in den Transact. of the Amer. Philos. Soc. Vol. III. 1793 p. 83. Diese Abhandlung, im Todesjahre von Benjamin Franklin geschrieben, ist die Grundlage einer kleinen, jetzt sehr seltenen Schrift geworden, die 1799 unter dem Titel: Jonathan Williams, Thermometrical Navigation erschienen ist und die ich während meiner amerikanischen Reise viel benutzt habe.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div>
          <div>
            <p><pb facs="#f0012" n="42"/>
Hinsicht ächt freisinnigen Mannes fremd. Ich hätte ihn 42 Jahre nach seinem Tode vor einem solchen Vorwurf gesichert geglaubt!</p><lb/>
            <p>Neben der oft behaupteten <hi rendition="#g">Ungewißheit</hi> über die früheste Erkennung der <hi rendition="#g">Wärme</hi> des atlantischen Golfstroms, sind auch Zweifel vorgebracht worden über einen Gegenstand, der als von noch allgemeinerer Wichtigkeit für die Sicherheit der Schifffahrt angesehen worden ist und mich lange lebhaft beschäftigt hat. Es ist die Frage aufgeworfen worden: ob die Beobachtung von der Erkaltung des Meerwassers auf Untiefen dem <hi rendition="#aq">Dr.</hi> <persName>Franklin</persName>, oder seinem, schon früher von mir genannten Reisebegleiter<note resp="#AvH-Fsst" type="editorial"><persName>Williams</persName></note> der 42tägigen Ueberfahrt von 1785 angehöre? <persName>Rennell</persName> hat die erstere Meinung geäußert; er nimmt als gewiß an, <persName>Franklin</persName> habe zuerst die Erkaltung auf Sandbänken aufgefunden, und sei durch Temperatur-Versuche auf Untiefen zur Erkennung der großen Wärme des Golfstroms gelangt. Aber in der ersten Notiz, welche derselbe über diese in den <hi rendition="#aq #g">Maritime Observations</hi> 1786 veröffentlicht hat, ist der Erkaltung gar nicht gedacht. <persName>Jonathan Williams</persName> sagt bestimmt im Jahr 1790<note place="foot" n="1">Jonathan <hi rendition="#g">Williams</hi> <hi rendition="#aq #g">on the use of the thermometer in discovering banks</hi>, in den <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Transact. of the Amer. Philos. Soc.</hi> Vol. III. 1793 p. 83</hi>. Diese Abhandlung, im Todesjahre von <choice><abbr>Benj.</abbr><expan resp="#AvH-Fsst">Benjamin</expan></choice> Franklin geschrieben, ist die Grundlage einer kleinen, jetzt sehr seltenen Schrift geworden, die 1799 unter dem Titel: Jonathan <hi rendition="#g">Williams</hi>, <hi rendition="#aq #g">Thermometrical Navigation</hi> erschienen ist und die ich während meiner amerikanischen Reise viel benutzt habe.<lb/></note>: &#x201E;Die Versuche wiederholend, welche ich in Begleitung von <persName>Franklin</persName> und nach seiner Vorschrift 1785 gemacht, fand ich auf einer Ueberfahrt von <placeName>Boston</placeName> nach <placeName>Virginien</placeName> im October 1789, daß außerhalb der Bänke (<hi rendition="#aq">out of soundings</hi>) das Meer 10 Fahrenheit'sche Grade wärmer war als nahe der Küste (wo die Untiefen liegen). Die Vorsicht gebot mir dieses Resultat<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[42/0012] Hinsicht ächt freisinnigen Mannes fremd. Ich hätte ihn 42 Jahre nach seinem Tode vor einem solchen Vorwurf gesichert geglaubt! Neben der oft behaupteten Ungewißheit über die früheste Erkennung der Wärme des atlantischen Golfstroms, sind auch Zweifel vorgebracht worden über einen Gegenstand, der als von noch allgemeinerer Wichtigkeit für die Sicherheit der Schifffahrt angesehen worden ist und mich lange lebhaft beschäftigt hat. Es ist die Frage aufgeworfen worden: ob die Beobachtung von der Erkaltung des Meerwassers auf Untiefen dem Dr. Franklin, oder seinem, schon früher von mir genannten Reisebegleiter der 42tägigen Ueberfahrt von 1785 angehöre? Rennell hat die erstere Meinung geäußert; er nimmt als gewiß an, Franklin habe zuerst die Erkaltung auf Sandbänken aufgefunden, und sei durch Temperatur-Versuche auf Untiefen zur Erkennung der großen Wärme des Golfstroms gelangt. Aber in der ersten Notiz, welche derselbe über diese in den Maritime Observations 1786 veröffentlicht hat, ist der Erkaltung gar nicht gedacht. Jonathan Williams sagt bestimmt im Jahr 1790 1: „Die Versuche wiederholend, welche ich in Begleitung von Franklin und nach seiner Vorschrift 1785 gemacht, fand ich auf einer Ueberfahrt von Boston nach Virginien im October 1789, daß außerhalb der Bänke (out of soundings) das Meer 10 Fahrenheit'sche Grade wärmer war als nahe der Küste (wo die Untiefen liegen). Die Vorsicht gebot mir dieses Resultat 1 Jonathan Williams on the use of the thermometer in discovering banks, in den Transact. of the Amer. Philos. Soc. Vol. III. 1793 p. 83. Diese Abhandlung, im Todesjahre von Benj. Franklin geschrieben, ist die Grundlage einer kleinen, jetzt sehr seltenen Schrift geworden, die 1799 unter dem Titel: Jonathan Williams, Thermometrical Navigation erschienen ist und die ich während meiner amerikanischen Reise viel benutzt habe.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_meer_1833
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_meer_1833/12
Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Ueber Meeresströmungen im allgemeinen; und über die kalte peruanische Strömung der Südsee, im Gegensatze zu dem warmen Golf- oder Florida-Strome. [Druck vorgesehen für: Kleinere Schriften von Alexander von Humboldt. Zweiter Band (nicht erschienen).] Korrekturbogen aus dem Schiller Nationalmuseum, Deutsches Literaturarchiv in Marbach a. N.: Cotta-Archiv, s. e., [1833-ca. 1855], S. 31-145, hier S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_meer_1833/12>, abgerufen am 23.11.2024.