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Humboldt, Alexander von: Ueber Meeresströmungen im allgemeinen; und über die kalte peruanische Strömung der Südsee, im Gegensatze zu dem warmen Golf- oder Florida-Strome. [Druck vorgesehen für: Kleinere Schriften von Alexander von Humboldt. Zweiter Band (nicht erschienen).] Korrekturbogen aus dem Schiller Nationalmuseum, Deutsches Literaturarchiv in Marbach a. N.: Cotta-Archiv, s. e., [1833-ca. 1855], S. 31-145.

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Ueberfahrten: von den Küsten von Paria und Caracas nach der Havana, von der Havana nach dem Rio [Sinu] und Cartagena de Indias, von Veracruz nach der Insel Cuba, von dieser nach Philadelphia, und von Philadelphia nach dem Ausfluß der Garonne; im antillischen Binnenmeere, im Golf von Mexico, im Canal von Bahama, und im atlantischen Ocean von den Küsten von Süd-Georgien bis zur Bank von Neufundland und den Azoren, in verschiedenen Jahreszeiten, gesammelt. Der erste Anstoß, das Haupt-Mobil dieser ungeheuren Strömung scheint in der südlichen Hemisphäre und zwar schon an der ost-afrikanischen Küste bei Madagascar zu liegen. In dem Canal von Mozambique und von der Südspitze Madagascars aus bewegen sich in der Richtung gegen SW und WSW die Wasser des indischen Oceans gegen Cap Natal, die Algoa-Bai und das Vorgebirge der guten Hoffnung mit einer Gewalt, die schon dem vielunterrichteten Marco Polo durch arabische Seefahrer wohl bekannt war. Sie werden von der Nadel-Bank (Banco das Agulhas, oder Lagullas-Bank der Engländer) in nordwestlicher Richtung abgewendet1 und, mit Aequa-

1 Südlich von der Nadel-Bank ist eine Gegenströmung in südöstlicher Richtung; auch ist zu bemerken, daß an dem Südwest-Ende von Afrika bei dem Vorgebirge der guten Hoffnung ein Theil der Wasser gegen NW, nach Brasilien, ein anderer längs der west-afrikanischen Küste gegen NNW fließt, und dieser Küste folgt bis nahe dem Aequator, unfern dem Cap Lopez, wo dem süd-afrikanischen Strome der nord-afrikanische oder Guinea-Strom in südöstlicher Richtung entgegenkommt. Dieser Wechsel der Richtung giebt dem Längengrade, in welchem die Linie durchschnitten werden soll, in der Schifffahrt nach Buenos Ayres oder nach dem Cap eine große Wichtigkeit. Durch den Einfluß der Jahreszeiten und der, an der Grenze des Südost-Passats herrschenden Winde wird bisweilen die Normal-Richtung (gegen NW und WNW) mitten im atlantischen Oceane zwischen Süd-Afrika und Brasilien sonderbar verändert. Admiral Krusenstern, dessen scharfsinnige Untersuchungen so viel zur Kenntniß der Strömungen beigetragen haben, erfuhr vom Vorgebirge der guten Hoffnung bis St. Helenaeine Bewegung der Wasser gegen SO (Krus. Reise Th. III. S. 264). Sollte unter gewissen langwirkenden meteorologischen Verhältnissen der von Cap. Beaufort erforschte Southern Connecting Current, welcher die Wasser von Tristan d'Acunha gegen den Südrand der Nadel-Bank (also gegen OSO) treibt (Rennell p. 38), sich bisweilen nördlicher verbreiten?

Ueberfahrten: von den Küsten von Paria und Caracas nach der Havana, von der Havana nach dem Rio [Sinu] und Cartagena de Indias, von Veracruz nach der Insel Cuba, von dieser nach Philadelphia, und von Philadelphia nach dem Ausfluß der Garonne; im antillischen Binnenmeere, im Golf von Mexico, im Canal von Bahama, und im atlantischen Ocean von den Küsten von Süd-Georgien bis zur Bank von Neufundland und den Azoren, in verschiedenen Jahreszeiten, gesammelt. Der erste Anstoß, das Haupt-Mobil dieser ungeheuren Strömung scheint in der südlichen Hemisphäre und zwar schon an der ost-afrikanischen Küste bei Madagascar zu liegen. In dem Canal von Mozambique und von der Südspitze Madagascars aus bewegen sich in der Richtung gegen SW und WSW die Wasser des indischen Oceans gegen Cap Natal, die Algoa-Bai und das Vorgebirge der guten Hoffnung mit einer Gewalt, die schon dem vielunterrichteten Marco Polo durch arabische Seefahrer wohl bekannt war. Sie werden von der Nadel-Bank (Banco das Agulhas, oder Lagullas-Bank der Engländer) in nordwestlicher Richtung abgewendet1 und, mit Aequa-

