Humboldt, Alexander von: [Humboldt an Kelley, betr. „Projecte einer interoceanischen Canalverbindung durch den mittelamerikanischen Isthmus“]. In: Zeitschrift für allgemeine Erdkunde, Bd. 2 (1857), S. 562-563.durch den mittelamerikanischen Isthmus. ausgezeichnet haben. Die Junction Company wird Theilnehmer findenunter den Regierungen und Männern, welche für ein edles Streben Sinn haben und Werth auf das Bewusstsein legen, zur Ausführung eines Werkes beigetragen zu haben, welches des intellectuellen Fortschritts unseres Jahrhunderts würdig ist. Vor mehr denn fünfzig Jahren habe ich mit Nachdruck diese Ueberzeugung ausgesprochen und habe seit- dem unaufhörlich dahin gearbeitet, solche geographische Anschauungen zu verbreiten, welche dahin zielen, nachzuweisen, wo commercielle Verbindungswege, sei es durch Canäle mit oder ohne Schleusen, sei es durch Eisenbahnen, welche gegenüberliegende Küsten oder Flüsse mit entgegengesetztem Laufe verknüpfen, hergestellt werden können. Ich war in der Lage, durch General Bolivar die genaue geodätische Aufnahme des Isthmus von Panama zu erhalten, und zuerst im Stande, auf Grund der Nachrichten, welche ich in den Archiven des Vice- Königreichs Mexico fand, in meinem Mexicanischen Atlas den Lauf der Flüsse Coatzacoalcos und Chimalapa zu verzeichnen. Ich machte auf die geringe Entfernung des fast unbekannten Hafens von Cupica von den Quellen des R. Napipi und dem System des Atrato aufmerk- sam, und auf die bisher in Europa noch nicht bekannte Existenz eines ganz kleinen schiffbaren Canals, der im Jahre 1788 unter Leitung eines Mönchs, des Priesters von Novita, von den Indianern seines Sprengels gegraben wurde, um den Rio de la Raspadura, einen Zufluss des Rio Quito, mit dem Rio de San Juan de Chirambira zu vereinigen. Nichts scheint mir für die Ausdehnung des Handels und für die Freiheit inter- nationaler Verbindungen gefährlicher zu sein, als durch die apodikti- sche und bedingungslose Behauptung, dass alle Hoffnung auf einen inter- oceanischen Canal aufgegeben werden müsse, eine Abneigung gegen künftige Untersuchungen zu verbreiten. Eben deshalb beschrieb ich in meinem Essai politique sur le royaume de la Nouvelle-Espagne (I, 202 --248; II, 95--145. 2me edit.) ausdrücklich das ungeheure Werk des Desague von Huehuetoca, eines offenen Canals durch das Gebirge, der von dem spanischen Gouvernement am Anfange des 17. Jahrhunderts ausgeführt ist, und ich setze auf die mächtigen Hilfsmittel, welche der gegenwärtige Grad der Civilisation darbietet, zu viel Vertrauen, als dass ich schon entmuthigt sein könnte." 36*
durch den mittelamerikanischen Isthmus. ausgezeichnet haben. Die Junction Company wird Theilnehmer findenunter den Regierungen und Männern, welche für ein edles Streben Sinn haben und Werth auf das Bewuſstsein legen, zur Ausführung eines Werkes beigetragen zu haben, welches des intellectuellen Fortschritts unseres Jahrhunderts würdig ist. Vor mehr denn fünfzig Jahren habe ich mit Nachdruck diese Ueberzeugung ausgesprochen und habe seit- dem unaufhörlich dahin gearbeitet, solche geographische Anschauungen zu verbreiten, welche dahin zielen, nachzuweisen, wo commercielle Verbindungswege, sei es durch Canäle mit oder ohne Schleusen, sei es durch Eisenbahnen, welche gegenüberliegende Küsten oder Flüsse mit entgegengesetztem Laufe verknüpfen, hergestellt werden können. Ich war in der Lage, durch General Bolivar die genaue geodätische Aufnahme des Isthmus von Panamá zu erhalten, und zuerst im Stande, auf Grund der Nachrichten, welche ich in den Archiven des Vice- Königreichs Mexico fand, in meinem Mexicanischen Atlas den Lauf