[Humboldt, Alexander von]: Humboldt über das Leuchten des Meeres. In: Der Gesellschafter Nr. 13, Bl. 33 vom 27. Februar, [Berlin], 1829, S. 170-171.[Spaltenumbruch]
alle Meere der heißen Zone zerstreut sind, leuchtend [Spaltenumbruch]
alle Meere der heißen Zone zerſtreut ſind, leuchtend <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0002" n="171"/><cb/> alle Meere der heißen Zone zerſtreut ſind, leuchtend<lb/> wird, wenn auch wirklich kein organiſcher Stoff aus<lb/> demſelben abgeſondert werden kann. Die unendliche<lb/> Abtheilung aller todten Koͤrper der Dagyſen und Me-<lb/> duſen kann bewirken, daß man das ganze Meer als<lb/> eine zaͤhe Fluͤſſigkeit anſieht, die demnach auch leuch-<lb/> tend iſt, einen widrigen Geſchmack hat, von dem Men-<lb/> ſchen nicht getrunken werden kann, vielen Fiſchen aber<lb/> Nahrung gewaͤhrt. Reibt man ein Brett mit einem<lb/> Theile des Koͤrpers der Meduſa ein, ſo wird die berie-<lb/> bene Stelle, ſo oft der Finger, wohl getrocknet, uͤber<lb/> dieſelbe gebracht wird, leuchtend. Auf meiner Reiſe<lb/> nach <placeName>Suͤd-Amerika</placeName> legte ich zuweilen eine Meduſa auf<lb/> einen zinnernen Teller. Schlug ich nun mit anderem<lb/> Metalle auf den Teller, ſo waren die kleinen Vibra-<lb/> tionen des Zinnes ſchon hinlaͤnglich, das Thier zum<lb/> Leuchten zu bringen. Wie war nun die Einwirkung<lb/> des Schlages und der Vibration in dieſem Falle? Ward<lb/> die Temperatur augenblicklich erhoͤhet? zeigten ſich neue<lb/> Oberflaͤchen, oder brachte der Schlag das phosphorige<lb/> Waſſerſtoff-Gas zum Entweichen, ſo daß dies, indem<lb/> es mit dem Sauerſtoffe der atmosphaͤriſchen Luft oder<lb/> mit dem Seewaſſer in Beruͤhrung kommt, ein Ver-<lb/> brennen verurſacht? Dieſe Wirkung des Schlages, wo-<lb/> durch das Licht hervorgebracht wird, iſt beſonders bei<lb/> ſtuͤrmendem Meere, wenn die Wellen in allen Richtun-<lb/> gen gegen einander ſchlagen, auffallend. Zwiſchen den<lb/> Tropen habe ich die See bei jeder Temperatur leuchten<lb/> geſehen; jedoch war dies vor Stuͤrmen oder wenn der<lb/> Himmel truͤbe, wolkig und ſehr bedeckt war, in einem<lb/> hoͤhreren Grade der Fall. Kaͤlte und Hitze ſcheinen auf<lb/> dies Phaͤnomen wenig Einfluß zu haben; denn am Ufer<lb/> von <placeName>Newfoundland</placeName> iſt das Meeres-Leuchten im ſtreng-<lb/> ſten Winter oft ſehr ſtark. Zuweilen ſcheinen alle uͤbri-<lb/> gen Umſtaͤnde dieſelben zu ſeyn, und dennoch iſt das<lb/> Meeres-Leuchten in einer Nacht recht deutlich, findet<lb/> hingegen in der folgenden Nacht faſt gar nicht ſtatt.<lb/> Beguͤnſtigt etwa die Atmosphaͤre dieſe Erregung von<lb/> Licht, dies Verbrennen des phosphorigen Waſſerſtoffes?<lb/> Oder haͤngen dieſe Unterſchiede bloß vom Zufall ab,<lb/> der den Schiffer in eine See fuͤhrt, die mehr oder<lb/> weniger mit Molusken angefuͤllt iſt? Vielleicht kommen<lb/> auch die leuchtenden Thierchen nur bei einer gewiſſen<lb/> Beſchaffenheit der Atmosphaͤre auf die Oberflaͤche des<lb/> Meeres. <persName ref="http://d-nb.info/gnd/100050395">Bory St. Vincent</persName> fragte mit Recht, warum<lb/> leuchtet unſer friſches Sumpf-Waſſer nicht, das mit<lb/> Polipen angefuͤllt iſt? Es duͤrfte in der That ſcheinen<lb/> daß ein beſonderes Gemiſch organiſcher Beſtandtheile<lb/> erforderlich iſt, um dieſe Licht-Abſonderung zu beguͤn-<lb/> ſtigen. Das Holz der Weide leuchtet ſtaͤrker als das<lb/> der Eiche. Jn <placeName>England</placeName> hat man Salzwaſſer leuchtend<lb/> gemacht, indem man Haͤrings-Lake hineinthat. Gal-<lb/> vaniſche Verſuche zeigen, daß das Leuchten lebender<lb/><cb/> Thiere vom Nerven-Reiz abhaͤnge. Jch habe einen<lb/><hi rendition="#aq">Eleater noctilucus</hi> geſehen, der bei dem Sterben eine<lb/> ſtarke Gluth von ſich gab, als ich ſeine vorderen Ex-<lb/> tremitaͤten mit Zinn oder Silber beruͤhrte. Zuweilen<lb/> verbreitet auch die Meduſa ein ſtaͤrkeres Licht im Au-<lb/> genblick des Schließens der galvaniſchen Kette. <space dim="horizontal"/><hi rendition="#g"><persName>Ags.</persName></hi><lb/><gap reason="insignificant" unit="lines" quantity="58"/> </p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [171/0002]