1 Südlich von der Nadel-Bank ist eine Gegenströmung in südöstlicher Richtung; auch ist zu bemerken, daß an dem Südwest-Ende von Afrika bei dem Vorgebirge der guten Hoffnung ein Theil der Wasser gegen NW, nach Brasilien, ein anderer längs der west-afrikanischen Küste gegen NNW fließt, und dieser Küste folgt bis nahe dem Aequator, unfern dem Cap Lopez, wo dem süd-afrikanischen Strome der nord-afrikanische oder Guinea-Strom in südöstlicher Richtung entgegenkommt. Dieser Wechsel der Richtung giebt dem Längengrade, in welchem die Linie durchschnitten werden soll, in der Schifffahrt nach Buenos Ayres oder nach dem Cap eine große Wichtigkeit. Durch den Einfluß der Jahreszeiten und der, an der Grenze des Südost-Passats herrschenden Winde wird bisweilen die Normal-Richtung (gegen NW und WNW) mitten im atlantischen Oceane zwischen Süd-Afrika und Brasilien sonderbar verändert. Admiral Krusenstern, dessen scharfsinnige Untersuchungen so viel zur Kenntniß der Strömungen beigetragen haben, erfuhr vom Vorgebirge der guten Hoffnung bis St. Helenaeine Bewegung der Wasser gegen SO (Krus. Reise Th. III. S. 264). Sollte unter gewissen langwirkenden meteorologischen Verhältnissen der von Cap. Beaufort erforschte Southern Connecting Current, welcher die Wasser von Tristan d'Acunha gegen den Südrand der Nadel-Bank (also gegen OSO) treibt (Rennell p. 38), sich bisweilen nördlicher verbreiten?
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[86/0056] Ueberfahrten: von den Küsten von Paria und Caracas nach der Havana, von der Havana nach dem Rio Sinu und Cartagena de Indias, von Veracruz nach der Insel Cuba, von dieser nach Philadelphia, und von Philadelphia nach dem Ausfluß der Garonne; im antillischen Binnenmeere, im Golf von Mexico, im Canal von Bahama, und im atlantischen Ocean von den Küsten von Süd-Georgien bis zur Bank von Neufundland und den Azoren, in verschiedenen Jahreszeiten, gesammelt. Der erste Anstoß, das Haupt-Mobil dieser ungeheuren Strömung scheint in der südlichen Hemisphäre und zwar schon an der ost-afrikanischen Küste bei Madagascar zu liegen. In dem Canal von Mozambique und von der Südspitze Madagascars aus bewegen sich in der Richtung gegen SW und WSW die Wasser des indischen Oceans gegen Cap Natal, die Algoa-Bai und das Vorgebirge der guten Hoffnung mit einer Gewalt, die schon dem vielunterrichteten Marco Polo durch arabische Seefahrer wohl bekannt war. Sie werden von der Nadel-Bank (Banco das Agulhas, oder Lagullas-Bank der Engländer) in nordwestlicher Richtung abgewendet 1 und, mit Aequa- 1 Südlich von der Nadel-Bank ist eine Gegenströmung in südöstlicher Richtung; auch ist zu bemerken, daß an dem Südwest-Ende von Afrika bei dem Vorgebirge der guten Hoffnung ein Theil der Wasser gegen NW, nach Brasilien, ein anderer längs der west-afrikanischen Küste gegen NNW fließt, und dieser Küste folgt bis nahe dem Aequator, unfern dem Cap Lopez, wo dem süd-afrikanischen Strome der nord-afrikanische oder Guinea-Strom in südöstlicher Richtung entgegenkommt. Dieser Wechsel der Richtung giebt dem Längengrade, in welchem die Linie durchschnitten werden soll, in der Schifffahrt nach Buenos Ayres oder nach dem Cap eine große Wichtigkeit. Durch den Einfluß der Jahreszeiten und der, an der Grenze des Südost-Passats herrschenden Winde wird bisweilen die Normal-Richtung (gegen NW und WNW) mitten im atlantischen Oceane zwischen Süd-Afrika und Brasilien sonderbar verändert. Admiral Krusenstern, dessen scharfsinnige Untersuchungen so viel zur Kenntniß der Strömungen beigetragen haben, erfuhr vom Vorgebirge der guten Hoffnung bis St. Helenaeine Bewegung der Wasser gegen SO (Krus. Reise Th. III. S. 264). Sollte unter gewissen langwirkenden meteorologischen Verhältnissen der von Cap. Beaufort erforschte Southern Connecting Current, welcher die Wasser von Tristan d'Acunha gegen den Südrand der Nadel-Bank (also gegen OSO) treibt (Rennell p. 38), sich bisweilen nördlicher verbreiten?

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Ueber Meeresströmungen im allgemeinen; und über die kalte peruanische Strömung der Südsee, im Gegensatze zu dem warmen Golf- oder Florida-Strome. [Druck vorgesehen für: Kleinere Schriften von Alexander von Humboldt. Zweiter Band (nicht erschienen).] Korrekturbogen aus dem Schiller Nationalmuseum, Deutsches Literaturarchiv in Marbach a. N.: Cotta-Archiv, s. e., [1833-ca. 1855], S. 31-145, hier S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_meer_1833/56>, abgerufen am 21.11.2024.