Humboldt, Alexander von: Bemerkungen über die Temperatur der Ostsee. Aus einem Briefe an den Herausgeber. In: Annalen der Physik und Chemie, Bd. 33, St. 3 (1834), S. 223-227.Thermometer gar 20° und 20°,4. Die Ursachen der son- derbaren Erkältung an dem Vorgebirge zwischen Leba und Rixhofter sind nicht Strömungen, bemerkbare auf der Ober- fläche, nicht Untiefen. Der zunehmenden nördlichen Breite ist auch die Erscheinung nicht zuzuschreiben, da man von dem Vorgebirge bei Pillau an meist in demselben Pa- rallelkreise gegen Osten und doch in wärmerem Wasser schifft. Die Ursache liegt vielleicht fern, jenseits des Sundes und in Bewegungen unterer Wasserschichten in obliquer Richtung nach oben, wie Erkältungen in dem Luftmeere oft ähnlichen herabkommenden Strömungen zu- gehören. Da nach Horner's Beobachtungen, im Ocean, unter mittleren Breiten, 100 Faden Tiefe kaum eine Er- kältung von 7°,7 hervorbringen, so wird man wenig ge- neigt, das fragliche Phänomen Local-Ursachen im Bek- ken der Ostsee (die nur 15 bis 40 Faden tief ist) zu- zuschreiben. Das Eindringen von Polarwassern, in tie- fen Wasserschichten des Sundes, bietet sich als mögliche Ursache dar; doch auch die langsame Fortpflanzung der Wärme nach unten muß, bei der diesjährigen hohen Som- mer-Temperatur, beachtet werden. Im Genfer See hat man, wenn die Oberfläche 21°,2 war, schon in 150 Fuß Tiefe 15° Unterschied gefunden, im See von Annecy bei 14°,4 Oberfläche 8°,8 Unterschied (Pouillet, Elem. de Phys. et de Meteorologia, T. II p. 676). Man sieht aus den angegebenen Zahlen, wie das Maaß der Tem- peraturabnahme von verwickeltern Ursachen abhängt, wie die Abnahme in ruhigen Wasserschichten schneller, bei tief bewegteren langsamer ist, wenn nicht etwa Strömun- gen von fern her kälteres Wasser herbeiführen oder gar schief aufsteigen gegen die Ueberfläche. Das beträchtliche Areal der Ostsee und ihre Er- Poggendorff's Annal. Bd. XXXIII. 15
Thermometer gar 20° und 20°,4. Die Ursachen der son- derbaren Erkältung an dem Vorgebirge zwischen Leba und Rixhofter sind nicht Strömungen, bemerkbare auf der Ober- fläche, nicht Untiefen. Der zunehmenden nördlichen Breite ist auch die Erscheinung nicht zuzuschreiben, da man von dem Vorgebirge bei Pillau an meist in demselben Pa- rallelkreise gegen Osten und doch in wärmerem Wasser schifft. Die Ursache liegt vielleicht fern, jenseits des Sundes und in Bewegungen unterer Wasserschichten in obliquer Richtung nach oben, wie Erkältungen in dem Luftmeere oft ähnlichen herabkommenden Strömungen zu- gehören. Da nach Horner's Beobachtungen, im Ocean, unter mittleren Breiten, 100 Faden Tiefe kaum eine Er- kältung von 7°,7 hervorbringen, so wird man wenig ge- neigt, das fragliche Phänomen Local-Ursachen im Bek- ken der Ostsee (die nur 15 bis 40 Faden tief ist) zu- zuschreiben. Das Eindringen von Polarwassern, in tie- fen Wasserschichten des Sundes, bietet sich als mögliche Ursache dar; doch auch die langsame Fortpflanzung der Wärme nach unten muß, bei der diesjährigen hohen Som- mer-Temperatur, beachtet werden. Im Genfer See hat man, wenn die Oberfläche 21°,2 war, schon in 150 Fuß Tiefe 15° Unterschied gefunden, im See von Annecy bei 14°,4 Oberfläche 8°,8 Unterschied (Pouillet, Elem. de Phys. et de Meteorologia, T. II p. 676). Man sieht aus den angegebenen Zahlen, wie das Maaß der Tem- peraturabnahme von verwickeltern Ursachen abhängt, wie die Abnahme in ruhigen Wasserschichten schneller, bei tief bewegteren langsamer ist, wenn nicht etwa Strömun- gen von fern her kälteres Wasser herbeiführen oder gar schief aufsteigen gegen die Ueberfläche. Das beträchtliche Areal der Ostsee und ihre Er- Poggendorff's Annal. Bd. XXXIII. 15
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1834. ANNALENNo. 15.
DER PHYSIK UND CHEMIE.
Thermometer gar 20° und 20°,4. Die Ursachen der son-
derbaren Erkältung an dem Vorgebirge zwischen Leba und
Rixhofter sind nicht Strömungen, bemerkbare auf der Ober-
fläche, nicht Untiefen. Der zunehmenden nördlichen Breite
ist auch die Erscheinung nicht zuzuschreiben, da man von
dem Vorgebirge bei Pillau an meist in demselben Pa-
rallelkreise gegen Osten und doch in wärmerem Wasser
schifft. Die Ursache liegt vielleicht fern, jenseits des
Sundes und in Bewegungen unterer Wasserschichten in
obliquer Richtung nach oben, wie Erkältungen in dem
Luftmeere oft ähnlichen herabkommenden Strömungen zu-
gehören. Da nach Horner's Beobachtungen, im Ocean,
unter mittleren Breiten, 100 Faden Tiefe kaum eine Er-
kältung von 7°,7 hervorbringen, so wird man wenig ge-
neigt, das fragliche Phänomen Local-Ursachen im Bek-
ken der Ostsee (die nur 15 bis 40 Faden tief ist) zu-
zuschreiben. Das Eindringen von Polarwassern, in tie-
fen Wasserschichten des Sundes, bietet sich als mögliche
Ursache dar; doch auch die langsame Fortpflanzung der
Wärme nach unten muß, bei der diesjährigen hohen Som-
mer-Temperatur, beachtet werden. Im Genfer See hat
man, wenn die Oberfläche 21°,2 war, schon in 150 Fuß
Tiefe 15° Unterschied gefunden, im See von Annecy
bei 14°,4 Oberfläche 8°,8 Unterschied (Pouillet, Elem.
de Phys. et de Meteorologia, T. II p. 676). Man sieht
aus den angegebenen Zahlen, wie das Maaß der Tem-
peraturabnahme von verwickeltern Ursachen abhängt, wie
die Abnahme in ruhigen Wasserschichten schneller, bei
tief bewegteren langsamer ist, wenn nicht etwa Strömun-
gen von fern her kälteres Wasser herbeiführen oder gar
schief aufsteigen gegen die Ueberfläche.
Das beträchtliche Areal der Ostsee und ihre Er-
streckung nach Norden üben einen großen Einfluß auf
Poggendorff's Annal. Bd. XXXIII. 15
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