Humboldt, Alexander von: Ueber Meeresströmungen im allgemeinen; und über die kalte peruanische Strömung der Südsee, im Gegensatze zu dem warmen Golf- oder Florida-Strome. [Druck vorgesehen für: Kleinere Schriften von Alexander von Humboldt. Zweiter Band (nicht erschienen).] Korrekturbogen aus dem Schiller Nationalmuseum, Deutsches Literaturarchiv in Marbach a. N.: Cotta-Archiv, s. e., [1833-ca. 1855], S. 31-145.Wichtigkeit. Bei einigen europäischen Flüssen, die ebenfalls in hohen Gebirgsgegenden entspringen, findet die hier erwähnte Beobachtung gewiß auch in der gemäßigten Zone ihre Anwendung. Die oben berührte Behauptung des scharfsinnigen Jonathan Williams von der Zunahme der Meer-Temperatur, die überall bei Annäherung an eine Küste bemerkt würde, ist der Gegenstand sehr ernster Untersuchung von Tessan und Arago geworden.1 Wenn alle Temperatur-Messungen beim Landen oder beim Anlaufen vom December 1836 bis Juni 1839 unter den verschiedensten Breiten zusammengestellt werden, so zeigt sich die Ungewißheit des vermeintlichen Temperatur-Gesetzes. Unter 48 Fällen d'atterage ou de sorties du port findet Arago 17 ohne einen bemerkbaren Wärme-Unterschied, 4 gegen das Gesetz entscheidend[,] 13 für das Gesetz sprechend; mit Unterschieden von 1° oder 2°, und 7 mit Unterschieden über 2° C. "Il serait imprudent", sagt er, "de se fier en tous lieux au thermometre pour l'annonce des terres et des hauts fonds." Um den historischen Theil dieser Abhandlung zu vervollständigen, steige ich noch von den hier entwickelten, seit dem Ende des vorigen Jahrhunderts zuerst bemerkten, thermischen Verhältnissen zu der Epoche hinauf, wo die Richtung großer Meeresströmungen überhaupt und besonders die des Golfstroms im atlantischen Oceane die Aufmerksamkeit der Seefahrer zu fesseln begann. Der große Meeresstrom, welcher in der Tropen-Region die allgemeine Richtung von Osten nach Westen (bald etwas gegen SW oder NW abweichend) befolgt, konnte der Aufmerksamkeit des Columbus nicht entgehen. Die 1 Du Petit Thouars, Voyage autour du Monde sur la fregate la Venus T. IX. p. 353 und 374, T. X. p. 384; Comptes rendus de l'Acad. des Sciences T. XI. 1840 p. 312-315.
Wichtigkeit. Bei einigen europäischen Flüssen, die ebenfalls in hohen Gebirgsgegenden entspringen, findet die hier erwähnte Beobachtung gewiß auch in der gemäßigten Zone ihre Anwendung. Die oben berührte Behauptung des scharfsinnigen Jonathan Williams von der Zunahme der Meer-Temperatur, die überall bei Annäherung an eine Küste bemerkt würde, ist der Gegenstand sehr ernster Untersuchung von Tessan und Arago geworden.1 Wenn alle Temperatur-Messungen beim Landen oder beim Anlaufen vom December 1836 bis Juni 1839 unter den verschiedensten Breiten zusammengestellt werden, so zeigt sich die Ungewißheit des vermeintlichen Temperatur-Gesetzes. Unter 48 Fällen d'attérage ou de sorties du port findet Arago 17 ohne einen bemerkbaren Wärme-Unterschied, 4 gegen das Gesetz entscheidend[,] 13 für das Gesetz sprechend; mit Unterschieden von 1° oder 2°, und 7 mit Unterschieden über 2° C. »Il serait imprudent«, sagt er, »de se fier en tous lieux au thermomètre pour l'annonce des terres et des hauts fonds.« Um den historischen Theil dieser Abhandlung zu vervollständigen, steige ich noch von den hier entwickelten, seit dem Ende des vorigen Jahrhunderts zuerst bemerkten, thermischen Verhältnissen zu der Epoche hinauf, wo die Richtung großer Meeresströmungen überhaupt und besonders die des Golfstroms im atlantischen Oceane die Aufmerksamkeit der Seefahrer zu fesseln begann. Der große Meeresstrom, welcher in der Tropen-Region die allgemeine Richtung von Osten nach Westen (bald etwas gegen SW oder NW abweichend) befolgt, konnte der Aufmerksamkeit des Columbus nicht entgehen. Die 1 Du Petit Thouars, Voyage autour du Monde sur la frégate la Vénus T. IX. p. 353 und 374, T. X. p. 384; Comptes rendus de l'Acad. des Sciences T. XI. 1840 p. 312-315.
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Wichtigkeit. Bei einigen europäischen Flüssen, die ebenfalls in hohen Gebirgsgegenden entspringen, findet die hier erwähnte Beobachtung gewiß auch in der gemäßigten Zone ihre Anwendung.
Die oben berührte Behauptung des scharfsinnigen Jonathan Williams von der Zunahme der Meer-Temperatur, die überall bei Annäherung an eine Küste bemerkt würde, ist der Gegenstand sehr ernster Untersuchung von Tessan und Arago geworden. 1 Wenn alle Temperatur-Messungen beim Landen oder beim Anlaufen vom December 1836 bis Juni 1839 unter den verschiedensten Breiten zusammengestellt werden, so zeigt sich die Ungewißheit des vermeintlichen Temperatur-Gesetzes. Unter 48 Fällen d'attérage ou de sorties du port findet Arago 17 ohne einen bemerkbaren Wärme-Unterschied, 4 gegen das Gesetz entscheidend, 13 für das Gesetz sprechend; mit Unterschieden von 1° oder 2°, und 7 mit Unterschieden über 2° C. »Il serait imprudent«, sagt er, »de se fier en tous lieux au thermomètre pour l'annonce des terres et des hauts fonds.«
Um den historischen Theil dieser Abhandlung zu vervollständigen, steige ich noch von den hier entwickelten, seit dem Ende des vorigen Jahrhunderts zuerst bemerkten, thermischen Verhältnissen zu der Epoche hinauf, wo die Richtung großer Meeresströmungen überhaupt und besonders die des Golfstroms im atlantischen Oceane die Aufmerksamkeit der Seefahrer zu fesseln begann. Der große Meeresstrom, welcher in der Tropen-Region die allgemeine Richtung von Osten nach Westen (bald etwas gegen SW oder NW abweichend) befolgt, konnte der Aufmerksamkeit des Columbus nicht entgehen. Die
1 Du Petit Thouars, Voyage autour du Monde sur la frégate la Vénus T. IX. p. 353 und 374, T. X. p. 384; Comptes rendus de l'Acad. des Sciences T. XI. 1840 p. 312-315.
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