alle Meere der heißen Zone zerſtreut ſind, leuchtend
wird, wenn auch wirklich kein organiſcher Stoff aus
demſelben abgeſondert werden kann. Die unendliche
Abtheilung aller todten Koͤrper der Dagyſen und Me-
duſen kann bewirken, daß man das ganze Meer als
eine zaͤhe Fluͤſſigkeit anſieht, die demnach auch leuch-
tend iſt, einen widrigen Geſchmack hat, von dem Men-
ſchen nicht getrunken werden kann, vielen Fiſchen aber
Nahrung gewaͤhrt. Reibt man ein Brett mit einem
Theile des Koͤrpers der Meduſa ein, ſo wird die berie-
bene Stelle, ſo oft der Finger, wohl getrocknet, uͤber
dieſelbe gebracht wird, leuchtend. Auf meiner Reiſe
nach Suͤd-Amerika legte ich zuweilen eine Meduſa auf
einen zinnernen Teller. Schlug ich nun mit anderem
Metalle auf den Teller, ſo waren die kleinen Vibra-
tionen des Zinnes ſchon hinlaͤnglich, das Thier zum
Leuchten zu bringen. Wie war nun die Einwirkung
des Schlages und der Vibration in dieſem Falle? Ward
die Temperatur augenblicklich erhoͤhet? zeigten ſich neue
Oberflaͤchen, oder brachte der Schlag das phosphorige
Waſſerſtoff-Gas zum Entweichen, ſo daß dies, indem
es mit dem Sauerſtoffe der atmosphaͤriſchen Luft oder
mit dem Seewaſſer in Beruͤhrung kommt, ein Ver-
brennen verurſacht? Dieſe Wirkung des Schlages, wo-
durch das Licht hervorgebracht wird, iſt beſonders bei
ſtuͤrmendem Meere, wenn die Wellen in allen Richtun-
gen gegen einander ſchlagen, auffallend. Zwiſchen den
Tropen habe ich die See bei jeder Temperatur leuchten
geſehen; jedoch war dies vor Stuͤrmen oder wenn der
Himmel truͤbe, wolkig und ſehr bedeckt war, in einem
hoͤhreren Grade der Fall. Kaͤlte und Hitze ſcheinen auf
dies Phaͤnomen wenig Einfluß zu haben; denn am Ufer
von Newfoundland iſt das Meeres-Leuchten im ſtreng-
ſten Winter oft ſehr ſtark. Zuweilen ſcheinen alle uͤbri-
gen Umſtaͤnde dieſelben zu ſeyn, und dennoch iſt das
Meeres-Leuchten in einer Nacht recht deutlich, findet
hingegen in der folgenden Nacht faſt gar nicht ſtatt.
Beguͤnſtigt etwa die Atmosphaͤre dieſe Erregung von
Licht, dies Verbrennen des phosphorigen Waſſerſtoffes?
Oder haͤngen dieſe Unterſchiede bloß vom Zufall ab,
der den Schiffer in eine See fuͤhrt, die mehr oder
weniger mit Molusken angefuͤllt iſt? Vielleicht kommen
auch die leuchtenden Thierchen nur bei einer gewiſſen
Beſchaffenheit der Atmosphaͤre auf die Oberflaͤche des
Meeres. Bory St. Vincent fragte mit Recht, warum
leuchtet unſer friſches Sumpf-Waſſer nicht, das mit
Polipen angefuͤllt iſt? Es duͤrfte in der That ſcheinen
daß ein beſonderes Gemiſch organiſcher Beſtandtheile
erforderlich iſt, um dieſe Licht-Abſonderung zu beguͤn-
ſtigen. Das Holz der Weide leuchtet ſtaͤrker als das
der Eiche. Jn England hat man Salzwaſſer leuchtend
gemacht, indem man Haͤrings-Lake hineinthat. Gal-
vaniſche Verſuche zeigen, daß das Leuchten lebender
Thiere vom Nerven-Reiz abhaͤnge. Jch habe einen
Eleater noctilucus geſehen, der bei dem Sterben eine
ſtarke Gluth von ſich gab, als ich ſeine vorderen Ex-
tremitaͤten mit Zinn oder Silber beruͤhrte. Zuweilen
verbreitet auch die Meduſa ein ſtaͤrkeres Licht im Au-
genblick des Schließens der galvaniſchen Kette. Ags.
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