der Flüsse Coatzacoalcos und Chimalapa zu verzeichnen. Ich machte auf die geringe Entfernung des fast unbekannten Hafens von Cupica von den Quellen des R. Napipi und dem System des Atrato aufmerk- sam, und auf die bisher in Europa noch nicht bekannte Existenz eines ganz kleinen schiffbaren Canals, der im Jahre 1788 unter Leitung eines Mönchs, des Priesters von Novita, von den Indianern seines Sprengels gegraben wurde, um den Rio de la Raspadura, einen Zufluſs des Rio Quito, mit dem Rio de San Juan de Chirambira zu vereinigen. Nichts scheint mir für die Ausdehnung des Handels und für die Freiheit inter- nationaler Verbindungen gefährlicher zu sein, als durch die apodikti- sche und bedingungslose Behauptung, daſs alle Hoffnung auf einen inter- oceanischen Canal aufgegeben werden müsse, eine Abneigung gegen künftige Untersuchungen zu verbreiten. Eben deshalb beschrieb ich in meinem Essai politique sur le royaume de la Nouvelle-Espagne (I, 202 —248; II, 95—145. 2me édit.) ausdrücklich das ungeheure Werk des Desague von Huehuetoca, eines offenen Canals durch das Gebirge, der von dem spanischen Gouvernement am Anfange des 17. Jahrhunderts ausgeführt ist, und ich setze auf die mächtigen Hilfsmittel, welche der gegenwärtige Grad der Civilisation darbietet, zu viel Vertrauen, als daſs ich schon entmuthigt sein könnte.“ 36*
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haben und Werth auf das Bewuſstsein legen, zur Ausführung eines
Werkes beigetragen zu haben, welches des intellectuellen Fortschritts
unseres Jahrhunderts würdig ist. Vor mehr denn fünfzig Jahren habe
ich mit Nachdruck diese Ueberzeugung ausgesprochen und habe seit-
dem unaufhörlich dahin gearbeitet, solche geographische Anschauungen
zu verbreiten, welche dahin zielen, nachzuweisen, wo commercielle
Verbindungswege, sei es durch Canäle mit oder ohne Schleusen, sei
es durch Eisenbahnen, welche gegenüberliegende Küsten oder Flüsse
mit entgegengesetztem Laufe verknüpfen, hergestellt werden können.
Ich war in der Lage, durch General Bolivar die genaue geodätische
Aufnahme des Isthmus von Panamá zu erhalten, und zuerst im Stande,
auf Grund der Nachrichten, welche ich in den Archiven des Vice-
Königreichs Mexico fand, in meinem Mexicanischen Atlas den Lauf
der Flüsse Coatzacoalcos und Chimalapa zu verzeichnen. Ich machte
auf die geringe Entfernung des fast unbekannten Hafens von Cupica
von den Quellen des R. Napipi und dem System des Atrato aufmerk-
sam, und auf die bisher in Europa noch nicht bekannte Existenz eines
ganz kleinen schiffbaren Canals, der im Jahre 1788 unter Leitung eines
Mönchs, des Priesters von Novita, von den Indianern seines Sprengels
gegraben wurde, um den Rio de la Raspadura, einen Zufluſs des Rio
Quito, mit dem Rio de San Juan de Chirambira zu vereinigen. Nichts
scheint mir für die Ausdehnung des Handels und für die Freiheit inter-
nationaler Verbindungen gefährlicher zu sein, als durch die apodikti-
sche und bedingungslose Behauptung, daſs alle Hoffnung auf einen inter-
oceanischen Canal aufgegeben werden müsse, eine Abneigung gegen
künftige Untersuchungen zu verbreiten. Eben deshalb beschrieb ich in
meinem Essai politique sur le royaume de la Nouvelle-Espagne (I, 202
—248; II, 95—145. 2me édit.) ausdrücklich das ungeheure Werk des
Desague von Huehuetoca, eines offenen Canals durch das Gebirge, der
von dem spanischen Gouvernement am Anfange des 17. Jahrhunderts
ausgeführt ist, und ich setze auf die mächtigen Hilfsmittel, welche der
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daſs ich schon entmuthigt sein könnte.“
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