Humboldt, Alexander von: Ueber Meeresströmungen im allgemeinen; und über die kalte peruanische Strömung der Südsee, im Gegensatze zu dem warmen Golf- oder Florida-Strome. [Druck vorgesehen für: Kleinere Schriften von Alexander von Humboldt. Zweiter Band (nicht erschienen).] Korrekturbogen aus dem Schiller Nationalmuseum, Deutsches Literaturarchiv in Marbach a. N.: Cotta-Archiv, s. e., [1833-ca. 1855], S. 31-145.war man, bei vieler Kenntniß von den Richtungen anderer Meeresströme, den Wärme-Verhältnissen des Oceans im allgemeinen so fremd, daß Benjamin Franklin den Wunsch äußerte, es möge einst ein kalter Strom als Gegenstück zu dem warmen Golfstrome aufgefunden werden. Der vortreffliche und so überaus scharfsinnige Mann verkannte, wie es scheint, die Einwirkungen der kalten Strömung, welche, gegen Südwesten gerichtet, durch die Belle-Isle-Straße von der Ostküste Labradors herabkommt. Noch weniger war er aufmerksam auf die niedrige Temperatur des Meeres an der Westküste von Nord-Afrika, den Guinea-Current der englischen Seefahrer. Das atlantische Meer selbst hat zwei oder drei kalte Strömungen, die freilich an Mächtigkeit und Continuität nicht mit der großen Erscheinung des Golfstromes verglichen werden können. Es ist mir im Jahr 1802, während einer Reise von Quito nach Lima, um im Callao den Durchgang des Merkurs vor der Sonne zu beobachten, geglückt Franklin's Wunsch zu erfüllen und die thermischen Verhältnisse der, den Seefahrern längst vorher bekannten, südnördlichen Strömung eines großen und wichtigen Theils der Südsee numerisch zu bestimmen. Wenige Jahre nach meiner Expedition sind diese Bestimmungen durch sorgfältige Beobachtungen anderer Reisenden, die ich zu dieser Arbeit veranlaßt hatte, bestätigt worden. Temperatur-Angaben über die Oberfläche des Oceans, wie immer zunehmende Frequenz und Ausdehnung der thermometrical navigation (um mich eines Ausdrucks der nordamerikanischen Seefahrer zu bedienen) haben Mittel dargeboten entweder schwache Strömungen zu entdecken, da, wo man dieselben früher nicht vermuthet hatte, oder die nach Jahreszeiten veränderlichen Oscillationen der pelagischen Flüsse zu ergründen. Das ganze oceanische Gebiet der war man, bei vieler Kenntniß von den Richtungen anderer Meeresströme, den Wärme-Verhältnissen des Oceans im allgemeinen so fremd, daß Benjamin Franklin den Wunsch äußerte, es möge einst ein kalter Strom als Gegenstück zu dem warmen Golfstrome aufgefunden werden. Der vortreffliche und so überaus scharfsinnige Mann verkannte, wie es scheint, die Einwirkungen der kalten Strömung, welche, gegen Südwesten gerichtet, durch die Belle-Isle-Straße von der Ostküste Labradors herabkommt. Noch weniger war er aufmerksam auf die niedrige Temperatur des Meeres an der Westküste von Nord-Afrika, den Guinea-Current der englischen Seefahrer. Das atlantische Meer selbst hat zwei oder drei kalte Strömungen, die freilich an Mächtigkeit und Continuität nicht mit der großen Erscheinung des Golfstromes verglichen werden können. Es ist mir im Jahr 1802, während einer Reise von Quito nach Lima, um im Callao den Durchgang des Merkurs vor der Sonne zu beobachten, geglückt Franklin's Wunsch zu erfüllen und die thermischen Verhältnisse der, den Seefahrern längst vorher bekannten, südnördlichen Strömung eines großen und wichtigen Theils der Südsee numerisch zu bestimmen. Wenige Jahre nach meiner Expedition sind diese Bestimmungen durch sorgfältige Beobachtungen anderer Reisenden, die ich zu dieser Arbeit veranlaßt hatte, bestätigt worden. Temperatur-Angaben über die Oberfläche des Oceans, wie immer zunehmende Frequenz und Ausdehnung der thermometrical navigation (um mich eines Ausdrucks der nordamerikanischen Seefahrer zu bedienen) haben Mittel dargeboten entweder schwache Strömungen zu entdecken, da, wo man dieselben früher nicht vermuthet hatte, oder die nach Jahreszeiten veränderlichen Oscillationen der pelagischen Flüsse zu ergründen. Das ganze oceanische Gebiet der <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0004" n="34"/> war man, bei vieler Kenntniß von den Richtungen anderer Meeresströme, den Wärme-Verhältnissen des Oceans im allgemeinen so fremd, daß <persName>Benjamin Franklin</persName> den Wunsch äußerte, es möge einst ein kalter Strom als Gegenstück zu dem warmen Golfstrome aufgefunden werden. 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war man, bei vieler Kenntniß von den Richtungen anderer Meeresströme, den Wärme-Verhältnissen des Oceans im allgemeinen so fremd, daß Benjamin Franklin den Wunsch äußerte, es möge einst ein kalter Strom als Gegenstück zu dem warmen Golfstrome aufgefunden werden. Der vortreffliche und so überaus scharfsinnige Mann verkannte, wie es scheint, die Einwirkungen der kalten Strömung, welche, gegen Südwesten gerichtet, durch die Belle-Isle-Straße von der Ostküste Labradors herabkommt. Noch weniger war er aufmerksam auf die niedrige Temperatur des Meeres an der Westküste von Nord-Afrika, den Guinea-Current der englischen Seefahrer. Das atlantische Meer selbst hat zwei oder drei kalte Strömungen, die freilich an Mächtigkeit und Continuität nicht mit der großen Erscheinung des Golfstromes verglichen werden können. Es ist mir im Jahr 1802, während einer Reise von Quito nach Lima, um im Callao den Durchgang des Merkurs vor der Sonne zu beobachten, geglückt Franklin's Wunsch zu erfüllen und die thermischen Verhältnisse der, den Seefahrern längst vorher bekannten, südnördlichen Strömung eines großen und wichtigen Theils der Südsee numerisch zu bestimmen. Wenige Jahre nach meiner Expedition sind diese Bestimmungen durch sorgfältige Beobachtungen anderer Reisenden, die ich zu dieser Arbeit veranlaßt hatte, bestätigt worden. Temperatur-Angaben über die Oberfläche des Oceans, wie immer zunehmende Frequenz und Ausdehnung der thermometrical navigation (um mich eines Ausdrucks der nordamerikanischen Seefahrer zu bedienen) haben Mittel dargeboten entweder schwache Strömungen zu entdecken, da, wo man dieselben früher nicht vermuthet hatte, oder die nach Jahreszeiten veränderlichen Oscillationen der pelagischen Flüsse zu ergründen. Das ganze oceanische Gebiet der
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